Mal was höchst erfreuliches zu erfolgreicher Antifa-Arbeit im ländlichen Raum. Die Genossinnen der Sozialrevolutionären Aktion Regensburg berichten über den Stand der Aktionen gegen die Nazis in der Region Schwandorf. (Nachtrag zum Text: Die unten als im Entstehen befindlich erwähnte Nazi-Gruppe ist beim Rechtsrock-Konzert in Veßra als „Bollwerk Oberpfalz“ in Erscheinung getreten.)
Lagebericht aus der Oberpfalz
Die sogenannte Prollcrew ist eine eher verdeckt agierende Gruppe organisierter Neonazis im Städtedreieck Schwandorf (u. A. auch in Amberg, Neumarkt aktiv).
Vernetzt ist die Prollcrew im subkulturellen Bereich mit der europäischen Neonazi-Szene. Aufgefallen ist sie durch die Teilnahme an bundesweiten Naziaufmärschen, Kontakte zu Combat18 und deren musikalischer Propagandaabteilung, Verbindungen zum sogenannten „Dritten Weg“. Hervorgegangen ist sie aus dem „Freien Netz Süd“. Sporadische Übergriffe auf politische Gegner sind bekannt. Eine Gefahr für die ganze Region.
Die Prollcrew organisierte Neonazi-Konzerte in einem lokalen Sportheim, wodurch eine indirekte Etablierung der Ideologie durch Partizipation in Vereinen stattfand. Sie konnte, beinahe ohne Gegenwind durch die lokale, bürgerliche Gesellschaft, über Jahre agieren. Ausnahme war unter anderem ein Zeitungsartikel in der „Mittelbayerischen Zeitung“, der über die Umtriebe der Neo-Nazis informierte. Ein lokales Anti-Nazi-Bündnis in Schwandorf ist bisweilen nicht aktiv in Erscheinung getreten, um Kontra zu geben.
Wer sind wir?
Wir, die Sozialrevolutionäre Aktion, stammen überwiegend aus der Oberpfalz. Einige aus Schwandorf oder dem Schwandorfer Städtedreieck. Unsere Basis befindet sich in Regensburg. Wir sind eine antifaschistische Gruppe, welche es sich u. a. zum Ziel gemacht hat, dem bundesweiten Rechtsrutsch in unserer Region Einhalt zu gebieten.
Was wir wollen?
Inaktiven antifaschistischen Kräften im ländlichen Raum der Oberpfalz einen konkreten Bezugspunkt bieten und die Möglichkeit geben, mit uns gemeinsam aktiv zu werden. Weiter wollen wir die Zusammenarbeit und Vernetzung antifaschistischer Strukturen, Vereine, Zusammenschlüsse, Zentren und Privatpersonen in Bayern fördern. Ein weiteres Ziel ist es, die Recherche über diverse Nazistrukturen in der Oberpfalz weiter voranzubringen. Den Nazis wollen wir eine unerwünschte Öffentlichkeit bescheren sowie eine Anlaufstelle für Menschen etablieren, die Informationen zu den aktiven Kadern haben, gegen sie aktiv werden wollen oder Opfer von Übergriffen geworden sind. Wir wollen den aktiven Antifaschismus im ländlichen Raum weiter aufbauen. Die öffentliche Ächtung der teilweise sehr offen auftretenden Nazis fördern, ihnen Einflussmöglichkeiten und Räume nehmen. Die Prollcrew zerschlagen.
Was bisher geschah?
• Umfassende Recherchearbeit zu den entsprechenden Protagonist*Innen der lokalen Neonazi-Szene in enger Zusammenarbeit mit anderen antifaschistischen Kräften
• Eine Veranstaltungsreihe zur Veröffentlichung der Ergebnisse in Regensburg, München und Nürnberg
• Kontaktaufnahme mit Betroffenen aus der Region sowie potentiellen Aktivist*Innen
• Mehrere Aufrufe via Social Media und Flugblätter mit Erklärungen und Hintergründen
• Direkte Flugblattverteilung und Gespräche mit SchwandorferInnen auf dem Schwandorfer Bürgerfest
• Ein Schwandorfer Tattoo-Studio, in dem ein lange als Mitglied der Prollcrew bekannter Mann arbeitet, wurde – offenbar von AntifaschistInnen – markiert. Der Inhaber des Studios ist ein früher im Freien Netz Süd sehr aktiver Geschäftsmann, der sich nach der Sprühaktion als Ex-Nazi outete, der mit seiner Vergangenheit gebrochen habe. Der bei ihm arbeitende Tattoo-Künstler distanzierte sich kurz nach der Markierung des Studios auf Facebook deutlich von seiner jüngsten Vergangenheit und von der Prollcrew – er war nicht der einzige der die Prollcrew in diesen Tagen verließ.
• Eine Woche vor der antifaschistischen Demonstration wurde ein Neonazi Konzert geplant. Doch diesmal entschloss sich die Polizei – vor dem Hintergrund des steigenden Drucks durch antifaschistische Kräfte – das Konzert zu verhindern, indem sie den Wirt der Gaststätte, in der die Prollcrew ihr Event plante, eine Musikveranstaltung kurzerhand untersagte.
• Es waren wohl die frustrierten Nazis, die nun nach der öffentlichen Distanzierung ihres – nun ehemaligen – Kameraden dem Tattoo-Studio in der Nacht die Scheiben einschlugen.
Besonderheiten:
• Vermutliche Weitergabe von Informationen bezüglich der Demonstration seitens staatlicher Behörden an Neonazis. Umstand und Hintergründe können hier aus Sicherheitsaspekten nicht näher erläutert werden. Ein uns namentlich bekannter Polizeibeamter spielte hierbei wohl eine entscheidende Rolle.
Auswirkungen:
Eine der weiterhin zentralen Figuren in der Schwandorfer Naziszene war Mitglied und sogar Fußball-Jugendtrainer beim SV Klardorf. Er nutzte das Lokal des Vereins auch als Veranstaltungsort für Nazikonzerte. Bereits nach diesbezüglichen Zeitungsartikeln im Jahre 2018 trennte sich der SV Klardorf von dem Nazi-Aktivisten. Entsprechende Person ist derzeit bei einem anderen lokalen Fußballverein aktiv. Derzeit gibt es ernstzunehmende Hinweise, dass jene Schlüsselfigur mit den verbleibenden Kamerad*innen aus der Prollcrew intensiveren Kontakt nach Amberg sucht, die wohl in das rechte Motorradclub-Milieu gehen. Eine etwaige Gruppenneugründung unter anderem Namen und weitere Radikalisierung stehen im Raum.
Die Demonstration unter dem Motto „Antifa in die Offensive“ trug wesentlich dazu bei, den Nazis ihre Wohlfühlzone zu nehmen. Trotz einzelner Provokationen durch Faschist*innen am Rande der Demonstration und die bewusste gewaltsame Eskalation der Polizei am Ende der Demo, kann diese doch als Erfolg gewertet werden. An dieser Stelle rufen wir zur Solidarität mit den Opfern staatlicher Repressionen auf!
Wir danken den knapp 300 Antifaschist*Innen, die uns an dem Tag der Demonstration so zahlreich unterstützt zu haben und dies auch weiterhin tun. Dies hat nicht nur in Schwandorf, sondern auch in der gesamten Region ein klares antifaschistisches Zeichen gesetzt.
Wir werden es weiter als unsere Aufgabe sehen, diesem Treiben entsprechend Paroli zu bieten. Wir danken all jenen Kräften, die es verstanden haben, gerade auch im ländlichen Raum, fernab etablierter antifaschistischer Großstadtstrukturen, ihre konkrete antifaschistische Praxis umzusetzen und die weiter ein klares Zeichen gegen Rechts setzen! Dies könnte ein Baustein für eine überregionale Zusammenarbeit sein, um dem Rechtsruck etwas entgegenzusetzen.
Wir werden weiterhin unsere Ressourcen dazu nutzen, örtliche Nazi-Strukturen zu finden, aufzudecken und zu bekämpfen.
Solidarischen Dank
Sozialrevolutionäre Aktion