Kampf ihrer Justiz – Freiheit für Hanna – Freiheit für alle Antifas
Hanna
Seit dem 06. Mai sitzt unsere Freundin und Genossin Hanna nun in Untersuchungshaft. Ihr wird vorgeworfen, dass sie und Andere an Auseinandersetzungen mit Neonazis beteiligt gewesen sein sollen. Nun steht fest, am 19. Februar 2025 soll der Prozess gegen sie in München beginnen. Unter Anderem soll dort der Vorwurf des “versuchten Mordes” Gegenstand sein.
Hintergründe
Die betreffende Auseinandersetzung soll im Februar 2023 im Rahmen eines jährlich in Budapest stattfindenden Nazi-Aufmarsches stattgefunden haben. Dort treffen sich Nazis aus ganz Europa, um, geschmückt mit Symbolen des historischen Nationalsozialismus, ihre Ideologie zu verbreiten und sich untereinander zu vernetzen. Seit einigen Jahren gibt es auch antifaschistischen Protest gegen dieses Treiben.
Die sonst eher Unter-Ferner-Liefen abgehandelte Nazidemo in Ungarn erfuhr dann im vorvergangenen Jahr eine große mediale Aufmerksamkeit. Es sollen mehrere Antifaschist*innen aus Deutschland und Italien festgenommen worden sein, etliche weitere wären auf der Flucht oder noch nicht ermittelt. Insbesondere ungarische Medien ließen es sich in diesem Zusammenhang nicht nehmen, mit besonderer Inbrunst gegen diese Leute zu hetzen und sobald sie deren Namen und Bilder habhaft wurden die Polizei tatkräftig mit Öffentlichkeitsfahndungen zu unterstützen. Auch die üblichen deutschen Medienhäuser schlossen sich diesem Vorgehen an.
Warum der Staat besonders gerne Linke jagt
Selbstverständlich blieb es im sogenannten „Budapest-Komplex“ nicht lange bei einer durch die Medien organisierten Hetzjagd. Auch die Ermittlungsbehörden der BRD legten bald ein äußerst ambitioniertes Agieren an den Tag. Hier könnte es dem Betrachter auffallen, dass – im Allgemeinen wenn es um Linke „Straftäter“ und im Besonderen wenn es um die verfolgten Genoss*innen im Budapest-Komplex geht – andere Regeln bei der Verfolgung und der Strafbeimessung der Beschuldigten gelten, zumindest wenn man den Vergleich zu „normalen“ oder rechten Straftätern zieht. Bei radikalen Gegnern staatsfanatischer bürgerlicher Ideologien wie etwa dem Faschismus – wie es unsere Genoss*innen zweifellos sind – liegt der Verdacht nahe, dass diese Gegner im Allgemeinen ein Problem damit haben, dass bürgerliche Staaten Verhältnisse einrichten, die für einen Großteil in erster Linie heißen, sich in Verzicht zu üben, während einige Wenige – sprich die Angehörigen der kapitalistischen Klasse – von ihnen profitieren dürfen. Dementsprechend werden die potentiellen Staatsfeinde mit aller Macht und ohne Pardon verfolgt. Dies gilt nocheinmal mehr, wenn der Verdacht im Raum steht, dass sich die Verfolgten die Frechheit herausgenommen haben könnten, das heilige Recht des Staates auf exklusive Gewaltausübung zu missachten. Nichts anderes ist im Verfahren gegen Hanna und die Anderen nämlich der Vorwurf, der auch in der Pressemitteilung der Generalbundesanwaltschaft mitgeteilt wird. Die verfolgten Antifas sollen gewagt haben, das staatliche Gewaltmonopol zu ignorieren und ihrerseits gewaltsam gegen Nazis vorgegangen zu sein. Darin sehen die juristischen Vertreter des Staats klar den Versuch, einer Ordnung mittels Gewalt Geltung zu verschaffen, die nunmal nicht die der BRD und/oder die des ungarischen Staats ist. Das von einem Staat derlei Versuche nicht geduldet werden und anders zu ahnden sind als „gewöhnliche“ -also unpolitische- Straftaten ist eigentlich selbstverständlich.
Die Staatsmacht handelt hier aus dem Interesse heraus, Störenfriede gegen die eigene Gewaltordnung unschädlich zu machen und an alle, die es ebenfalls für denkbar halten, dass es etwas besseres als kapitalistische Nationalstaaten geben muss, eine umissverständliche Nachricht zu senden. Und zwar: Wer meint gegen die Ungerechtigkeiten dieser Ordnung ernsthaft aufzustehen wird fertig gemacht.
Wie dieses “Fertig machen” aussieht, dass führt die BRD bzw. ihre juristischen Institutionen eindrücklich vor, etwa als sie Fotos von Johann, einem der Angeklagten, in der ganzen Republik über die Bildschirme flimmern ließen – natürlich in Verbindung mit dem Aufruf diesen gefährlichen Linksextremisten zu denunzieren. Auch eigene Institutionen, die sich – von geltendem Recht beeinflusst – nicht gänzlich dem Verfolgungswillen unterwerfen, werden im Zweifelsfall übergangen, wie etwa bei der Auslieferung Majas, bei der der durch das Bundesverfassungsgericht angeordnete Stopp der Auslieferung ignoriert wurde. Einen weiteren Hinweis auf den absoluten und gnadenlosen Verfolgungswillen des Staats gibt auch die definitive Nicht-Verhandlungsbereitschaft. Wir erinnern uns: Einige Untergetauchte hatten angeboten sich zu stellen, im Austausch für die Zusicherung nicht nach Ungarn ausgeliefert zu werden. Dieses Angebot wurde abgelehnt. Die BRD blieb auch hier ihrem Mantra „Wir verhandeln nicht mit Terroristen“ treu.
Dieses kompromisslose Vorgehen verdeutlicht, dass es die Staatsbediensteten ernst nehmen mit ihrer Pflicht, die Ansprüche der BRD geltend zu machen. Neben der prinzipiellen Absage an andere Gewalten neben der Eigenen, lässt die Bundesanwaltschaft verlautbaren, was sie durch Hanna und die angebliche Gruppe die nach Ungarn fuhr, um gegen Nazis vorzugehen, ebenfalls gefährdet sieht: Und zwar das Ansehen – also den guten Ruf – Deutschlands. Auch hier ist klar, um was es dabei geht. Nämlich der beschämende Eindruck, Deutschland könne seine Linksextremist*innen nicht zur Genüge kontrollieren.
Prozess gegen Hanna
All das zeigt: Das Verfahren gegen Hanna wird also schon allein von Staatswegen politisch geführt werden. Sicher ist es besser, wenn diese politische Verhandlung in der BRD und nicht im ungarischen Staat abläuft, denn das dort nocheinmal anders mit politischen Häftlingen umgesprungen wird als hier, weiß man spätestens seit den Schilderungen derjenigen, die im Zusammenhang mit dem Budapest-Komplex bereits in Ungarn inhaftiert gewesen sind. Trotzdem sollte man sich keine Illusionen darüber machen, dass Deutschland keine politisch motivierten Prozesse führe oder Menschen nicht wegen ihren staatskritischen Überzeugungen verfolgen würde.
So kann es auch kaum überraschen, dass im Vorfeld schon alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um Hanna zu drangsalieren und vorzuverurteilen. U-Haft, deren Begründung zumindest zweifelhaft ist und eine Anklage wegen „versuchten Mordes“, bei der anscheinend selbst der Bundesanwaltschaft klar zu sein scheint, dass Sie damit juristisch nicht durchkommen wird – das lässt zumindest Ihre relativierende Pressemitteilung vermuten.
Solidarität
Aufstehen gegen die staatliche Gewalt und die sich daraus ergebenden Folgen ist bitter nötig. Dafür werden ständig allerhand Beweise geliefert. In der BRD übt sich die politische Führung gerade darin, immer deutlicher darauf zu bestehen, dass militärische Aufrüstung und die Konfrontation mit „feindlichen“ Nationen wie Russland und China alternativlos sind. Die gleiche Alternativlosigkeit wird von den Vertretern aller bürgerlicher Parteien beschworen, wenn es darum geht, Menschen die vor einer globalen kapitalistischen Wirtschaftsweise bzw. ihren Auswirkungen wie Krieg, bitterer Armut und Perspektivlosigkeit fliehen, als unnütz für den Staat und das „Volk“ abzuqualifizieren. Es wird also dafür argumentiert sie – wenn auch mit Bauchschmerzen – leider im Mittelmeer ertrinken zu lassen oder sollten sie es doch hierher schaffen möglichst schnell wieder in ihre zerrütteten Heimatländer zurück zu befördern. Zusätzlich werden Gesetze verschärft, zum einen um in populistischer Manier den offensichtlich bei großen Teilen der Bevölkerung vorliegenden (rassistischen) Ängsten genüge zu tun, andererseits um die eigenen Vorraussetzungen zur Verfolgung all derer die nicht spuren wollen zu verbessern. Zu allem Überfluss sind die einzigen oppositionell wahrnehmbaren Kräfte diejenigen, die sich für noch härtere Gangarten gegenüber den ohnehin schon am Boden liegenden Teilen der Gesellschaft einsetzen, sprich die AfD.
Aus all diesen angeführten Gründen und noch vielen Weiteren müssen wir aufstehen, müssen uns organisieren und müssen wir zusammenhalten, sollten wir denn auch der Ansicht sein, dass diese Zustände nicht bleiben dürfen und das es sich lohnt für gesellschaftliche Alternativen zu kämpfen, die nicht auf Konkurrenz um Macht und Profit der Mächtigen zum Nachteil aller Anderen basieren.
Aus diesen Ansichten erklärt sich auch unsere Solidarität zu Hanna, Maja und all den anderen Untergetauchten und Verfolgten. Wir sind solidarisch mit ihnen, da sie hier stellvertretend für die linke Bewegung vor Gericht stehen und nicht (nur) weil wir mit ihnen befreundet sind oder sie in unserer Nachbarschaft wohnen. Wir stehen fest an ihrer Seite, weil es unsere Genoss*innen sind, die hier fertig gemacht werden sollen. Wir stehen fest an ihrer Seite, weil wir wissen, nur gemeinsam können wir etwas gegen die sich weiter verschärfenden Verhältnisse tun.