Erklärung der Sozialrevolutionären Aktion bezüglich der antifaschistischen Demonstration und der polizeilichen Angriffe auf AntifaschistInnen am 27.07.2019 in Schwandorf:
Schwandorf, du hast ein Problem!
Mit großem Erstaunen nahmen wir die Pressemitteilung der Polizeiinspektion Schwandorf bezüglich der am 27. Juli stattgefundenen Demonstration zur Kenntnis.
Die uns an jenem Samstag in Schwandorf von der Polizei entgegengebrachte Repression lässt uns zutiefst an deren Rechtsstaatsverständnis sowie an dem im Grundgesetz verbrieften Recht der Demonstrationsfreiheit zweifeln.
Von Anfang an unterlagen die Teilnehmer*innen des antifaschistischen Demonstrationszuges massiver Repressalien seitens der Polizei.
Gleich zu Beginn wurde der sich auf dem Weg zur Demonstrationsstrecke befindliche Lautsprecherwagen ohne ersichtlichen Grund von der Polizei durchsucht und dabei eine Person vorläufig festgenommen. Des Weiteren wurde sämtliche anreisende Personen unter Generalverdacht gestellt, indem die Polizei systematische Kontrollen durchführte. Unzählige gepanzerte und bewaffnete Polizist*innen umstellten während dem gesamten Ablauf des Geschehens den Demonstrationszug und beengten dabei immer wieder massiv das Demonstrationsgeschehen. Die Polizei drohte an, die Technik am Lautsprecherwagen zu konfiszieren, sofern die von dort abgespielte Musik die erlaubte Lautstärke weiterhin um 3 Dezibel!!! überschreiten würde.
Trotz mehrfacher Aufforderungen wurden unmittelbar am Demonstrationsgeschehen festgestellte Neonazis nicht von der Polizei entfernt. Diese konnten völlig unbehelligt sämtliche Demonstrationsteilnehmer*innen fotografieren. Selbiges betrieben die eingesetzten Polizist*innen. Das Recht, auf eine Demonstration zu gehen, ohne dabei von Beginn an von der Polizei systematisch gefilmt zu werden, scheint es nicht mehr zu geben. Bei dem Versuch eines Demonstrationsteilnehmers, einen anwesenden Neonazi aufzufordern, das Geschehen zu verlassen griff die Polizei massiv mit Schlagstöcken ein und verletzte dabei Demonstrationsteilnehmer mit Schlagstöcken. Während des gesamten Demonstrationszuges wurde das Geschehen von örtlichen Neonazis umkreist. Die Polizei sprach in ihrem Bericht von der „Trennung der BEIDEN Lager“. Wir gehen also davon aus, dass der Polizei sehr wohl die Dimension der rechtsradikalen Szene in Schwandorf bekannt ist. Fraglich ist für uns, warum weder die Politik, noch die Polizei bisweilen deren Umtriebe keinen Einhalt geboten haben und lieber antifaschistische Demonstrationsteilnehmer schikanieren.
Anwesende Neonazis gingen soweit, dass sie sich bis auf wenige Meter der Demonstration näherten. U. a. war eine Aktivistin der Neonazis-szene mit einem Rudolf Hess Tattoo am Arm am Schwandorfer Marktplatz dabei, Portraitfotos von Teilnehmerinnen der Demo zu machen. Die Polizei weigerte sich auch hier, trotz mehrfacher Aufforderung eingesetzter Ordner, dieser Person einen Platzverweis zu erteilen.
Derartige Zwischenfälle ereigneten sich bis zum Abschluss der Veranstaltung. Ein besonders aggressiv agierender Neonazi machte gegen Ende der Demonstration sogar Fotos von Kindern, welche gemeinsam mit ihren Eltern an diesem Tage gegen örtliche Neonazis demonstrieren wollten. Derzeit sind die sogenannten „Todeslisten“ diverser Neonazistrukturen in der BRD in aller Munde. Mit Entsetzen nahmen wir die Passivität der Polizei zur Kenntnis. Gerade an diesem Tage wurde von den Rednerinnen und Rednern diverse öffentlich gewordene Verbindungen von Polizei und Verfassungsschutz in die bundesweite Neonaziszene thematisiert.
Nach Beendigung der Veranstaltung griff die Polizei unvermittelt mit zahlreichen schwer bewaffneten Beamten die anwesende Menge mit Reizgas und Schlagstöcken an, um eine Person, welche eine angebliche Ordnungswidrigkeit zu Beginn der Demonstration begangen haben soll, festzunehmen. Diverse Menschen wurden dabei teilweise erheblich verletzt.
Ebenso dreist finden wir die Darstellung, dass es Glasflaschenwürfe gegeben haben soll. Bei einem einzigen Vorfall diesbezüglich, soll es sich um eine leere Plastikflasche gehandelt haben, welche während dem massiven Polizeiangriff schwer gepanzerter und behelmter USK-Polizisten mutmaßlich geflogen sein soll. In Anbetracht der vielen Verletzten auf Seiten des Demonstrationszuges sowie der von der Polizei verletzten festgenommenen Personen sehen wir überhaupt keine Verhältnismäßigkeit mehr gegeben. Wir haben den Eindruck, als wollte die Polizei mit einer bewussten Strategie der Provokation sämtlichen anwesenden Personen von Beginn an vermitteln, dass sie hier nicht geduldet werden. Die Berichterstattung der Polizei ist eine einzige Farce. Diverse anwesende Personen verschiedenster Spektren bestätigten uns dies im Anschluss.
Während zahlreiche Unterstützer*innen vor der Polizeiinspektion Schwandorf auf die festgenommenen Personen warteten, fuhren diverse Male Autos mit örtlichen Neonazis vorbei, welche unter den Augen dort anwesender Polizisten Hitlergrüße zeigten und menschenverachtende Parolen aus den Fahrzeugfenstern zum Besten gaben.
Wir werden uns auch künftig nicht abschrecken lassen, gerade in Neonazis-Hochburgen wie Schwandorf unseren antifaschistischen Protest auf die Straße zu tragen. Das Verhalten der Polizei wirft erhebliche Zweifel bezüglich der Gesinnung einiger Polizeibeamter auf. Presseberichte der Polizei unhinterfragt zu übernehmen, ist für uns kein qualitativer Journalismus. Letzte Woche erst wurde eine Statistik tatsächlich stattfindender rechtswidriger Polizeigewalt öffentlich. Vor diesem Hintergrund fordern wir die Politik in Schwandorf auf, sich auch diesem Problem zu stellen.
Zum Abschluss wollen wir noch einmal unser Entsetzen über die angewendete Polizeitaktik zum Ausdruck bringen und unsere Wut darüber wie die selbige durch völlig absurde Presseberichte ihr eigenes Vorgehen zu kaschieren versucht. Weiter sind wir entsetzt über unzählige Neonazis welche auch in Schwandorf unter den Augen der Polizei Antifaschistinnen und Antifaschisten bedrohen dürfen.
Schwandorf, DU hast ein Problem.