Rede der organisierten autonomie auf der Demonstration des Bündnis Mai 31 am 18. Dezember 2018:
Mai 2017 Nürnberg – Schülerinnen und Schüler blockieren die Abschiebung eines ihrer Mitschüler nach Afghanistan. Hundert Menschen sterben bei einem Attentat auf die deutsche Botschaft in Kabul. Eine Hundertschaft Bereitschaftsbullen prügelt auf Schülerinnen und Schüler ein.
Polizei und Innenministerium sprechen von autonomen Gewalttätern.
März 2018 Donauwörth – Die Polizei weckt mitten in der Nacht alle Bewohner des Anker Außenlagers Donauwörth um eine Abschiebung durchzuführen. Es kommt zu verbalen Protesten. Tags darauf stürmen 200 mit 2 Meter langen Holzprügeln und Maschinengewehren bewaffnete Polizisten das Lager, sprühen Pfeffer in die Gebäude, hindern Menschen daran aus den Fenstern zu fliehen. Polizei und Innenministerum sprechen von Tumulten und Möbeln, die auf Polizisten geworfen wurden.
August 2018 Donauwörth – 250 Polizisten stürmen das Lager erneut, um nach gefährlichen Gegenständen zu suchen. In zwei Zimmern jeweils ein Butter- bzw. Brotzeitmesser gefunden.
Die Polizei und das Innenministerium meldet den Fund gefährlicher Gegenstände und spricht von mehreren Messern, die der Bewaffnung dienten.
Oktober 2018 Fürstenfeldbruck – Die Polizei versucht nach einem Streit einen Mann in Gewahrsam zu nehmen. Seine Ehefrau versucht die Beamten aus Angst vor einer Abschiebung aufzuhalten. Vier Tage später stürmen 100 schwer bewaffnete Bullen das Lager. Polizei, Presse und Innenministerium sprechen von nigerianischen Bandenstrukturen.
Oktober 2018 Stephansposching – Bei einer nächtlichen Abschiebung in Stephansposching solidarisieren sich die BewohnerInnen mit dem Mann. Ein Bewohner äußert Zitat „in aggressivem Ton seinen Unmut über die anwesende Polizei“. Die anderen Bewohner blockieren nach seiner Festnahme die Abfahrt des Polizeiwagens ohne Gewalt einzusetzen. Tags darauf stürmen über 200 schwerbewaffnete Bullen das Lager. Die Polizei spricht von Zusammenrottungen und massiven Sicherheitsstörungen.
Dezember 2018 Bamberg – Im Lager Bamberg kommt es in Block 6 zu Ruhestörungen. Die Securities gehen gewalttätig gegen BewohnerInnen vor, als diese sich verteidigen rufen die Sicherheitler die Polizei. Mehrere Hundertschaften und das SEK rücken an. Aus bislang ungeklärten Gründen bricht ein Feuer aus. Beamte versperren die Fluchtwege. 10 Bewohner erleiden eine Rauchvergiftung. Die Polizei spricht von Tötungsabsichten der Geflüchteten.
Seit Beginn dieses Jahres rüsten Polizei und Innenministerien in der BRD verbal und praktisch auf, um Geflüchtete und ihre UnterstützerInnen zu stigmatisieren und kriminalisieren. Der Staat setzt alles daran, Geflüchtete zur freiwilligen Rückkehr zu zwingen und ein Signal in die Welt zu senden: wer hierherkommt, findet keinen Schutz, keine Sicherheit. Dasselbe Ziel verfolgt die rigide Abschiebepolitik und die Brutalität, mit der sie durchgesetzt wird:
Wenn bewaffnete Männer Frauen im Nachthemd aus dem Bett schleifen und über die Straße zerren, so dass sie zutiefst gedemütigt, blutend und mit Hämatomen übersät im Zielland ankommen dann ist das deutsches Asylrecht.
Wenn Menschen ohne ihren Rollstuhl oder ihre Beinprotesten in ein Flugzeug gezwungen werden, um in ein Land abgeschoben zu werden, in dem nicht einmal ihre gesundheitliche Versorgung sicher gestellt ist – dann ist das deutsches Asylrecht.
Wenn Kinder 8 Stunden lang nicht aufs Klo gelassen werden und komplett vollgeschissen und eingepisst ankommen, wenn Jugendliche versuchen sich selbst zu töten, damit sie nicht in einem Flugzeug nach Kabul geschickt werden – dann ist auch das deutsches Asylrecht. Und es passiert jeden Tag.
In der Öffentlichkeit herrscht ein anderes Bild: die Einsätze in Lagern und bei Abschiebungen transportieren eine ganz einfache Botschaft: Flüchtlinge = Gefahr = SEK = Terroristen.
Der deutsche Staat dreht immer weiter an der Spirale der Angst. Und gegen diese Angst setzt derselbe Staat dann Polizeigesetze, Lager, Leitkultur, Überwachung und Kontrolle. Auf dem Rücken der Geflüchteten wird ein totalitärer Staat aufgebaut, in dem es besser ist, still zu halten, wenn Armut trotz Lohnarbeit um sich greift, Mieten explodieren, das Gesundheits- und Pflegesystem zunehmend zusammenbricht und ein paar Wenige immer mehr Profite einfahren.
Der deutsche Staat treibt die Spirale der Angst an – und betreibt das gleiche Geschäft, das offen auftretende Faschisten zu ihrer Strategie erklärt haben. Die faschistische Möchtegern Schutztruppe der NPD, die seit einigen Wochen in Nürnberg umhermarschiert folgt genau demselben Muster, dass der Staat gegen Geflüchtete anwendet. Sie schüren Ängste, verbreiten Lügen und verunsichern die Bevölkerung – um sich dann als starke Hand zu präsentieren, die Schutz vor all den vermeintlichen Gefahren anbietet. Die Politik von FaschistInnen und deutscher Regierung steigert sich wechselseitig immer weiter hoch – und der parlamentarische Staat mauert wieder einmal das Fundament für den aufkommenden Faschismus.
Und nicht nur dass: Staat und Faschisten marschieren offenkundig Hand in Hand. Im Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr organisieren sich faschistische Strukturen und legen Waffen- und Munitionsdepots für den Tag X an – ebenso wie Listen von politischen Gegnern die es im Moment der Machtübernahme zu eliminieren gilt. Die Kriegsministerin gibt sich ahnungslos. In der Frankfurter Polizei etabliert sich ein Netzwerk von FaschistInnen, dass sich NSU 2.0 nennt und Todesdrohungen ausspricht – die Polizeiführung mag es gar nicht glauben. Und der Verfassungsschutz schreibt weiter Listen von potentiellen GegnerInnen und bezahlt Nazis für den Aufbau ihrer Strukturen.
Machen wir uns nichts vor: die Gefahr des aufkommenden Faschismus ist zum greifen nah. Die rassistische Ideologie, die Strassenpräsenz militanter Nazis, der Aufbau eines Lagersystems, völkisch nationale Gesetze, der patriarchale Rollback im Familien- und Frauenbild – all das ist real und findet genau jetzt statt. Und wieder einmal weiß niemand von nichts: one klick bestellung instagramm, Rausch und Vergnügen – die goldenen zwanziger sind zurück und heiter steuert Deutschland auf den totalitären Staat zu. Ob den letzten Endes die offen auftretenden Faschos errichten oder die bürgerlichen Parteien ist dabei scheissegal.
Das heute schon herrschende Recht ist schon längst Unrecht. Die Wurzeln des Faschismus reichen tief. Sie halten ein politisches und wirtschaftliches System, dessen Ziel der höchstmögliche Profit einiger weniger ist. Diese Wurzeln zu vernichten muss unser Ziel bleiben, wollen wir eine Welt des Friedens und der Freiheit als Zukunft haben. Kämpfen wir gemeinsam dafür – denn die Alternative ist nichts weniger, als die Barbarei, die heute schon überall aufblitzt. Kommt mit uns auf die Straße – nächstes Mal am kommenden Samstag, dem 22.Dezember um 14:00 Uhr in Gostenhof, gegen Schutzzone und reaktionäre Hetze!
Schluss mit Kriminalisierung und Isolation!
Schluss mit der Politik der Angst und der Faschisierung der Gesellschaft!
Für eine Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung! Für die soziale Revolution!