Am Jamnitzer und überall: für eine solidarische Stadt von unten!

Die organisierte autonomie (oa) und die Initiative Mietenwahnsinn stoppen waren am Freitag, den 11.09 am Jamnitzerplatz präsent. Mit Schildern und Transparenten wurde auf die massiven Polizeikontrollen aufmerksam gemacht und sich für ein solidarisches Gostenhof von unten ausgesprochen.

Hier der Text des Flugblattes:

Der Jamnitzer Platz ist ein wichtiger Platz für viele Menschen in Gostenhof. Wir haben wenig Freiflächen, nicht viele von uns GostenhoferInnen haben einen Balkon oder gar einen Garten. Der öffentliche Raum ist daher Jugendzentrum, Kinderspielplatz, Café und Kneipe in einem. Die staatlich verordneten Corona Maßnahmen zwangen die meisten von uns zwar weiterhin zur Arbeit und wieder andere sogar in die Arbeitslosigkeit, unser Privatleben hingegen wurde bis auf das Minimum beschränkt. In dieser Zeit wurde etlichen die Bedeutung des öffentlichen Raumes noch einmal mehr bewusst. Nur in den beengten Vier-Wänden wären viele hier wohl schlichtweg durchgedreht. Doch zugleich wurde immer mehr Menschen vor Augen geführt, wie stark durch reglementiert der öffentliche Raum mittlerweile ist: das berüchtigte Sonder-Schlägerkommando USK patrouilliert seit Corona wie selbstverständlich im öffentlichen Raum und scheint den gängigen Streifenpolizisten abgelöst zu haben. Höhepunkt des Kontrollwahns bildete wohl das Verscheuchen einzelner SpaziergängerInnen von Parkbänken oder gar das Zusperren privatisierter Freiflächen wie dem sogenannten “Datev-Park” in der Adam-Klein-Straße. Wir sollen uns daran gewöhnen, dass der öffentliche Raum nur dann öffentlich ist wenn wir uns darin so bewegen, wie es der bürgerlichen Politik passt. Zugleich sollen wir uns an mehr Polizeipräsenz, mehr Aufrüstung, an Befehlston und Gehorsam, an martialisches Auftreten gewöhnen. Eines der Feindbilder scheinen dabei vermehrt junge Menschen im öffentlichen Raum zu sein, die im Zuge der Pandemie fast all ihrer anderen Räume (Jugendzentrum, Diskotheken etc.) beraubt wurden. Egal ob an der Wöhrder Wiese, am Pegnitzgrund oder hier in Gostenhof: Menschen, die den öffentlichen Raum nutzen, werden kontrolliert, schikaniert und immer wieder auch mit Gewalt überzogen – allen voran Jugendliche, die von den Cops als “Ausländer” oder “Arme” betrachtet werden.

Betroffen sind einige – gemeint sind wir alle!
Aber am Schluss betrifft jede dieser Schikanen uns alle. Im nächsten Frühjahr soll der Jamnitzer umgestaltet werden und wie es viele NutzerInnen bereits befürchteten, geht es eben nicht darum, den Platz schöner für alle zu machen. Es geht auch nicht darum, die öffentliche Toilette endlich zu realisieren, die selbst in dem pseudo-Bürgerbeteiligungsverfahren die mit Abstand am meisten Stimmen erhielt, sondern um ordnungspolitische und sicherheitstechnische Veränderungen wie der stellvertretende Leiter des Ordnungsamtes Pollack in den Nürnberger Nachrichten verlautbaren ließ. Zudem soll die Aufwertung des Platzes der Preissteigerung und der Profitmaximierung mit unserem Wohnraum dienen. Alle, die nicht in das schicke Bild der Immobilienanzeigen passen, sollen Stück für Stück verdrängt werden. Wer das ist, ist einfach gesagt: etliche der jetzigen NutzerInnen. NachbarInnen aus der Sozialpension oder vom Plärrer und Bahnhof hierher Verdrängte sind zwar oft Ziel der martialischen USK-Streifzüge, bei denen oft auch junge Menschen ins Visier genommen werden aber die Auswirkungen dieser Schikanen treffen uns alle: Eltern mit ihren Kindern sind zum Beispiel oft die ersten, die vom Platz gehen um ihre Kinder zu schützen wenn das USK anrückt. Doch an wie vielen Orten Nürnbergs (auch in Gostenhof!) ist es bereits Gang und Gebe, dass dieselben Law and order Fans die Polizei wegen Kinderlärm anrufen? VermieterInnen Familien Wohnungen verwehren weil sie die Abwertung ihrer Immobilie durch Kinderlärm befürchten? Wenn es also nicht das Bier ist, wird es der Kinderlärm sein. Wenn es nicht der Kinderlärm ist, dann die Streetball spielenden Jugendlichen.

Solidarität statt Vereinzelung!
Also kann es für uns nur eine Lösung geben: wir müssen als NutzerInnen zusammenhalten! Wenn eine Person kontrolliert wird, bleiben wir solidarisch, beobachten die Kontrolle, fragen nach Gründen, mischen uns ein. Und wenn Menschen mit Bußgeldern belegt werden weil die Cops völlig willkürlich abends behaupten, der Platz sei jetzt geschlossen oder die Corona-Maßnahmen als fadenscheinigen Grund angeben oder oder oder dann sind wir genauso solidarisch und versuchen die Betroffenen dabei zu unterstützen, sich zu wehren. Legt Einspruch gegen Bußgelder ein! Macht keine Aussagen! Ruft nicht die Polizei sondern sprecht miteinander! Gestalten wir den öffentlichen Raum – unser aller Raum solidarisch für all diejenigen, die ihn wollen und brauchen. Wenden wir uns aber auch gemeinsam gegen all diejenigen, die einen lebendigen Platz als Störfaktor für ihre Immobilienpreise sehen. Stehen wir zusammen ein gegen die Stadtpolitik- sei es eine sozialdemokratische oder eine CSU-regierte, die runde Tische für law and order Fans macht, zugleich die Verdrängung in unserem Viertel leugnet, ein hochpreisiges Neubauprojekt nach dem nächsten genehmigt und über die Steuern selbst Geld mit finanzkräftigen MieterInnen in die kommunalen Kassen spülen will. Sprecht mit euren NachbarInnen über Mieterhöhungen und Kündigungen. Wehrt euch mit Hilfe von Mietvereinen und Initiativen. Organisieren wir den öffentlichen Raum selbst indem wir ihn lebendig und solidarisch halten und uns nicht einschüchtern lassen. Wir lassen uns nicht vertreiben – egal, was sie versuchen! Zeigen wir, was Gostenhof wirklich ist: solidarisch, rebellisch und widerständig.

Du willst selbst aktiv werden? Dann komm zum Stadtteilclub “Reclaim Gostenhof” jeden vierten Samstag im Stadtteilladen Schwarze Katze in der Unteren Seitenstraße 1. Im nächsten Club am 26. September wird es ab 19 Uhr ein offenes Treffen zu den Themen Öffentliche Plätze/Jamnitzer und die steigende Zahl von Ferienwohnungen in unserem Stadtteil gehen. Für Essen ist gesorgt. Wir freuen uns auf dich!