Im März 2019 demonstrierten in Nürnberg hunderte Menschen gegen eine geplante Abschiebung. Einem Demonstrationsteilnehmer wurde im Nachgang fälschlicherweise ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen. Er erhielt dafür einen Strafbefehl über 120 Tagessätze und legte selbstverständlich Einspruch dagegen ein. (Wir berichteten)
Am Mittwoch, den 10.06 kam es im Amtsgericht Nürnberg schließlich zur Verhandlung:
Vor dem Gerichtsgebäude sammelten sich schon eine Stunde vor Prozessbeginn mehrere dutzend Unterstützer*innen. Mit Transparenten und dem Motto: „Gemeinsam gegen Repression! Solidarität ist unsere Stärke!“ und „Keine Abschiebungen nach Afghanistan“, drückten die Unterstützer*innen ihre Solidarität mit dem Angeklagten aus und setzten ein Zeichen gegen staatliche Repression und die mörderische Abschiebepolitik der BRD.
Der Prozess startete mit einiger Verspätung wegen den strengen Einlasskontrollen. Aufgrund von Corona- Maßnahmen konnte nur ein Teil der Unterstützer*innen den Prozess verfolgen.
Der Angeklagte ließ zu Beginn der Verhandlung verkünden, dass er von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch macht und somit startete die Richterin direkt mit der Sichtung der Beweise.
Die vermeintlichen Beweisvideos der Polizei bewerteten die Richterin sowie die Staatsanwältin, aufgrund der schlechten Videoqualität und der manipulativen Schnitttechnik durch die technische Abteilung der Polizei, als wenig bis gar nicht aussagekräftig. Die Aussage des Belastungszeugen, ein 24- Jähriger Beamter des Unterstützungskommandos Mittelfranken und selbsternannter online Fitnessguru, setzte der schlechten Ermittlungsarbeit dann noch die Krone auf. Der mit Perücke und Bart verkleidete Zeuge, der in der besagten Demonstration als verdeckter Tatbeobachter mitgelaufen ist, scheint nicht nur an massiven Erinnerungslücken zu leiden, sondern ebenso an einer starken rot-grün Schwäche – anders lassen sich die Widersprüchlichkeit in seinen Zeugenaussagen nicht erklären – erwähnte er in seiner erste Aussage den Wurf einer grünen Bengalfackel, erinnerte sich der Zeuge plötzlich nur an eine rote Fackel.
In der fortlaufenden Befragung wurde immer offensichtlicher, dass der Zeuge mit erfundenen Anschuldigungen den Angeklagten belasten wollte. Weiterhin berief er sich nahezu bei jeder kritischen Nachfrage auf die beschränkte Aussagegenehmigung seines Dienstvorgesetzten, was schließlich auch die Richterin zur Weißglut trieb. So wurde die Vernehmung vorzeitig beendet und die Richterin zog sich mit dem Verteidiger und der Staatsanwältin zur Besprechung zurück. Nach einer kurzen Besprechung musste auch die Staatsanwältin die schlechte Ermittlungsarbeit eingestehen und das Verfahren wurde nach §154 Abs. 2 eingestellt. Dem Angeklagten entstehen dabei keinerlei Verfahrenskosten. Wegen einem weiteren Strafbefehl, aus einem anderen Verfahren wurde der Beschuldigte jedoch zu 40 Tagessätzen à 40 Euro wegen Beleidigung verurteilt. Der Angeklagte und sein Anwalt werteten den Prozess als Teilerfolg, beklagen jedoch die unverhältnismäßig hohe Geldstrafe für die Beleidigung in dem anderen Fall.
Was am Ende dieses Prozesstages bleibt, ist wieder einmal die skandalöse Arbeit der bayerischen Polizei gegen Linke Aktivist*innen. Ohne gesetzliche Grundlage werden zivile Tatbeobachter*innen in Demonstrationen eingesetzt um Teilnehmer*innen als Gewalttäter*innen zu diskreditieren und Proteste so zu delegitimieren. Das dabei falsche Aussagen von Beamt*innen vor Gericht getätigt werden, ist leider nur ein kleiner Nebenfakt.
Leider bleibt zu befürchten, dass der Einsatz verdeckter Tatbeobachter*innen und deren Falschaussagen Schule machen wird und wir in Zukunft mit ähnlichen Angriffen der Repressionsorgane zu kämpfen haben.
Wir lassen uns jedoch nicht einschüchtern und werden weiterhin unseren Protest kämpferisch auf die Straße tragen. #acopisnotafriend
Wir halten zusammen! Unsere Solidarität gegen ihre Repression!