Trotz massiver Einschränkungen der Versammlungsfreiheit ließen sich heute, am 1. Mai in Nürnberg über 1.000 Menschen das Recht auf Protest gegen die herrschenden Verhältnisse nicht nehmen. Genehmigt waren ursprünglich nur stationäre Kundgebungen mit Obergrenzen was TeilnehmerInnen und Zeit angeht.
Eine von diesen Versammlungen war die Kundgebung des revolutionären 1. Mai-Bündnis am Bauernplatz. Hier startete in den Jahren zuvor die revolutionäre 1. Mai-Demonstration mit bis zu 4.000 TeilnehmerInnen. Doch da dieses Jahr nur kleine, stationäre Kundgebungen staatlich erlaubt waren, bekam auch die revolutionäre 1. Mai-Demonstration – auch dieses Mal eine Initiative der organisierten autonomie (OA) und getragen von einem breiten Bündnis linker Gruppen – stark einschränkende Auflagen. Die Beschränkungen der Demonstration wurden begründet mit dem Infektionsschutz. Obwohl die Organisatoren ankündigten, auf Infektionsschutz zu achten – d.h. konkret Abstand zwischen den TeilnehmerInnen und Maskierung – wurde die Demonstration auf einen Ort und auf eine lächerlich kleine TeilnehmerInnenzahl von 50 Menschen begrenzt. Das mutet vor allem deshalb als absurd an, weil am 1. Mai z.B. in Stuttgart eine bewegliche Demonstration mit 600 Menschen staatlich genehmigt laufen konnte. Das tat jedoch der Stimmung keinen Abbruch. Zahlreiche Parolen wurden angestimmt, die Redebeiträge mit Applaus begleitet. Viele Menschen ließen es sich nicht nehmen, zum traditionellen Auftaktplatz des revolutionären ersten Mai zu kommen um dann von dort aus zum Spaziergang aufzubrechen.
Im Vorfeld des 1. Mai in Nürnberg gab es zunächst erst mal lange Zeit nichts zu hören vom Nürnberger Ordnungsamt. Da aufgrund der aktuellen Angriffe auf die Lohnabhängigen und ihre Rechte gerade in der Krise stillhalten das Schlechteste wäre, wurde die Mobilisierung natürlich aufrecht erhalten. Gerade auch weil der DGB-Apparat, ohne die Basis zu befragen, alle Mai-Kundgebungen absagte und nicht einmal den staatlich erlaubten Rahmen nutzte, der weit hinter den vom Infektionsschutz her gebotenen Rahmen zurückfällt, war Protest von der Basis am 1. Mai ganz besonders wichtig. Eine Demonstration mit Abstand zwischen den TeilnehmerInnen und Masken wäre auch in Nürnberg möglich gewesen. Da aber Protest offensichtlich klein gehalten werden soll, war die revolutionäre 1. Mai-Demonstration quasi verboten.
Dass sehr viel mehr Menschen am 1. Mai ihre Wut und ihren Protest auf die herrschenden Verhältnisse auf die Straße tragen wollen als erlaubt (50!) war klar, dass es nicht bei den von Staat genehmigten Protesten bleiben wird. Nach Beendigung genehmigten Kundgebungen nahmen sich zahlreiche Menschen selbstbewusst die Straße und setzten sich als SpaziergängerInnen über staatliche Protestverbote hinweg. Zum revolutionären Spaziergängen hatte unter anderem die organisierte autonomie (OA) aufgerufen. So wurde in der Nürnberger Innenstadt, in der Südstadt, Gostenhof und möglicherweise in ganz Nürnberg Protest in unterschiedlichster Form geäußert. Eine riesiges Polizeiaufgebot begleitete dabei viele der Protestformen. Der Protest war deutlich wahrnehmbar. Mit Kleidungsstücken, durch Sprechchöre, mit Schildern und Spruchbändern machten bestimmt über Tausend Menschen ihren Protest im Rahmen eines Spaziergangs deutlich. An manchen Orten nahmen, natürlich unter Beachtung des gebotenen Abstands und maskiert, bis zu 900 Menschen an Protestformen teil. Ab 13.00 Uhr startete der Lila Lauti zur einstündigen Tour auf der Demoroute, zahlreiche Menschen auf Fahrrädern begleiteten den Lila Lauti und setzten ein klares Zeichen für den feministischen Kampf und gegen das Patriarchat. Die Antifa-Aktionskneipe der Organisierten Autonomie organisierte währenddessen Flashmobs in der Innenstadt, Südstadt und Gostenhof. Die Message war lautstark zu hören: Gemeinsam gegen Staat, Kapital und Faschismus.
2020 erlebte Nürnberg einen 1. Mai wie schon lange nicht mehr! Unzählige Menschen trugen ihren Protest selbstbestimmt und selbstbewusst auf die Straße! Als linke, klassenkämpferische Basis haben Autonome, GewerkschafterInnen, FeministInnen, AntifaschistInnen, Erwerbslose zur Kurzarbeit Gezwungenene und andere gemeinsam und ohne zentrale Führung und ohne Gewerkschaftsapparat gegen die Krisenlösung auf dem Rücken der Lohnabhängen protestiert. Nürberg erlebte einen Basisprotest gegen autoritäre Krisenlösungen, Patriarchat, Imperialismus, Kapitalismus und Faschismus – durchgesetzt auch gegen staatliche Verbote.
Auch in Pandemie-Zeiten gilt: Wir wollen eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung! So wie es war, so wie es ist kann und darf es nicht bleiben! Der Kapitalismus ist die Krise! Für eine Gesellschaft, die basisdemokratisch organisiert ist und in der nach den Bedürfnissen der Menschen produziert wird. Dieses Ziel behalten wir auch bei der Wahl unserer Protestformen im Auge und entscheiden selbst, was verantwortungsvoll und richtig ist. Dem kapitalistischen Staat und seinen Behörden trauen wir nicht!
In diesem Sinne: Aufbruch! Die soziale Revolution machen!
Außerdem: ein Link zu den aktivsten Twitter-Kanälen vom 1. Mai 2020 in Nürnberg.