Der 8. März ist seit über 100 Jahren ein Tag des Kampfes der Frauen auf der ganzen Welt. Und es sind so viele Kämpfe, die Frauen in der aktuellen Lage der sozialen Verschärfungen, des Rechtsrucks und der alltäglichen kapitalistischen Krise auszufechten haben. Auch nach über 100 Jahren müssen sie nach wie vor Kämpfe gegen Abtreibungsverbote austragen, nach wie vor werden sie in Kriegen und Bürgerkriegen zur Zielscheibe patriarchaler und sexualisierter Gewalt und nach wie vor ist der systematische Mord an Frauen weltweit Alltag.
Alleine in der BRD werden pro Jahr etwa 200 versuchte Morde und rund 150 vollendete Tötungen von Frauen registriert. In den Medien ist dann von „Familiendramen“, „Beziehungstaten“ oder „Ehrenmord“ die Rede. Im Kern sind sie aber schlichtweg eines: Morde an Frauen als Folge eines strukturellen patriarchalen Machtverhältnisses, das im kapitalistischen Wirtschaftssystem tagtäglich in Zement gegossen wird.
“Entfremdet und entwürdigt ist nicht nur der, der kein Brot hat, sondern auch der, der keinen Anteil an den großen Gütern der Menschheit hat.??? – Rosa Luxemburg
In der klassisch bürgerlichen Familie zeigen sich diese ökonomischen Machtverhältnisse alltäglich: Männer verdienen meist mehr, haben eher einen sicheren Vollzeit-Job, bessere Karrieremöglichkeiten und sind in gesellschaftlichen Positionen präsenter. Frauen hingegen leisten den größten Teil der unbezahlten und unsichtbaren gesellschaftlichen Sorge-Arbeit: zu Hause. Sie sollen die zukünftigen Arbeitskräfte gebären, sollen sie anschließend aufziehen, sich um den Mann kümmern und seine Arbeitskraft wiederherstellen. In der kapitalistischen Logik ist der Mann somit auch mehr wert, weil er vermeintlich mehr zur Schaffung des wirtschaftlichen Profits beiträgt – also zu den Gewinnen der KapitalistInnenklasse. Dennoch sind Frauen in der klassischen bürgerlichen Familie häufig gezwungen, zum Verdienst „beizutragen“, damit die Familie über die Runden kommt. Dadurch sind sie einer Mehrfachausbeutung im patriarchalen Kapitalismus ausgesetzt. Alleinstehende Frauen haben häufig immense Schwierigkeiten, ihre Arbeitskraft überhaupt zu annehmbaren und existenzsichernden Bedingungen zu verkaufen. Klassische Frauenberufe sind in der Regel schlecht bezahlt, und es sind überproportional viele Frauen, die zu Armutslöhnen im Bereich der prekären und irregulären Arbeit schuften müssen. Dadurch bleiben sie in der Regel ökonomisch abhängig – wenn nicht vom Partner, dann vom Staat und dürfen sich zu schlechter Letzt auf eine Rente am Existenzminimum freuen!
Der weitgehende Ausschluss von Frauen von gesellschaftlich relevanten Positionen, die Unsichtbarkeit und Abwertung der gesellschaftlich relevanten Reproduktions(=care)arbeit und die ökonomische Abhängigkeit sind der Kern des oben genannten Machtverhältnisses und erzeugen tagtäglich patriarchale Gewalt – in allen Formen. Die mittlerweile durchaus vorhandene Präsenz von Frauen an tatsächlichen oder vermeintlichen Machtpositionen ändert dabei an der strukturellen Lage der Frauen in der patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft nichts.
Armut ist weiblich – Wohnungsnot auch!
Seit ein paar Jahren macht ein Problem den alltäglichen Kampf der Frauen noch erdrückender: die Wohnungskrise. Die Ware Wohnraum ist bei InvestorInnen heiß begehrt, weil über die Mieten hohe Renditen abzugreifen sind. In Zeiten von Nullzinspolitik ein attraktives Geschäft mit dem lebenswichtigem Gut, auf das wir alle angewiesen sind. Dies ist nur möglich da die herrschende Wohnungsmarktpolitik einzig an Profitinteressen orientiert ist und nicht am tatsächlichen gesellschaftlichen Bedarf.
Horrende Mieten und kaum bezahlbarer Wohnraum sind für Frauen noch problematischer als für viele Männer. Selbstverständlich betrifft das nur Männern und Frauen der ArbeiterInnenklasse. Für reiche Menschen ist das kein Problem. Für sie entsteht ausreichend neuer Wohnraum und trotz allgemein explodierender Mieten müssen sie im Schnitt nur rund 17% ihres Einkommens für die Luxusware Wohnen aufwenden, während es bei GeringverdienerInnen bis zu 50% sind. Durch ihre Rolle als Niedriglohn-ArbeiterInnen im Kapitalismus sind Frauen hiervon natürlich überproportional betroffen.
Wohnst du noch oder kämpfst du schon?
Die Wohnungssituation stellt für viele Frauen ein Verschärfung der Abhängigkeit von ihrem Partner im patriarchalen Kapitalismus dar: Frauen sind häufig gezwungen mit ihrem Partner zusammen zu ziehen, weil sie sich die teuren 1-2 Zimmer Wohnungen nicht alleine leisten können, aber den Eltern oder der alten Beziehung ausziehen wollen oder müssen. Sie bleiben gar in gewalttätigen Beziehungen, weil sie mit kleinem Einkommen oder sogar Sozialleistungen auf dem freien Wohnungsmarkt keinerlei Chance haben. Zu stark die Konkurrenz, zu sehr können sich die VermieterInnen aussuchen, wen sie wollen. Alleinerziehende Frauen mit Kindern, die vielleicht auch noch abhängig vom Jobcenter sind, oder gar Migrantinnen stehen da am Schluss der Konkurrenzkette. Frauenhäuser bieten betroffenen Frauen an sich Schutz, sind jedoch auch immer mehr im Strudel der kapitalistisch produzierten Wohnungskrise gefangen. Frauenhäuser in der BRD müssen im Schnitt jede zweite Frau abweisen weil sie voll belegt sind. Zum einen weil in ganz Bayern für 10.000 Einwohnerinnen nur 1 Platz vorgesehen ist. Zum anderen weil die Bewohnerinnen keine Wohnungen finden und somit immer länger in den Schutzunterkünften bleiben müssen. Eigentlich handelt es sich um eine akute Notunterbringung, die den Frauen den Weg in ein neues Leben ermöglichen soll. Nach ein paar Monaten benötigen viele diese Hilfe nicht mehr, können aber nicht ausziehen. Nicht wenige bringt diese Situation so zum verzweifeln, dass sie resigniert den Weg zurück in die alte gewalttätige Beziehung antreten, bevor sie und die Kinder auf der Straße sitzen.
Wir Frauen können uns den Kapitalismus und seine Wohnungsnot schon lange nicht mehr leisten!
Der Sozialkahlschlag trifft auch in diesem Bereich Frauen verstärkt. Noch mehr als Männer der lohnabhängigen Klasse würden ihnen nicht-profitorientierter Wohnungsbau, höhere Einkommen und sichere Jobs nutzen. Aber das Gegenteil ist der Fall – auch hier vor Ort. Die Stadt Nürnberg betreibt Privatisierung, verscherbelt die letzten Freiflächen und Wohnungen in städtischen Besitz und sieht ein frauenspezifisches Wohnproblem nicht einmal im Ansatz. Der Freistaat Bayern legt auf Landesebene noch einen drauf und verhökerte Tausende Wohnungen der einstigen Genossenschaft GBW an den Immobilienhai Partrizia AG – inklusive Schwarzgeldskandal unter Mitwisserschaft des damals zuständigen Ministers Söder. Die CSU nutzt den öffentlichen Aufschrei gegen Sexismus, ebenso wie die AfD, lediglich um ihre rassistische Hetze voranzutreiben und erachtet es zugleich nicht einmal für notwendig, den Schlüssel für Frauenhausplätze anzuheben. Zeitgleich zeigen die Koalitionsverhandlungen einmal mehr, dass die Kapital-FreundInnen der SPD/CDU/CSU einen Teufel tun werden, um zu Ungunsten der Unternehmen zu handeln. Wir alle sollen weiter bluten, in unsicheren Jobs wenig verdienen um damit hohe Gewinne für die KapitalistInnen zu realisieren. Und wir sollen weiterhin horrende Mieten abdrücken, um KapitalistInnen hohe Renditen zu ermöglichen.
Wenn wir wollen, dass alles anders wird, müssen wir das schon selber machen!
Frauen sind hierbei nicht nur die Opfer ihrer Verhältnisse. Ihr Alltagskampf macht sie zu mutigen und entschlossenen Kämpferinnen wenn es darauf ankommt. Nicht nur in den Bergen Kurdistans können wir sehen, wozu Frauen in der Lage sind, wenn sie die Welt verändern wollen: Auch in Amerika gegen Rechtsruck und Antifeminismus, in Polen gegen Abtreibungsverbote, beim Widerstand geflüchteter Frauen gegen Abschiebung und Schikane in Deutschland und in Spanien gegen Zwangsräumungen und Wohnungsnot, um nur einige Beispiele zu nennen.
Frauen erkennen weltweit, dass sie sich selbst für ihre Interessen einsetzen müssen – gemeinsam und solidarisch mit allen Ausgebeuteten und Unterdrückten weltweit. Niemand sonst wird das für sie tun, weil das kapitalistische System von der patriarchalen Unterdrückung der Frau auf allen Ebenen profitiert. Der Kampf gegen Wohnungsnot, der Kampf gegen Niedriglohnarbeit, der Kampf gegen das Patriarchat ist folglich auch immer der gemeinsame Kampf gegen den Kapitalismus selbst. Eine Befreiung von dem einen, ohne eine Zerstörung des anderen kann und wird es nicht geben.