8. März 2019 – Frauenkampf ist Klassenkampf

600 Frauen und Männer gingen heute in Nürnberg gegen patriarchale Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße. Trotz zahlreicher Regenschauer herrschte eine fröhliche und  kämpferische Stimmung.

Frauenkampf ist Klassenkampf – gegen die reaktionäre Offensive

Der 8. März ist unser Kampftag gegen patriarchale Unterdrückung und kapitalistische Ausbeutung. Dieses Datum ist untrennbar mit Streiks und Revolution verbunden. Gewählt wurde es von der internationalen Frauenbewegung in Erinnerung an die Ausstände der Petersburger Textilarbeiterinnen 1917 und die sich anschließenden Demonstrationen, die die Februarrevolution in Russland auslösten.

2018 fand in Spanien der bisher größte Frauenstreik der Geschichte statt. Fünf Millionen Menschen beteiligten sich. Auslöser waren der Zorn über patriarchale Gewalt, die in Spanien jährlich hunderten von Frauen das Leben kostet, die Wut über die im 21. Jahrhundert anhaltende Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts, die Lohnungleichheit und vieles mehr.

„Entfremdet und entwürdigt ist nicht nur der, der kein Brot hat, sondern auch der, der keinen Anteil an den großen Gütern der Menschheit hat.“ (Rosa Luxemburg)

Bei uns sind die Verhältnisse keineswegs besser. Im Gegenteil. Die bürgerliche Propaganda behauptet zwar, es sei alles auf dem besten Weg. Mit öffentlichkeitswirksamen Debatten über Frauenquoten für Chefetagen und politische Posten wird nur über einen verschwindend geringen Teil der Frauen gesprochen. Mit diesen Scheindebatten soll verschleiert werden, dass das Gegenteil für die Masse der Frauen Realität ist. Armut durch Prekarisierung und die Ausweitung der Niedriglohnbereiche treffen vor allem Frauen. Weil Frauen weniger verdienen, können sie sich allzuoft die rasant steigenden Mieten nicht alleine leisten und werden so auch ökonomisch in eine patriarchale Abhängigkeit gezwungen. Die Zahl der Opfer von Frauenmorden, die verharmlosend als „Beziehungstaten“ oder „Familientragödien“ bezeichnet werden, ist in der BRD sogar deutlich höher als in Spanien. Wie sehr das Kapital von den patriarchalen Verhältnissen hierzulande profitiert, zeigt der Gender Pay Gap, der durchschnittliche Lohnabstand zwischen Frauen und Männern, bei dem Deutschland mit 21,5 % den dritthöchsten Platz in Europa einnimmt.

Frauen die vor Krieg und Not fliehen sind besonders häufig sexueller Gewalt ausgesetzt. Verantwortlich für die weltweiten Fluchtbewegungen ist ein an Profit und Konkurrenz ausgerichtetes Wirtschaftssystem – und die Profiteure sitzen nicht zuletzt in Deutschland. Welche Heuchelei es bedeutet, wenn militärische Interventionen mit der Unterdrückung von Frauen begründet werden, wird klar, wenn wir uns bewusst machen, dass die EU-Politik, Flüchtlinge in Lagern an den Außengrenzen der Union festzuhalten, bedeutet, dass dort vielfach Frauen erneut Ziel brutaler und sexueller Gewalt, Opfer von Sklavenhändlern und von patriarchaler Willkür werden. Am bekanntesten ist dies der Öffentlichkeit im Fall der libyschen Lager, in denen Frauen systematisch vergewaltigt und wie Ware gehandelt werden.

„Die Emanzipation der Frau wie die des ganzen Menschengeschlechtes wird ausschließlich das Werl der Emanzipation der Arbeit des Kapitals sein.“ (Clara Zetkin)

Patriarchale Verhältnisse bestehen hier und weltweit also im Interesse der herrschenden Klasse und des Kapitals fort. Das Patriarchat wird folglich nicht „von oben“ und per Dekret abgeschafft werden. Nichts von dem, was wir Frauen erreicht haben, wurde uns geschenkt. Fortschritte haben allein die unzähligen Frauenkämpfen bewirkt, die für das Wahlrecht, Geschlechtergleichheit, gleichen Lohn und gegen sexuelle Gewalt und Unterdrückung geführt wurden. Im Widerspruch zu den verlogenen und medial aufgeblasenen Frauenquotenkampagnen läuft im Augenblick eine reaktionäre Offensive, die Errungenschaften wieder zurückdrängen will und strukturelle Ungleichheit leugnet. Sexismus wird allein Männern „fremder Kulturkreise“ zugeschrieben, als ob dieser in der kapitalistischen Gesellschaft nicht andauernd reproduziert und gefördert würde. Keineswegs kommt dieser Angriff nur von einschlägigen Nazikreisen und der AFD, sondern wird in unterschiedlichen Facetten auch von Parteien der sogenannten „Mitte“ mitgetragen.

Gegen diesen Plan eines reaktionären Rollbacks hilft nur unser solidarischer und starker Kampf gegen Patriarchat und Kapitalismus. Denn Patriarchat und Kapitalismus lassen sich nicht trennen. Nach patriarchaler und kapitalistischer Logik wird die Sorge- und Reproduktionsarbeit Frauen zugewiesen: Hausarbeit und Ernährung, Erziehung und Betreuung. Die Unsichtbarkeit und Abwertung dieser gesellschaftlich relevanten Arbeit und die ökonomische Abhängigkeit der Frauen sind der Kern der Machtverhältnisse und erzeugen tagtäglich patriarchale Gewalt – in allen Formen.

„Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Erst recht!“ (Clara Zetkin)

Doch im Kampf gegen diese Verhältnisse sind Frauen keineswegs im Rückzug begriffen. Der Frauenstreik in Spanien ging weit über symbolischen Protest hinaus. Eine riesige Zahl an Frauen blieb der Arbeit fern. Unter anderem wurde der öffentliche Nahverkehr, das Erziehungswesen und natürlich auch die Hausarbeit bestreikt. Auch in Deutschland standen in der jüngsten Vergangenheit bei den Streiks in Kitas oder in Krankenhäusern Frauen in vorderster Front. Frauen organisieren sich in der MieterInnenbewegung, wehren sich gegen Zwangsräumungen, kämpfen im Dienstleistungssektor um bessere Bedingungen und mehr Lohn.

In unseren Kämpfen machen wir die unsichtbare Arbeit sichtbar, greifen die scheinbar unangreifbaren Formen der Ausbeutung an, treten der strukturellen und der konkret und persönlich erlebten Gewalt entschlossen und gemeinsam entgegen, fegen die Ohnmacht beiseite, machen unsere Wut zur Waffe. Unser Kampf wird nicht zu Ende sein, bevor nicht jede Ausbeutung, Ungleichheit und Unterdrückung beseitigt ist, eine grundlegende Änderung der Verhältnisse, eine Revolution erreicht ist. Und diese Revolution wird feministisch sein, oder sie wird nicht sein.

Für ein kämpferisches Jahr 2019, in dem jeder Tag ein Frauenkampftag ist – Für einen Frauenstreik 2020, der die Verhältnisse zum Tanzen bringt.