14.05.2016 um 19:30 Uhr im Archiv&Bibliothek Metroproletan
Eine Lesung von und mit Martin Weiß-Paschke
Nürnberg 1933 – nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wird Nürnberg zu einer der wichtigsten Städte im „Deutschen Reich“. In „des Reiches Schatzkistlein“ veranstalteten die Nazis nicht nur ihre propagandistischen Reichsparteitage oder erließen die „Nürnberger (Rassen-)Gesetze“, auch eines der wichtigsten Hetzmedien, der Stürmer, wurde in Nürnberg verlegt und gedruckt. Neben den Propagandainstrumenten der Nazis waren in Nürnberg auch bedeutende Teile der für den Krieg wichtigen Industrieunternehmen ansässig, wie beispielsweise die Fa. Diehl, MAN oder die Schuckert-Werke (heute Siemens). Nach der Befreiung erfuhr Nürnberg weiter internationale Beachtung durch die sogenannten Nürnberger Prozesse gegen die Nazikriegsverbrecher. Doch wie erlebte eigentlich die Bevölkerung diese Zeiten?
Dieser Frage nähert sich der Autor Martin Weiß-Paschke auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise, nämlich mithilfe des Genres des historischen Kriminalromans. In seinen drei Büchern „Reichsparteitag“, „Luftlage“ und „Verhandlung“ führt er die LeserInnen auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Seine Romane beschreiben eindrücklich die Lebensweise der Nürnberger Bevölkerung von Beginn des Nationalsozialismus über die Bombardierung der Stadt bis hin zum Leben nach der Kapitulation des Dritten Reiches. Die beiden Romanfiguren Kommissar Scheuerlein und dessen Assistent Züge stoßen in ihren Mordermittlungen immer wieder auf die gesellschaftlichen Abgründe, die der Nationalsozialismus mit sich brachte. Geschickt verknüpft der Autor historische Zusammenhänge und Handlungsstränge, welche die tiefe Verwurzelung der deutschen Bevölkerung in der NS-Ideologie widerspiegeln. Die von ihm geschilderten Begebenheiten muten zu Beginn fast beiläufig an, offenbaren jedoch bei näherer Betrachtung, dass sie ganz bewusst stilistisch ausgewählt wurden, um den Wahnsinn des Nationalsozialismus darzustellen: Sei es die Bekanntschaft der beiden Protagonisten mit SA-Truppen während des Reichsparteitages, das Einkaufen von Kommissar Scheuerlein am Hauptmarkt oder beim Karpfenessen in der Fischküche Rackl. Auch die eigenen Widersprüche zwischen Opferhaltung und Täterbewusstsein der Hauptcharaktere werden pointiert herausgearbeitet und vermitteln zugleich den LeserInnen einen interessanten Einblick in das deutsche Bewusstsein, welches bis heute seinen Niederschlag findet.
Um die Erinnerung wach zu halten aber auch um zu mahnen, welche Konsequenzen diese gefährliche gesellschaftliche Mischung aus borniertem Spießbürgertum, der Idealisierung von Eliten, die Macht und Stärke repräsentieren, protestantische Wertvorstellungen und völkische Ideologieversatzstücke verkörpern, haben kann, laden wir alle Interessierten zur Lesung von und mit Martin Weiß-Paschke am 14.05.2016 um 19:30 Uhr ins Archiv&Bibliothek Metroproletan (Eberhardshofstr. 11, Nürnberg) ein.