Am Nachmittag des 30.1. versammelten sich ca. 250 Menschen auf dem Jamnitzer-Platz im Nürnberger Stadtteil Gostenhof. Sie waren dem Aufruf zahlreicher linker Organisationen gefolgt, unter dem Motto “Jamnitzer – Solidarität gegen Polizeistaatlichkeit” gegen zwei skandalöse Urteile
des Amtsgerichtes Nürnberg zu demonstrieren. Mit diesen Urteilen wurden zwei linke Aktivisten für das bloße Anschreien der Polizei (geschehen laut Staatsanwaltschaft im Juni 2019) zu 15 bzw. 18 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Mehrere Rednerinnen und Redner machten darauf aufmerksam, dass 18 Monate das Strafmaß sind, zu dem am 29. Januar 2021 der Mitangeklagte im Lübcke-Mordprozess verurteilt wurde. Für den langjährigen gefährlichen Neonazi wurde diese Strafe freilich zur Bewährung ausgesetzt.
Im Aufruf zur Kundgebung hieß es zu den Prozessen gegen die Nürnberger Aktivisten: “Am 2.2. und 12.2.2021 wird gegen zwei Nürnberger vor dem Landgericht wegen Widerstands verhandelt. Das bisherige Urteil des Amtsgerichts bedeutet, dass das bloße Anschreien der Polizei – oder demnächst auch Sitzblockaden und Ähnliches – als gemeinschaftlicher Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit Haftstrafen ohne Bewährung belegt werden kann. Wir haben allen Grund, solidarisch zu sein, denn klar ist: Es trifft erst Einzelne, aber gemeint sind wir Alle. Grundlage für dieses Urteil waren die Ereignisse einer Juninacht 2019 auf dem Jamnitzer-Platz im Nürnberger Stadtteil Gostenhof. Damals musste sich die Polizei zurückziehen, nachdem sich Menschen gegen eine weitere schikanöse Kontrolle der Polizei solidarisiert hatten.”
In vielen Redebeiträgen wurden die immer wieder stattfindenden Polizeischikanen am Jamnitzer-Platz thematisiert, welche sich gegen Parknutzerinnen und -nutzer richten. So nannte etwa ein Redner der organisierten autonomie (OA) das Beispiel einer Polizeikontrolle, in die
im Sommer 2019 ein 15-Jähriger und sein achtjähriger Bruder geraten seien. Dabei habe ein Beamter die Kinder barsch gefragt, ob sie deutsch verstünden. Kurze Zeit später habe der 15-Jährige eine übergriffige Drogenkontrolle über sich ergehen lassen müssen, während sein kleiner Bruder verängstigt und weinend daneben gestanden sei. Mehrere andere Rednerinnen und Redner machten deutlich, dass solch ein Verhalten der Polizei am Jamnitzer-Platz keine Ausnahme darstelle und den Zorn vieler Menschen in Gostenhof erkläre. Klar gemacht wurde in den Reden der linken Gruppierungen aus Nürnberg und München (und in einem Grußwort des Netzwerkes Freiheit für alle politischen Gefangenen Magdeburg) aber auch: Die von Gentrifizierung, racial profiling, Polizeigewalt, Repression und Verdrängung bedrohten Menschen haben nicht vor, sich einschüchtern zu lassen. Sie sehen die Antwort auf die Probleme, die das Wirtschaftssystem, der Staat und die Stadt Nürnberg ihnen bereitet, in noch stärkerem Zusammenhalt, gegenseitiger Hilfe und Solidarität.
Am 1. Februar solidarisierten sich vor der bayerischen Vertretung in Berlin AktivistInnen mit den in Nürnberg Verfolgten.
Für die beiden Genossen wurde bei der Roten Hilfe ein Solikonto eingerichtet:
Rote Hilfe Nürnberg
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Verwendungszweck: Jamnitzer