Statement des Solikreis Nürnberg: Hier ist gar nichts von der Kunstfreiheit gedeckt…

Hanna ist eine der Sieger:innen des diesjährigen Bundeskunstpreises, der vom Ministerium für Bildung und Forschung ausgelobt wird. Ihre Werke werden von der Jury bejubelt. Doch dann kommt der Wendepunkt: rechte Blogger veranstalten eine mediale Hetzjagd gegen die Antifaschistin, die sich aktuell in einem Strafverfahren befindet.

Eine Geschichte darüber, wie ein grünes Ministerium vor einer rechten Kampagne kuscht

Hanna ist eine der Sieger:innen des diesjährigen Bundeskunstpreises, der vom Ministerium für Bildung und Forschung ausgelobt wird. Ihre Werke werden von der Jury bejubelt. Doch dann kommt der Wendepunkt: rechte Blogger veranstalten eine mediale Hetzjagd gegen die Antifaschistin, die sich aktuell in einem Strafverfahren befindet. Wenig verwunderlich greift erst die BILD Zeitung die Hetzkampagne auf und last but not least mündet das Ganze unkritisch in dpa Meldungen. Rechtsextreme versuchen gleichzeitig Druck auf Jury Mitglieder zu machen, die sich für die Nominierung von Hannas künstlerischen Arbeiten entschieden haben. So stellte die rechtsextreme Kleinstpartei Freie Sachsen den Antrag, die Chemnitzerin Dr. Florence Thurmes – Direktorin der städtischen Kunstsammlung – solle ihres Amtes enthoben werden. Letzten Endes rudert das (noch) grün geführte Ministerium für Kultur und Wissenschaft zurück und friert das Preisgeld von etwas über 3000€ kurzerhand ein. Ein erster Erfolg der rechten Inszenierung.
Und nein, das alles findet nicht gerade in den USA statt, auf die auch bürgerliche Politiker:innen gerne mal empört zeigen und suggerieren, dass so etwas hier nicht geschehen kann. Und doch sehen wir auch an diesem Beispiel: der Rechtsruck erfasst auch hier immer mehr Bereiche des Lebens – in diesem Fall die Kunstfreiheit. Denn um was soll es denn sonst gehen? Ja, die Gewinnerin ist gerade in einem Verfahren. Einen kritischen Blick auf die Umstände dieses Verfahrens haben all die Schreiberlinge, die sich den Narrativen der Rechten bedienten, zu keiner Zeit geworfen. Keine Reflexion über die Vorverurteilung und die Dämonisierung der Angeklagten, der letzten Endes vorgeworfen wird, ein paar üble Nazis in Ungarn verprügelt zu haben, die am sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest einem jährlichen Nazi-Spektakel beiwohnten.
Ansonsten ist vor allem der kommerzielle Kulturbetrieb stets bemüht, wenn es um die Trennung von Werk und Künstler:in geht. Dem glühenden Antisemiten Richard Wagner zum Beispiel wird heute noch die Ehre zu Teil, Plätze und Straßen nach ihm zu benennen. Eine junge Kunststudentin wiederum soll ein bisschen Geld aberkannt werden, weil sie vielleicht, vielleicht auch nicht ein paar Nazis verdroschen hat.
Und wir fragen uns allen Ernstes, wie arm die Kunst und Kulturwelt wäre, ohne all die Underdogs, die Radikalen, die Kunst und Gesellschaft vor sich hertrieben. Was wäre, wenn jede:r Kunstschaffende in der Geschichte ein Führungszeugnis hätte vorlegen müsste? Wir wären kulturell verarmt. Hinzu kommt, dass es für die Teilnahme am Bundeskunstpreis solche Kriterien schlichtweg nicht gibt. Da werden jetzt irgendwelche moralischen Bauchschmerzen vorgeschoben, die als Grundlage für Entscheidungen so willkürlich und wankelmütig sind wie der Zeitgeist, nach dem sie sich richten. Dass weder das Ministerium noch die berichtenden Blätter bisher die Courage hatten, Haltung zu zeigen, Gegenwind von rechts auch mal auszuhalten ohne wie ein Fähnchen im Wind rückgradlos dahinzuwehen, wie es gerade opportun erscheint, überrascht wahrlich nicht. Spannend bleibt im weiteren Verlauf, wie sich andere Akteure – die Akademie der bildenden Künste in Nürnberg, die Jury oder die Mitbewerber:innen noch verhalten werden. Wir können nur an alle appellieren, sich diesen massiven Eingriff in die Kunstfreiheit zu erwehren, Haltung und Courage zu zeigen. Es ist notwendig – die Zeiten gebieten es!