Der Jamnitzer ist Werner T. zu lebendig?! Bye bye, Gentrifizierer. Heul leise und geh! – Verabschiedungstour am Jamnitzerplatz

Am Donnerstag, den 07. August wurde Werner T. von einigen GostenhoferInnen verabschiedet. Sie liefen rund um den Jamnitzerplatz und skandierten unter anderem „Bye, Bye Werner T. – heul leise aber geh!“ und „Wir hängen rum wie wir wollen – gegen Bullen und Kontrollen“.

Der Jamnitzer ist Werner T. zu lebendig?! Bye bye, Gentrifizierer. Heul leise und geh!

Was den Nürnberger Nachrichten (NN) eine Schlagzeile wert ist, mag im Allgemeinen zur Verwunderung beitragen. Doch an diesem Wochenende haben sie darüber hinaus auch wieder einmal klar gemacht, wem sie Raum geben wollen – und wem eben nicht. Unter dem Pseudonym Werner T. hat ein Bewohner Hand in Hand mit seinem Vermieter seinen Umzug den Lokalblättlchen gemeldet – zu laut sei es am Jamnitzer Platz. Er ertrage das nicht mehr. Was einem halbwegs seriösem Journalismus keine Spalte wert wäre, landete in der online Ausgabe von nordbayern.de in der Kopfspalte. Ein Revolverblättchen, das brav in städtischer Manier seit Jahren die Verdrängung in unserem Stadtteil leugnet, sich mittels Imagekampagnen sogar selbst an der Aufwertung beteiligt, keine kleinbürgerliche Meckerei auslässt um sie in Begleitmusik für die low-and order Kasper zu verwandeln, dieses Blättchen gibt diesen Typen natürlich bereitwillig Raum für ihr Gejammere.

Bühne frei für low and order
Und Werner T. wusste, was er tut: er und sein Vermieter nutzen die Bühne um ebenfalls der Repression den Mund zu reden. Längst haben sie und ihre Gesinnungsbrüder schon, was sie wollten: einen runden Tisch mit allen möglichen städtischen Institutionen und der Polizei, zahlreiche Kontrollen, die PlatznutzerInnen teilweise mehrfach täglich schikanieren und mit Bußgeldern überziehen um sie letztendlich vom Platz verjagen wollen. Aber das reicht ihnen nicht. Dass es mit der nach wie vor geplanten Aufwertung des Platzes doch um die Verdrängung unliebsamer NutzerInnen und bessere Überwachungsmöglichkeiten geht, machte Robert Pollack, stellvertretender Leiter des Nürnberger Ordnungsamtes in dem Artikel dann auch noch klar: “Der Park soll mit der Umgestaltung einsehbarer und mit mehr Laternen besser ausgeleuchtet werden.” Viele NutzerInnen hatten genau das befürchtet und dürfen sich einmal mehr bestätigt fühlen. “Sauber” soll der Platz gemacht werden – was rechte KommentatorInnen unter dem Artikel schrieben, kann man auch von PolizistInnen vor Ort hören. Sie alle meinen damit gesäubert von Menschen. Menschen, die nicht den schicken Immobilienanzeigen entsprechen, Kinderlärm, der den “Naherholungspark” Jamnitzer nicht zum idealen Raum für homeoffice und Yoga küren. Junge Menschen, die gerne zusammen sitzen und nicht nur in teuren Kneipen rum hängen wollen. Sie alle sind der Jamnitzer, sie alle sind die NutzerInnen dieses lebendigen Platzes.

Wer hierher zieht, muss das wissen und wem es nicht passt, kann gerne leise wieder gehen. Der unbedingte Willen aber zig anderen Menschen damit auf die Nerven fallen zu müssen, macht Werner T. zu einem Gentrifizierer, der anscheinend in Kolonialherren-Manier gerne angesagt hätte, wie das Leben hier auszusehen hat, der gerne selbst definiert hätte, wie lebendig ein öffentlicher Platz sein darf. Das macht Werner T. zum Gentrifizierer, dem wir keine Träne nachweinen werden, sondern seinen Wegzug feiern.

Einem ist es zu laut und die NN schrei(b)t – viele werden verdrängt und sie schweigt
Werner T. konnte gegen den ihn störenden Lärm einfach sein Fenster schließen, zig andere GostenhoferInnen können das Problem ihrer steigenden Mieten so einfach nicht lösen. Sie müssen an anderer Stelle einsparen, müssen jetzt auch noch von KurzarbeiterInnengeld oder Arbeitslosengeld die Mieten begleichen, die durch den jüngst herausgegebenen Mieterhöhungsspiegel einmal mehr in die Höhe klettern dürften. Viele können das nicht mehr und müssen wegziehen, raus aus ihrer Infrastruktur, raus aus teils Jahrzehnte lang gewachsenen Nachbarschaften. Wären das nicht die wirklichen Schlagzeilen?

Wären die wirklichen Schlagzeilen nicht wenn vom Kapitalismus schwerst Gebeutelte als “grölende Trinker und Obdachlose” im Park entmenschlicht werden? Keine Frage nach den gesellschaftlichen Ursachen von Wohnungsverlust und Perspektivlosigkeit. Wurden sie aus ihren Wohnungen geworfen weil sie die Mieten nicht mehr zahlen konnten? Kann das vor allem in dieser anstehenden Wirtschaftskrise nicht alle möglichen Lohnabhängigen treffen? Im Kapitalismus sind wir alle nur Krisenpuffer, die den Konzernen Gewinne ohne Ende ermöglichen sollen, aber ganz schnell vor die Türe gesetzt werden wenn es gerade mal wieder kriselt. Deswegen lassen wir uns nicht gegeneinander ausspielen. Wir lassen uns nicht spalten und wehren uns zusammen auch weiterhin gegen Verdrängung und Ausverkauf! Gostenhof ist solidarisch, rebellisch und widerständig und wird es auch bleiben! All den Werner Ts. können wir daher nur zurufen: Bye bye, Gentrifizierer! Heul leise und geh!