Auf Wunsch: Dokumentation der Prolos-Rede zum revolutionären 1. Mai

In gewisser Weise scheint ja der Normalzustand seit gut einem Jahr aufgehoben, und:

Ja, die Pandemie zwingt uns einen Krisenmodus auf, aber die Mechanismen des Kapitalismus greifen weiter. Ausbeutung, Unterdrückung, soziale Grausamkeit und die Klassenjustiz werden nicht ausgesetzt. Insofern erleben wir weiterhin den Normalzustand. Und wir erleben, dass dieser Normalzustand nicht geeignet ist, sinnvoll mit einer Pandemie umzugehen und dass es in diesem Normalzustand nicht um Menschenleben und unser aller Gesundheit geht. Wir erleben, dass einige der reichsten Länder der Welt es nicht fertig bringen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Der Markt regelt ganz offensichtlich einen Scheißdreck!

Die Widersprüche des globalisierten Kapitalismus erzeugen immer mehr Spannungen und polarisieren zunehmend die Gesellschaft. Wir haben uns – gemeinsam mit vielen anderen – die Parole „Ihre Krise – Nicht auf unserem Rücken“ zu eigen gemacht. Die Gesundheitskrise und die anstehende ökonomische Krise sollen nicht ein weiteres mal auf dem Rücken der Arbeiterklasse ausgetragen werden. Dieses mal sollen nicht mit unserer Gesundheit, unserer Arbeit und unserem Leben die Erwirtschaftung von Profiten für die kleine Minderheit der Kapitalistinnen und Kapitalisten sichergestellt werden.

Bislang aber sieht es so aus, als würden es die Herrschenden schaffen, auch diese Krise wieder auf uns abzuwälzen und sich selbst weiter zu bereichern.

Zum Beispiel: Daimler hat 2020 dank des Kurzarbeitergelds 700 Millionen Euro Lohnkosten eingespart und im selben Jahr 1,4 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet – das ist eine Verdoppelung zum Vorjahr. Die pseudo-Lockdowns seit September 2020 sind so gestaltet, dass alle brav weiter arbeiten sollen – bei der Gefahr sich selbst anzustecken – alle, deren Arbeit zum Erhalt der deutschen Exportwirtschaft beiträgt. Alle Branchen, die wenig zum BIP beitragen, lässt der Staat über die Klippe springen. Wo weiter gewirtschaftet werden kann, das entscheiden nicht Maßnahmen auf wissenschaftlicher Grundlage, sondern die politischen und ökonomischen Interessen der stärksten Kapitalverbände im Land.

Auch weltweit wird in dieser Krise nochmal klarer, worum es im Normalzustand des Imperialismus geht: Jedenfalls nicht um Menschenleben. Die Normalität im Imperialismus bleiben der Vorrang von Profiten und Patenten. Weiter gehen natürlich auch Kriege, Hunger und das millionenfache Sterben an heilbaren Krankheiten.

Und während in der allabendlichen Propagandaschau täglich ausführlich über rechte, rassistische Oppositionelle in Russland berichtet wird, sind Kriege, Massaker und globale Ungerechtigkeit höchstens eine Randnotiz.

Wenn es uns nur noch ein Achselzucken kostet, wenn zigtausende den imperialistischen Kriegen zum Opfer fallen, ganze Regionen bewusst destabilisiert und täglich neue Fluchtursachen geschaffen werden – während an den Außengrenzen der EU tausende sterben… Warum sollten wir, wenn uns all das nicht aufregt und zum Handeln zwingt, nicht auch ruhig zusehen, wenn Millionen Menschen sterben, weil im Kapitalismus Patente nun einmal mehr zählen als Menschenleben?!

Manche setzen auf die Illusion von Verbesserungen in diesem Land nach der Bundestagswahl.

Aber wir können nicht setzen auf einen wählbaren Wechsel. Mit einer Regierung, die von den Grünen geführt wird, wird sich nichts Wesentliches ändern – jedenfalls nicht zum Besseren. Die Grünen sind die Partei, die 1999 mit ihrer bereitwilligen Zustimmung zum NATO-Überfall auf Jugoslawien gezeigt hat, dass sie eine Kriegspartei ist und außerdem gerne Verantwortung für die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie übernimmt. Die Grünen haben auch mit der Agenda 2010 klargemacht, dass sie eine neoliberale Partei des Sozialraubs und der Verarmung der Lohnabhängigen sind.

Was wir bräuchten und was viele von uns sich wünschen sind nicht neue Regierungskonstellationen im Dienst des Kapitals, sondern eine anschlussfähige aber radikale Linke, die in der Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter verankert ist.

Was wir aber vorfinden, ist eine Linke, die in Teilen ihre Inhalte auch von der Bundeszentrale für politische Bildung abgeschrieben haben könnte.

Eine Linke, die sich zurückzieht in ihre isolierten kleinen Schneckenhäuser, statt auf die Kolleginnen und Kollegen, die Nachbarinnen und Nachbarn zuzugehen. Statt ihnen die Hand zu reichen zum gemeinsamen Kampf gegen Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung.

Eine Linke, die zersplittert und schwach ist und jeden Bezug zum Proletariat verloren hat, -so eine Linke begeistert die herrschende Klasse!

Trotz allem sind wir ja die einzigen mit einem realistischen Ausweg aus der Misere. Enteignen – Vergesellschaften – Demokratisieren wären geeignete erste Schritte hin zu einer Welt der Freien und Gleichen. Also bauen wir das auf, was wir brauchen – was wir sein müssen:

Eine klassenbewusste Linke, die wieder danach trachtet, in der Arbeiterschaft verwurzelt und relevant zu sein. Lasst uns eine Linke sein, die eine klare globale und antiimperialistische Perspektive hat. Lasst uns Linke sein, die solidarisch sind – denn wir können gemeinsam kämpfen oder einzeln zusehen, wie sie uns der Reihe nach platt machen.

Lasst uns eine Linke sein, die einem unversöhnlichen Klassenkampf von unten verpflichtet ist!

WIR sind heute – hier am revolutionären 1. Mai in Nürnberg und weltweit – auf der Strasse. Solange wir nicht aufgeben, solange wir uns nicht einschüchtern lassen, so lange wir – solidarisch – kämpfen, – solange gibt es Hoffnung. – Hoffnung auf nicht weniger als eine Welt des Miteinanders aller Menschen, in der die Produktionsmittel allen gehören und Ausbeutung, Unterdrückung, Rassismus und Sexismus und auch Kriege einer grauenhaften Vergangenheit angehören.

Also setzen wir auf unsere Stärke: Die Solidarität:

Solidarität — nicht nur als Bekundung – nicht nur in Worten.

Solidarität im Alltag zeigen – und – konkret und praktisch – Solidarität leben!

In diesem Sinne: Hoch die internationale Solidarität!