Deutsche Wohnen & co enteignen – Grüße aus Nürnberg

Im Rahmen des Antifaschistischen Stadtrundgangs durch die nürnberger Innenstadt am 27.April beteiligten sich auch die Initiative Mietenwahnsinn stoppen und organisierte zusammen mit der organisierten autonomie (OA) einen Beitrag vor dem Wohnungsamt. Dort wurde auf die sich verschärfenden Lebensbedienungen für weite Teile der Gesellschaft, den Ausverkauf der Ware Wohnraum und den nötigen Widerstand dagegen eingegangen. In diesem Zuge haben wir ein Solidaritätsfoto für die Kampagne in Berlin gemacht. Wir sind der Meinung das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und möchten den AktivistInnen viel Erfolg wünschen.
Hier noch der Redebeitrag der Initiative Mietenwahnsinn stoppen und der organisierten autonomie:

Wir stehen hier vor einem Gebäude, das wohl den größten Sprengstoff in der aktuellen sozialen Frage beheimatet:das Amt für Wohnen und Stadtentwicklung – im Volksmund Wohnungsamt. Wer bei dem Namen daran denkt, das hier Wohnungen vergeben werden, liegt jedoch falsch. Tausende Menschen auf Wohnungssuche wissen, dass hier lediglich die Wohnungsnot verwaltet wird!

Tausende sind hier gemeldet, tausende andere hätten einen Anspruch auf eine sozial geförderte Wohnung, wissen das aber nicht oder denken sich, dass sich hier zu melden ja eh nichts bringt. Und außer der statistischen Erfassung der Zahlen Wohnungssuchender ist dem in den allermeisten Fällen auch so. Nicht nur im sozialdemokratisch regierten Nürnberg wurde Wohnraum ausverkauft, privatisiert und verschleudert. Überall in den Städten der BRD das selbe Bild: die Mieten steigen ohne Ende, die Einkommen zugleich aber nicht. Im Gegenteil: Der massive Angriff auf den Sozialstaat in Form der Agenda 2010 hinterlässt seine Narben in so vielen Biografien und bedeutet für etliche Menschen Befristung, Niedriglohn, Leiharbeit, also Unsicherheit. Wenn man sich heute die Wohnung für 12€ den Quadratmeter vielleicht sogar noch leisten kann, ist die Frage ob das in drei Monaten auch noch geht. Wenn man die Miete am Anfang des Monats noch überweisen konnte, ist die Frage, wie man über das Ende des Monats kommt.

Die Folgen des Ausverkaufs der Ware Wohnraum sind existenziell. Die Privatisierungen sind ein Teil der reaktionären Offensive, in deren Zuge unser Grundbedürfnis Wohnen zum Ausschlachten frei gegeben wurde. Große Immobilienkonzerne, die auch kräftig auf dem Aktienmarkt mitmischen, erhöhen die Mieten in zynischer Zuverlässigkeit, zocken ihre MieterInnen mit systematisch falschen Betriebskosten ab und erhöhen gezielt die Rendite mit Modernisierungsmaßnahmen, die sie auf die Mieten umlegen. Das alles ist nicht etwa illegal. Sie bewegen sich damit im ganz normalen kapitalistischen Wahnsinn, in dem sich eine Minderheit auf gesetzlicher Grundlage bereichern darf während die große Mehrheit durch die selben Gesetzen von den Reichtümern, die sie selbst geschaffen haben, fern gehalten wird.

Und lange ging das für sie auch gut weil MieterInnen ihre Macht nicht erkannt haben. Kündigungen, Mieterhöhungen und Ausverkauf wurden als individuelles Schicksal verkauft und hingenommen. Geklagt, geweint und geschimpft wurde zu hause – und wird es heute auch oft immer noch. Aber es zeichnet sich eine Gegenbewegung ab: In Berlin kämpfen die Menschen schon seit Jahren um ihre Stadt und um ihre Wohnungen, um ihre Häuser und Plätze. Nach erfolgreichen Demos, Aktionen und Kämpfe gegen Immobilienhaie haben sie jetzt noch einen wichtigen Schritt in die Offensive gemacht: die Enteignung von „Deutsche Wohnen & Co“ in Form eines Volksbegehrens auf die Tagesordnung zu setzen. Wer hätte vor ein paar Jahren noch gedacht, dass heute in der Tagesschau, in den Nürnberger Nachrichten über Enteignung diskutiert wird?!

Klar, die Herrschenden sind sich weitgehend einig, dass das nicht passieren darf und weite Teile der bürgerlichen Presselandschaft stellen ihnen brav die Begleitmusik, aber dass es überhaupt als Option im Raum steht, fühlt sich an wie ein Befreiungsschlag.

Über 2 Jahre bliesen die bürgerlichen Parteien alle ins selbe Horn: Geflüchtete sollten die Sündenbockkarte für kapitalistische Wohnungspolitik herhalten und überhaupt für alles, was der Kapitalismus an Existenzängsten produziert. Spaltung und Hetze rauf und runter, damit ja niemand bemerkt, was unsere gemeinsamen Probleme und Interessen sind. In diesem Fall hat es nicht funktioniert! Zu offenkundig die Macht der Immobilienkonzerne, zu dreist die Lügen der Herrschenden. Zu flächendeckend aber auch die Misere für so viele Menschen. Es trifft nicht nur die Armen, es trifft alle, die nicht in Geld schwimmen. Und so kommt es, dass das Potenzial gegen die reaktionäre Offensive ganz massiv in der sozialen Frage liegt. Die Wohnung ist der eine Teil, der andere wird und muss sein, von was wir diese Wohnung bezahlen. Und auch da geht es voran: es wird so viel gestreikt wie selten in Deutschland. Wir stellen also nicht nur die Frage wem gehört die Stadt im Bezug auf Plätze und Häuser. Nein, wir müssen folgerichtig auch die Frage stellen, wem gehören die Betriebe und Unternehmen in dieser Stadt? Wem gehören die Erzeugnisse und wem der produzierte Reichtum? An sich ganz einfach: die Häuser denen, die drin wohnen, über die Betriebe und Unternehmen bestimmen die Menschen, die dort arbeiten und darüber wie und was produziert und gebaut werden muss, alle gemeinsam.

Lasst uns laut und mutig diese Ideen von einer Welt jenseits des Kapitalismus vertreten. Lasst uns praktisch werden und diese Welt Stück für Stück erkämpfen. Freiwillig werden die ProfiteurInnen sie uns nicht übergeben aber wir sehen, was wir für Macht haben wenn wir uns als Lohnabhängige und MieterInnen zusammen tun – entschlossen und solidarisch.

Ein konkreter Punkt, Solidarität zu zeigen, ist der Prozess einer Mietaktivistin am 2. Mai, die aufgrund eines konstruierten Aufrufs zur Besetzung vor Gericht gezerrt wird.

Wir wollen jetzt noch ein gemeinsames Foto für die GenossInnen und FreundInnen in Berlin machen um ihnen auf diesen Weg unsere Solidarität zukommen zu lassen und um ihnen hier aus Nürnberg viel Erfolg bei ihrer Initiative für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ zu wünschen!

Ob Hamburg, Nürnberg oder Berlin – die Häuser denen, die drin wohnen! Wohnraum vergesellschaften – gemeinsam in die revolutionäre Offensive. Organisiert und solidarisch hier und überall. Wir sehen uns am revolutionären 1. Mai um 11:30 Uhr am Bauernplatz.