Demo: 12.01.2013 | 14.00h | vor dem K4, Königstraße
Vom 17. bis zum 31. Januar 2013 wird in Bayern ein Volksbegehren gegen die Studiengebühren durchgeführt, die es seit 2006 gibt. Die Initiative kam von den Freien Wählern und nachdem das Verfassungsgericht das Volksbegehren für legitim erachtet hatte, geht es auf der bayerischen Politbühne hoch her. Die FDP drohte sogar mit Koalitionsbruch, sollte sich auch die CSU auf die Seite des Volksbegehrens stellen. Grund genug für die Redaktion, sich mit einer Gruppe zu unterhalten, die uns dazu mehr sagen kann… barricada: Hier sitzt nun eine Vertreterin von LiStA. Euch gibt es ja noch nicht so lang und einige kennen euch noch nicht. Vielleicht kannst du erst mal kurz erzählen, wer ihr seid?
LiStA: heißt ausgesprochen linke studentische Aktion und uns gibt es seit etwas über zwei Jahren. Wir haben damals nach der Besetzung der Ohm-Hochschule zusammen gefunden. Die meisten von uns waren während und nach der Besetzung im Bildungsstreikbündnis (BSB) und nachdem sich das dann irgendwann im Sande verlaufen hatte, blieben noch einige übrig. Die einen haben beim AK gegen Studiengebühren an der Ohm Hochschule direkt weiter gemacht und wir haben LiStA gegründet. Die Intention kam daher, dass wir es satt hatten uns im Verlauf der Proteste immer wieder anhören zu müssen, dass das doch alles zu links sei und man dann doch immer Abstriche in der Zusammenarbeit machen musste, weil im BSB bei inhaltlichen und strategischen Fragen natürlich nicht immer alle einig waren. Nun können wir ganz klar sagen: „Ja, wir sind links, und weiter?“. Wir sehen es als notwendig an, Politik da zu machen, wo man ist. Viele Linke flüchten gerne in andere Themen, die sie nicht unmittelbar betreffen. Obwohl wir auch wissen, dass das hier manchmal echt anstrengend sein kann, sehen wir das als falsch an. Wir studieren da, also wollen wir auch dort Themen aufgreifen, Leute mobilisieren und linke Inhalte tragfähig machen.
barricada: Was habt ihr denn bisher so gemacht?
LiStA: Konkret haben wir bei den Erstsemestern Verteilungen gemacht, um für die Situation an der Hochschule zu sensibilisieren. Also, Studiengebühren, kein demokratisches Mitspracherecht, etc. Für die studentischen Hilfskräfte, die an der Ohm bis auf den Stundenlohn echt miese Bedingungen haben, vor allem weil sie ihr Geld teilweise erst Monate später bekommen, haben wir einen Flyer gemacht, der ihnen auch praktische Tipps gibt, wie sie zu ihrer Kohle kommen und so. Als bei den Online- Einschreibungen für die Vorlesungen mal wieder alle Server zusammenbrachen und die Studierenden das Nachsehen hatten, haben Leute von uns bei den Verantwortlichen Stunk gemacht, so dass das Debakel zum einen in die Presse kam und zum anderen die Einschreibungen noch mal geöffnet wurden. Ansonsten haben wir auch immer wieder kleine Aktionen gemacht, wie ein Picknick vor dem Rektorat etc. Am letzten Bildungsstreik haben wir uns natürlich beteiligt und an Demos gegen Studiengebühren. Wir unterstützen auch immer wieder die Initiativen von anderen Gruppen, die den Hochschulbetrieb nicht direkt betreffen, wie antifaschistische Aktionen oder so.
barricada: Und jetzt mal zu den Studiengebühren. Warum sind jetzt auf einmal alle für deren Abschaffung?
LiStA: Also, mal kurz zusammengefasst. Wir sind nicht der Meinung, dass Freie Wähler oder eine CSU auf einmal ihren Sozialen bekommen haben und deswegen die Gebühren, die die CSU ja selbst eingeführt und lange verteidigt hat, jetzt selbst wieder kippen wollen. Ne, darum geht es nicht. Zwei Punkte sehen wir als relevant in dieser Sache: zum einen die kommenden Landtagswahlen und zum anderen der Standortnachteil, der sich für Bayern ergibt, wenn es das einzige Bundesland mit Gebühren sein sollte. Denn in Niedersachsen ist noch gar nicht klar, wie die Wahl ausgehen wird. Wenn rot-grün gewinnt, kann das die Abschaffung heißen. Das ist der CSU schon klar. Immerhin haben die Proteste auch dort dazu geführt, dass sich eine SPD auf einmal wieder als sozial profilieren kann, weil sie die Forderung der damaligen Bewegung aufgegriffen hat, mit der auch noch heute viele sympathisieren. Das macht hier jetzt auch die CSU. Gerade bei den jüngeren WählerInnen können die ja nicht so punkten und deswegen ist es für sie nur rentabel sich mit diesen Inhalten in Einklang zu bringen. Auch die FW, die man ja eher als ländliche Stammtischpartei kennt, passt eher in dieses Erklärungsmuster. Zum anderen darf man die ökonomische Situation nicht außer Acht lassen. Denn darum geht’s ja im Kapitalismus. Wenn jetzt auf einmal Bayern allein da steht, kann es sein, dass weniger Leute dort studieren wollen. Immerhin kann weder Erlangen noch Nürnberg oder so mit einem krassen Lehrstuhl glänzen. Die sind halt nicht Heidelberg oder Frankfurt. Schon jetzt findet sich Bayern im bundesweiten Vergleich beim Anteil der StudienanfängerInnen unter den Schlusslichtern wieder. Das wirkt sich jetzt noch nicht krass aus, aber auf Dauer kann das bei Vergabe von Mitteln und ähnlichem schon zum Tragen kommen. Wäre schon peinlich für Bayern – und natürlich auch ein Wettbewerbsnachteil – wenn die AbiturientInnen hier massenhaft in den Osten zum Studieren abwandern würden.
barricada: Also, alles gut kalkulierte Überlegungen…
LiStA: Naja, ist jetzt nicht so, dass das nicht alles auch erkämpft wurde. Man muss allerdings sagen, dass in anderen Bundesländern der Atem der Protestierenden länger war. Hessen bleibt da wohl großes Vorbild. Aber die Überlegungen auf der hiesigen Politbühne gäbe es ja alle gar nicht, wenn sie die europäischen Bildungsämpfe im Jahr 2009 nicht auf die Agenda gesetzt hätten. Studiengebühren wurden unpopulär, das wirkte sich dann auf Dauer schon aus. Das sind Zugeständnisse der Herrschenden, klar, aber auch die bekommen wir nicht einfach nachgeworfen, sondern müssen sie uns mühsam erkämpfen. Dass dazu vor allem Ausdauer notwendig ist und die erste Demo niemanden gleich in die Knie zwingt, muss hier noch besser vermittelt werden.
barricada: Ok. Und jetzt mal konkret zum Volksbegehren. Ruft ihr dazu auf?
LiStA: Ja, das tun wir. Wir finden es halt wichtig, immer dazu zu sagen, was die InitiatorInnen dazu bewegt hat, gerade mit diesem Thema zu punkten Aber die Verbesserung ist praktisch und spürbar. Wenn wir uns und anderen bewusst machen, dass wir eben nicht unterwürfig auf „deren“ Erfolg verweisen müssen, wenn die Studiengebühren nun abgeschafft werden sollten, sondern dass wir das Thema gesetzt haben und dass es ohne all die Kämpfe nie so weit gekommen wäre, dann ist das richtig. Aber wir wollen dazu klar eigene Akzente setzen. Das können wir nicht, indem wir uns mit der SPD oder so zusammensetzen um sie in sozialen Bewegungen letztendlich wieder salonfähig werden zu lassen. Nein, wir machen das zusammen mit Fachschaften, Arbeitskreisen und so. Halt mit den Studierenden. Wir wollen gemeinsam am 12.1. eine Demo machen, in der wir unsere Inhalte und Forderungen, die ja auch noch weit über Studiengebühren hinausgehen, auf die Straße tragen. Ansonsten soll es natürlich auch was um den Beginn des Volksbegehrens herum geben. Achtet da einfach mal auf Ankündigungen.
Demo: 12.1.2013 um 14 Uhr vor dem K4
Kontakt: www.LiStA.blogsport.de
Entnommen aus barricada – Januar 2013