8. März- Eine Frau die kämpft ist eine Frau die lebt

Eine Frau die kämpft, ist eine Frau die lebt!

Feministischer Kampf und die Befreiung der Frau sind Themen die nur noch wenig in der deutschen Öffentlichkeit vorkommen. Die Anfang des Jahres entbrannte Debatte scheint diese Themen wieder zu beleuchten. Die Ereignisse in Köln, in der Silvesternacht und vor allem die öffentliche Reaktion machen jedoch deutlich, wie mit Sexismus und Gewalt gegen Frauen in Deutschland umgegangen wird. Auf der Kölner Domplatte wurden in der Silvesternacht mehrere Dutzend Frauen massiv sexuell bedrängt. Als diese sich bei der Polizei meldeten, wurden diese zunächst mit Aussagen wie „Passen sie auf ihre Wertgegenstände auf“ oder „Halten sie sich von alkoholisierten Männern fern“ vertröstet. Als sich die Beschwerden häufen, versucht die Polizei den Platz zu räumen und konzentriert sich vor allem darauf, eingegangenen Anzeigen wegen Diebstählen nach zu gehen. Am nächsten Tag, dem 01.01.16 wird öffentlich, dass die sexuelle Gewalt gegen Frauen am Silvesterabend massiv und massenhaft ausartete, doch die Polizei diese kaum beachtete. Dieses Verhalten der Beamten verwundert nicht, da die Polizei weder Freund noch Helfer ist. Erst im Nachhinein versucht die Polizei die Täter Ausfindig zu machen. Doch geht es hier weniger darum den zu Schaden gekommenen Frauen Genugtuung oder einen seelischen Ausgleich zu verschaffen. Es geht um politisches Kalkül, da schnell propagiert wird, die Angreifer seien „Asylbewerber“ aus dem arabischen und Nord afrikanischen Raum. Auch die öffentliche Reaktion, welche den in der Gesellschaft verankerten Sexismus angreifen sollte, konzentriert sich darauf, geflüchtete Männer generell als Sexualstraftäter darzustellen und Angst vor Geflüchteten zu schüren. So wird dieser Vorfall genutzt, um einen Keil in die Gesellschaft zu treiben und vom eigentlichen Thema abzulenken: Sexismus und Gewalt gegen Frauen sind Alltag in diesem Land. Statt einen realitätsnahen Diskurs über Sexismus anzuregen, strebt die Politik Verschärfungen im Asylrecht an. So dient dieser Vorfall der Politik dazu Flüchtende, so schnell wie möglich, wieder in ihre von Krieg und Krise gebeutelten Herkunftsstaaten abzuschieben.

Rassismus als Antwort auf Sexismus

Die aktuelle Debatte fördert dabei nicht alleine die Verbreitung von rassistischen Vorurteilen. Das veraltete Bild des „typischen“ fremdländischen sexual Täters dient ebenso der Aufrechterhaltung von sexistischen Machtverhältnissen. Denn dem bedrohlichen „Fremden“ begegnet Frau ja nur außerhalb der eigenen vier Wände. Damit wird den Frauen propagiert, dass sie solange sie ausschließlich eben nur dort verkehren, nichts zu befürchten hätten. Schließlich wird Sexismus und Frauenfeindlichkeit, durch die aktuellen Debatte in der breiten Öffentlichkeit vor allen als ein Problem in den muslimisch geprägten Kulturen gesehen. In unserer westlichen Gesellschaft werden diese Missstände mittlerweile zu vergangenen Relikten erklärt. Die Realität sieht allerdings anders aus. Heute wie damals gehören Sexismus und patriarchale Machtstrukturen zum Alltag und beeinflussen diesen maßgeblich. Selbst die veralteten Besitzverhältnisse zwischen Mann und Frau sind oftmals noch Teil der Norm. Immerhin gilt in Deutschland seit nicht einmal 20 Jahren (1997) Vergewaltigung in der Ehe als strafbar. Und die Verfolgung dessen bleibt unwahrscheinlich. Zu tief wurden diese Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft zementiert. Das Verbreiten des Vorurteils, Sexualstraftäter seien meistens Migranten oder Flüchtlinge, stärkt jene Besitzverhältnisse in dem es dabei hilft, Frauen als schützenswertes Objekt und Eigentum vor dem Fremden darzustellen. Das wirkt sich natürlich auch auf unsere Rechtsprechung aus. Angela Davis schreibt in „Rassismus und Sexismus“:

In den Vereinigten Staaten und in anderen kapitalistischen Ländern waren in der Regel die Gesetze gegen Vergewaltigung ursprünglich zum Schutz der Männer aus den Oberschichten, deren Töchter und Frauen angegriffen werden könnten, erlassen worden. Was mit den Frauen aus der Arbeiterklasse geschah, war gewöhnlich für die Gerichte von wenig Belang. Eine Folge davon ist, dass bemerkenswert wenig weiße Männer wegen sexueller Gewalt, die sie an diesen Frauen verübten, belangt wurden.“ (Angela Davis: Rassismus und Sexismus, 1982)

Davis macht hier nicht nur auf die rassistische Struktur der Verfolgung sexualisierter Gewalt aufmerksam, sondern auch, dass diese Verfolgung mit der Aufrechterhaltung einer Klassenordnung zu tun hat. Es gilt das Eigentum und die Rechte der Privilegierten zu sichern und eben nicht die Rechte der Minderprivilegierten. Aufgrund dessen wird den mangelnden Schutzvorrichtungen vor sexualisierter Gewalt, mit denen zur Zeit Flüchtlings-Frauen in den Lagern zu kämpfen haben, genau so wenig Interesse geschenkt, wie den von Einheimischen verübten Sexualdelikten.

Sexismus ist kein Migrationsimport!

Ratschläge, welche momentan von so manchen sich selbst zu Frauenrechtlern ernannten konservativen PolitikerInnen erteilt werden, wie etwa immer genügend Abstand zu Fremden (insbesondere Ausländern) zu halten, bestärken genau solche diffusen Täter Mythen und lenken von den tatsächlichen Missständen ab. Die meisten Fälle von sexuellen Missbrauch oder Gewalt gegen Frauen im Allgemeinen, finden im eigenen sozialen Umfeld statt. Auch auf öffentlichen Veranstaltungen und Massenversammlungen sind sexistische Übergriffe ganz sicher kein Migrationsimport. Bei Volksfesten wie dem Kölner-Karneval oder dem Oktoberfest überschlagen sich die Meldungen von sexuellen Übergriffen jedes Jahr. Beim Oktoberfest schätzt man die Dunkelziffer der Vergewaltigungen pro Jahr auf über 100 und da ist alles, was unter sexueller Belästigung gefasst wird, noch nicht einbegriffen. Das es deshalb trotzdem nicht jedes Mal wieder zu einen medialen Massenaufschrei kommt, verwundert nicht. Schließlich handelt es sich bei den Tätern hierbei meist um besoffene weiße Deutsche und die passen ja bekanntermaßen nicht in das Bild des typischen Vergewaltigers. Letztlich wird durch solche Denkmuster ein reaktionäres Frauenbild reproduziert und eine kollektive gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Sexismus verhindert. Und das trägt alles Andere als zu einer Stärkung von Frauenrechten bei!

Die Rechte und die Entrechtung der Frau!

Genauso wie reaktionäre Gruppen, Parteien und Strömungen in der Gesellschaft, welche alles daran setzen, die Frau zu unterjochen und sexistische Rollenbilder zu stärken. Das Spektrum reicht von Nazis, welche die Frau als „Geburtenmaschine“ und Hausfrau sehen, über CSU PolitikerInnen, welche Feminismus als unnötig und schwachsinnig bezeichnen, bis hin zu einer erstarkenden maskulinistischen Bewegung, die Emanzipation als Gefahr für den Mann sieht und den Mann als schwaches Opfer weiblicher Hinterlist darstellen will.

Nach den Ereignissen in Köln rufen immer mehr rechte Organisationen und Parteien wie PEGIDA, AfD oder NPD nach mehr Schutz für Frauen und deren Rechte. Dies verwundert, da genau dies Gruppierungen ein extrem sexistisches und reaktionäres Frauenbild vertreten. So propagiert der NPD Leipzig Kandidat Naumann 2009 die Frau als „Mutter des Volkes“ und sieht Frauen als nichts anderes als Reproduktionsobjekt. Dies steht in der Tradition der NSDAP welche Frauen als billige Arbeitskräfte und Mutter sah.

Auch in den mitte-rechts Parteien wie der CSU herrscht das Bild der Frau als dem Mann unterwürfiges Heimchen am Herd. Nach Außen wird so getan, als gäbe es bereits Gleichstellung von Frau und Mann, doch eigentliche wird jede Frau die nicht in das Rollenbild der CSU passt, diskreditiert und als verrückt oder hysterisch dargestellt. Es wundert nur wenig, dass diese Partei 1997 darüber abstimmte, ob Vergewaltigung in der Ehe weiterhin straffrei sein sollte. Einer der Befürworter dieses veralteten Artikels war der jetzige Ministerpräsident Horst Seehofer.

Aus beiden oben genannten Spektren strömen gerade Männer wie Frauen einer Bewegung zu, welche den Mann als Opfer des Feminismus darstellt: die Maskulinisten. Diese Gruppierung dreht den Spieß kurzerhand um und sieht den Mann der Frau gegenüber benachteiligt. Es werden sich Sparten wie z.B. der ErzieherInnen Beruf herausgepickt und darüber geklagt wie weiblich dominiert dieser Bereich sei, ohne zu erwähnen wie junge Frauen in soziale Berufe gedrängt werden und wie wenig Anerkennung sie hierfür erhalten; Sowohl materieller als auch gesellschaftlicher Art. Weiter wird propagiert, dass die feministische Bewegung dem Mann seine Männlichkeit rauben würde ohne zu beachten, dass der Mann der Frau über Jahrhunderte hinweg die Freiheit und Selbstbestimmung raubte und dies immer noch vorantreibt. Das Patriarchat, welches die Herrschaft des Mannes über die Frau bezeichnet, ist immer noch ein großer Teil der kapitalistischen Weltordnung und kann nicht geleugnet werden. So verdienen Frauen im durchschnitt schlechter als Männer, haben schlechtere Aufstiegschancen, sind fast allein für die Reproduktionsarbeit (z.B Haushalt, Kindererziehung, Verwaltung der Familie) zuständig, müssen sich täglich mit Sexismus konfrontiert sehen und werden dann auch noch durch Maskulinisten als Profiteure dieses Systems dargestellt. All diese Kräfte treiben mehr denn je einen gesellschaftlichen Rechtsruck voran, welcher Hand in Hand mit einem reaktionären Frauenbild geht. Dies bemerkt man nicht zuletzt an den jüngsten Erscheinungen wie PEGIDA, Genderkongressen und größer werdenden christlich-fundamentalistischen Bewegungen, wie dem Tausend Kreuze Marsch.

Wir kämpfen zusammen für die Freiheit

Die aktuellen Entwicklungen machen einmal mehr klar, wie wichtig es ist den Kampf gegen Sexismus und Patriarchat weiter zu führen. Trotz der Errungenschaften vergangener Frauenbewegungen sind wir ebenfalls in unserer westlichen Gesellschaft noch sehr weit von einer tatsächlichen Gleichberechtigung der Geschlechter entfernt. Eine angemessene Reaktion gerade auf solche Ereignisse wie in der Kölner Silvesternacht sollten nicht etwa rassistische Ressentiments und diffuse Vergewaltigungsmythen sein, sondern die Forderung nach einer verstärkten kritischen Betrachtung sexistischer Gewaltstrukturen und Männlichkeitsbilder. Es fehlt immer noch an Aufklärung und Bildung von jungen Frauen und noch viel mehr bei jungen Männern, welche ebenso ihren Teil dazu beitragen müssen, die Gleichberechtigung in der Gesellschaft Realität werden zu lassen.

Zudem ist es schon lange überfällig, dass wir uns wieder zusammen schließen und Bewegungen bilden um gemeinsam an den gegenwärtigen Verhältnissen etwas zu ändern. Vieles bereits Erkämpfte droht angesichts des aufkeimenden Rechtsrucks in Politik und Gesellschaft wieder unterzugehen. Gerade junge Frauen sehen die Notwendigkeit antisexistischen Engagements, durch die vorherrschende Illusion einer Gleichstellung oft nicht. Die wenigen feministischen Kämpfe in unseren westlichen kapitalistischen Staaten finden derzeit nur sehr isoliert, wenig präsent oder nur auf bürgerlich staatlicher Ebene statt.Wir leben vereinzelt und so sehen unsere Kämpfe auch überwiegend aus.

Es bedarf neuer Aufbrüche, die die Frauenbefreiung nicht einem System überlassen, das von kapitalistischer Verwertungslogik dominiert wird. Inspirierende Beispiele hierfür finden wir weltweit überall, wie z.B. die Revolution der Frauen in Rojava. In der demokratisch selbstverwalteten, in Räten organisierten Zone Nordsyriens sind auf allen Ebenen Frauen bei der Entscheidungsfindungen mit einbezogen. Sie organisieren eigene Räten und Bildungsstrukturen, führen ihren Kampf in eigenen Bataillonen gegen den Faschismus des IS (Daisch) und treiben damit aktiv den Kampf gegen das Patriarchat voran.

Solidarität mit Frauenbewegungen wie der in Rojava zu zeigen, heißt auch hierzulande die Vereinzelung zu durchbrechen und zusammen gegen die bestehenden Missstände vorzugehen!Deshalb lasst uns gemeinsam am 8. März den internationalen Frauenkampftag sowie an allen anderen Tagen auf die Straße gehen und Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Patriarchat den Kampf ansagen!!

Kampf dem Patriarchat heißt Kampf dem Faschismus jeder Art !!

Kundgebung: 8. März 16:00 ab Weißer Turm

Demo: 12. März ab 14:00 Weißer Turm