Demo in Bamberg und was das mit Klassenkämpfen zu tun hat..
Am vergangenen Freitag organisierten Geflüchtete aus dem Bamberger Abschiebelager eine Demonstration, um auf ihre unerträgliche Situation hinzuweisen und eine Abschaffung der Lager und eine Bleibeperspektive einzufordern – lautstark und voller Energie, trotz ca 37 Grad. Gemeinsam mit AktivistInnen vom offenen internationalistischen Treffen „come—fight—stay – together“ haben wir uns aus Nürnberg an der Demo beteiligt. Ein Bericht und einige Worte dazu, warum gemeinsame Kämpfe so wichtig sind..
Nächstes offenes internationalistisches Treffen „come—fight—stay – together“:
Sonntag –- 04.08. –- 13:00 Uhr –- schwarze Katze – Untere Seitenstraße 1 – Nürnberg-Gostenhof
Rund 150 Menschen zogen laut und wütend vom Bamberger Abschiebelager die rund 4 Kilometer lange Strecke in die Innenstadt, wo eine Abschlusskundgebung vor wachsendem Publikum stattfand. Hauptthema der von den AktivistInnen aus dem Lager mitgebrachten Transparente war die ständige Schikane, Unsicherheit und Angst vor Abschiebungen und Misshandlungen im Lager – und die Forderung nach einem Leben in Deutschland. Zahlreiche Geflüchtete machten in Redebeiträgen ihrem Ärger und ihrer Wut Luft. Immer wieder war dabei das Unverständnis und die Verzweiflung über das Dublin-System (nach dem der EU statt für ein Asylverfahren zuständig ist, den ein Geflüchteter als erstes betritt) und die damit verbundene Entrechtung und Internierung in Lagern bis zur Abschiebung zentrales Thema. Die Dublin Richtlinien und die Konzeption des in Bayern weit fortgeschrittenen Lagersystems sorgt dafür, dass faktisch alle Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen wollen und nicht gerade mit dem Flugzeug gekommen sind so gut wie keine Chance haben. All diese und alle Menschen aus so genannten sicheren Herkunftsländern (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien – und alle EU-Staaten) haben laut deutscher Rechtsprechung keine Bleibeperspektive und dürfen mittlerweile bis zu zwei Jahre in den Lagern festgehalten werden. Mit allen Konsequenzen: keine Arbeitserlaubnis, keine adäquate medizinische Versorgung, keine Schule, keine Bewegungsfreiheit, keine Privatsphäre.
Wir beteiligen uns aus Solidarität und nicht zuletzt aus reiner Menschlichkeit an den Protesten und Kämpfen der Geflüchteten – aber das ist längst nicht unsere einzige Motivation. Einerseits probt der bayrische Staat mit dem Lagersystem und den massiven Schikanen und Polizeirazzien nicht zuletzt den Umgang mit „nicht integrierbaren“, also mit denjenigen Menschen, die nicht verwertbar sind oder sein wollen und in der kapitalistischen Gesellschaft keinen Platz haben. Oder sie abschaffen wollen. Viele der eingesetzten Praktiken in den Lagern lassen sich problemlos auf andere Menschen ausweiten oder ummünzen, etwa auf Obdach- und mittellose, auf psychisch Kranke oder auch auf diejenigen, die versuchen Widerstand zu organisieren.
Andererseits sind die Kämpfe der Geflüchteten, angefangen mit ihrer Flucht bis zu den Auseinandersetzungen in den Lagern, um Bleiberecht, Arbeit und gleiche Rechte nicht zuletzt Ausdruck des globalen Klassenkampfes und der imperialistischen Weltordnung. Flucht und Migration gehören von Anfang an zum Kapitalismus dazu, ohne Wanderbewegung wären die Grundbedingungen zur Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise gar nicht entstanden. Ohne die Sammlung von frei verfügbarer und verwertbarer Arbeitskraft in den Zentren keine industrielle Produktion, keine industrielle Reservearmee, keine industrielle Massenausbeutung von Arbeitskraft – und keine Mehrwertschaffung. Und auch heute lebt das imperialistische System unter anderem von den massenhaften Flucht- und Migrationsbewegungen weltweit – oder verursacht diese. Wer und welche auch immer gezwungen ist zu fliehen – in den allerwenigsten Fällen bleibt von einem vorherigen Status oder einer privilegierten Stellung in der Gesellschaft irgend etwas übrig. Die ankommenden Geflüchteten sind frei – im klassisch doppelten Sinne: möglicherweise frei von Unterdrückung, Krieg und Verfolgung, die sie möglicherweise in ihrer Heimat erlebt haben – und ausserdem frei von jeglichem Besitz, mit Ausnahme ihrer Arbeitskraft. Die lässt sich hier entweder profitabel ausbeuten, als Konkurrenzfaktor einsetzen oder zur Schließung von Lücken einsetzen – oder die gewonnene Freiheit endet mit der Abschiebung. Teil des globalen Klassenkampfes sind auch die bis zu 20 Milliarden WanderarbeiterInnen, die permanent umherziehen und ihre Arbeitskraft dort verkaufen, wo sie noch am meisten dafür bekommen oder wo sie eben gebraucht wird und ohne die in der BRD beispielsweise weder personalintensive Ernte noch der aktuelle Bauboom möglich wären.
Die mit Flucht und Migration einhergehenden Klassenkämpfe sind auch unser Kampf – wenn wir es ernst meinen mit unserem Einsatz für eine klassenlose und solidarische Gesellschaft, frei von Ausbeutung und Unterdrückung. Solidarität, gemeinsame Organisierung und gemeinsame Kämpfe – das sind unsere Mittel, um der aktuellen reaktionären Offensive etwas entgegen zu halten und die Vision einer besseren Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Mach mit – organisier dich, zum Beispiel bei „come-fight-stay-together“!
Nächstes offenes internationalistisches Treffen „come—fight—stay – together“:
Sonntag –- 04.08. –- 13:00 Uhr –- schwarze Katze – Untere Seitenstraße 1 – Nürnberg-Gostenhof