Im folgenden veröffentlichen wir unsere Rede die wir als Bündnisgruppe des 8. März Bündnisses am 25.11. auf der Kundgebung zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hielten. Einen kurzen Nachbericht der Kundgebung findet ihr hier.
Rede der OA Nürnberg:
Patriarchale Gewalt hat viele Gesichter. Sie ist umfassend und tief in der bürgerlichen Gesellschaft und in diesem Staat verwurzelt und kann nicht einfach durch ein paar Gesetze gestoppt werden.
Es sind Gesetze, die uns die reproduktive Selbstbestimmung verweigern,
Es ist die wirtschaftliche Gewalt des Marktes, der Banken, des Chefs, des Vermieters, die uns unter Druck setzt und ausbeutet.
Es ist die staatliche Gewalt der Polizei, der Gerichte und Gefängniswärter, die uns mit Repression überzieht, wenn wir aufstehen und unsere Haltung vertreten.
Es ist die Gewalt von Grenzbeamten, des Migrationsregimes und den imperialistischen Armeen, die unsere Schwestern zurückweist, misshandelt und ermordet.
Die Gewalt einer ganzen patriarchalen Ideologie, die unsere Köpfe kolonisiert, unsere Körper beansprucht und unsere Stimmen zum Schweigen bringen will.
Und diese Gewalt beginnt nicht bei Schlägen.
Gewalt ist die ökonomische Abhängigkeit und Isolation, wenn Frauen nur den Bruchteil des Mannes verdienen, nur Teilzeit arbeiten können, weil sie im patriarchal geprägten Kapitalismus nach wie vor den Haushalt schmeißen, Kinder erziehen, den Mann umsorgen und Alte und Kranke pflegen sollen.
Gewalt ist, wenn Frauen Machtmissbrauch durch Vorgesetzte ertragen, weil sie auf den Job angewiesen sind.
Gewalt ist, wenn der Staat unsere Entscheidung gegen eine Schwangerschaft ins Strafgesetz verbannt.
Gewalt ist, wenn wir nicht frei entscheiden können, weil die Entscheidung, Kinder zu bekommen oder nicht, massiv von unserem Geldbeutel abhängt.
Gewalt ist, wenn Frauen mit brutalen Männern in einer Wohnung fest sitzen, weil sie auf dem kapitalistischen Wohnungsmarkt keine Chance haben und die Frauenhäuser voll sind.
Gewalt ist, wenn Fluchtgründe nicht anerkannt werden, wenn Frauen zurück in das Elend ihrer Herkunftsländer oder in europäische Drittstaaten abgeschoben werden, in denen sie obdachlos und schutzlos leben müssen.
Und gefährlich für uns alle ist, wenn bürgerliche Politiker unser Wahlrecht in Zweifel ziehen, weil wir zu emotional und labil seien. In der Geschichte haben genau solche Reaktionäre versucht uns klein zu halten.
Doch das hat uns, unsere Mütter und Großmütter niemals davon abgehalten, zu kämpfen. Und dafür brauchen wir überhaupt keine Wahlurne, bei der wir uns sowieso nur zwischen Scheiße und Scheiße entscheiden können. Wir wählen stattdessen Solidarität, Entschlossenheit und Kampfbereitschaft.
Wir weigern uns angesichts des Rechtsrucks nur das, was wir bisher Erreicht haben zu sichern! Wir wollen alles!
Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der die Fähigkeit Kinder zu gebären, nicht unser Leben bestimmt. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der wir alle gemeinsam Kinder aufziehen, Alte und Kranke versorgen – unabhängig vom Geschlecht.
Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der wir gemeinsam darüber entscheiden, was und wie wir produzieren, wie wir wohnen und leben. Die Entscheidungsgrundlage sind unsere Bedürfnisse und nicht der Profit.
Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der es keine Rolle spielt, wie man aussieht, wen man liebt oder wo man herkommt. Wir werden uns gemeinsam mit unseren Brüdern und Schwestern die ganze Welt zurück holen und Ausbeutung und Unterdrückung – den Nährboden der Gewalt gegen uns – endlich ein Ende machen.
Wir haben viel vor – also fangen wir an! Lasst uns das Patriarchat und den Kapitalismus abschaffen!