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Indymedia-Artikel: „Polizei will Route kippen“
Radio Z-Interview: „Demonstration gegen europäische Verarmungspolitik am Samstag in Nürnberg“
Info: Gegen das Teilverbot der Route wurde Klage eingereicht.
Antikapitalistischer Block | Aufsessplatz | 04.10.2014 | 12 Uhr
Von Nürnberg nach Frankfurt – die europäische Verarmungspolitik angreifen!
Die europäische Krisenpolitik der Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission, welche Millionen von Menschen in Europa in die Armut getrieben hat, besteht weiterhin fort. Innerhalb dieser Politik spielt die BRD mit ihrer Arbeitsmarkt- und Migrationspolitik eine bedeutende Rolle. Gegen diese Verarmungspolitik der EU und der BRD setzen wir den Klassenkampf von unten! Es gilt den Kapitalismus abzuschaffen! Lasst uns aus dem Herzen der Bestie ein wichtiges Signal der Solidarität an die lohnabhängige Klasse in allen Ländern senden und hier den Widerstand und den Kampf für unsere Interessen weiter vorantreiben. Dafür steht der antikapitalistische Block auf der Demonstration des Sozialforums Nürnberg am 4. Oktober 2014 zur Bundesagentur für Arbeit (BA) und zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Demonstration stellt eine Etappe der Proteste gegen die Krisenpolitik der Troika dar. Einen weiteren Höhepunkt werden diese in der BRD zur Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt finden.
Die Krise ist vorbei?! Für uns nicht!
Während die Mehrheit der Menschen in Europa nach wie vor unter den Folgen der Krise zu leiden hat, geht das deutsche Kapital als Gewinner aus der Krise hervor. Mit der Agenda 2010 wurde ein Meilenstein in Sachen Liberalisierung gelegt. Der Ausbau des Niedriglohnsektors verschaffte dem deutschen Kapital ideale Ausbeutungsbedingungen. Dadurch war es ihm möglich mit weniger Lohnkosten zu produzieren und die Mehrheit der anderen Europäischen Staaten durch billige Exporte niederzukonkurrieren. Für die Disziplinierung der Erwerbslosen sorgten die Hartz IV Gesetze.
SPD und Grüne setzten die Agenda gegen Protest von unten durch. Dabei mussten sie sich keine große Mühe geben, die Gewerkschafts-Spitze zu überzeugen, die mit ihrer sozialpartnerschaftlichen Haltung zum deutschen Kapital einen organisierten Widerstand der Lohnabhängigen erschwerte.
Bei abnehmender Tarifbindung und sozialpartnerschaftlichen Kompromissen von Gewerkschaften sinken die Reallöhne in der BRD seit Jahren bei steigender Produktivität. Mit den Hartz-Gesetzen wurde ein Drohpotenzial für die arbeitende Klasse geschaffen und mit dem Niedriglohnsektor ein institutionalisiertes Ausbeutungsparadies für das Kapital. Ziel ist es nun, diesen Angriff auf die lohnabhängige Klasse in kurzer Zeit auch in anderen EU-Ländern durchzusetzen. Auch in Deutschland ist ein Ende des Prozesses der Umverteilung von unten nach oben nicht in Sicht. Wir haben deshalb allen Grund zum Widerstand!
Warum am 4.10. in Nürnberg auf die Straße gehen?
In Nürnberg haben gleich zwei Institutionen ihren Sitz, die dem deutschen Kapital ideologisch wie auch praktisch treue Dienste leisten: die Bundesagentur für Arbeit (BA) und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Beide stehen für eine Politik der Repression. Die betroffenen Menschen werden in eine prekäre Existenz gezwungen und ihre Rechte werden massiv eingeschränkt.
Bundesagentur für Arbeit – Disziplinierung und Ausbeutung ist ihr Job
Der BA kommen mehrere Aufgaben zu, mit deren Erfüllung sie dem kapitalistischen Arbeitsmarkt und somit dem Gesamtinteresse des deutschen Kapitals dient. Zum einen ist sie für die Repression gegen Erwerbslose zuständig. Sie lässt keine Gelegenheit aus, den Druck auf diejenigen zu erhöhen, für die entweder gerade keine Verwendung ist, oder auf die, die sich der Leitlinie „Arbeit um jeden Preis“ nicht beugen.
Die BA sorgt durch Planung, Richtlinien und Verfahrensanweisungen dafür, dass sich Erwerbslose der zunehmenden Ausbeutung nicht verweigern können und ihnen weitere Rechte entzogen werden. Vor Ort setzen die Jobcenter mittels Sanktionen und Kürzungen die Vorgaben der BA durch. Unter dem Deckmantel der Rechtsvereinfachung werden aktuell Verschärfungen vorbereitet.
Doch die BA ist nicht nur für Zwangsmaßnahmen gegen Erwerbslose zuständig. So wird in gemeinsamen Arbeitskreisen mit Arbeitgeberverbänden und Regierungsmitgliedern die Arbeitsmarktpolitik in eine für das Kapital profitable Richtung gesteuert. Immer wieder jongliert die BA mit Zahlen herum, korrigiert am laufenden Band ihre Statistiken und verschafft Vorstößen der bürgerlichen Parteien somit ideologische Schützenhilfe.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum Beispiel ist ein Forschungsinstitut, das der BA angegliedert ist. Mit Studien und Stellungnahmen zu Leiharbeit, zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, zu Minijobs oder zum Renteneintrittsalter liefert das Institut den bürgerlichen Parteien immer wieder Argumente, mit denen sich die Fortsetzung des neoliberalen Kurses und die Umgestaltung des Arbeitsmarktes rechtfertigen lassen.
Konsequenterweise fördert die BA als Institution des bürgerlich kapitalistischen Staates prekäre Beschäftigung, indem sie Arbeitslose zwingt, sich auf jede Beschäftigung zu bewerben, sei sie auch noch so ungesichert oder geringfügig. Das gepriesene deutsche Jobwunder wäre ohne die Bundesanstalt nicht denkbar gewesen: Ein Jobwunder, das bedeutet, dass heute ein Viertel aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor arbeiten. Ein Jobwunder, das vor allem MigrantInnen, Frauen und sogenannten Geringqualifizierten ein Leben in ständiger Unsicherheit beschert, besser Ausgebildeten den sozialen Abstieg – und dem Kapital die billigsten Arbeitskräfte, die es sich wünschen kann.
BAMF – Bundesamt für Rassismus und Spaltung
Das BAMF ist die zweite Institution in Nürnberg, die hier ihre Schweinereien vorbereitet, um sie dann bundesweit und sogar europaweit zum Einsatz zu bringen. Auch das BAMF erfüllt zugleich mehrere Funktionen im Dienste des Kapitals und seinen staatlichen HandlangerInnen.
Sein Handeln ist das zynische Barometer, an dem sich die politischen und wirtschaftlichen Interessen der BRD ablesen lassen. So zeigte das Beispiel Afghanistan, dass eine afghanische Herkunft erst dann als Fluchtgrund akzeptiert wurde, als eine weitere Begründung für ein militärisches Eingreifen der BRD gesucht wurde. Obwohl noch immer täglich Menschen in dem Land getötet oder existenziell bedroht werden, darf nach dem Abzug der Bundeswehr wieder abgeschoben werden. Der Einzelne wird somit zum Spielball der Willkür der Herrschaftsinteressen.
Doch Krieg und Armut haben ihre Ursache in der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Dass Menschen auf der Suche nach Sicherheit und einem besseren Leben aus ihrer Heimat flüchten müssen, liegt an der Politik der imperialistischen Zentren, die auf kapitalistische Konkurrenzfähigkeit ausgerichtet ist. Das BAMF hat die Aufgabe, die MigrantInnen und Flüchtlinge hier so zu behandeln, dass sie wo nötig und möglich zur Konkurrenzfähigkeit der BRD beitragen – oder eben verschwinden. Dabei kann das BAMF noch rücksichtsloser mit seiner „Klientel“ umgehen als die BA, da z.B. Flüchtlinge in der BRD kaum über eine Lobby verfügen, nur eingeschränkte Rechte haben und Ziel massiver Hetzkampagnen zur Spaltung der ArbeiterInnenklasse sind.
Das BAMF steht für eine menschenverachtende Einwanderungspolitik, die Zuwanderung unter dem Schlagwort „Humankapital“ nach Green-Card Manier regeln soll. Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, das der „Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung“ zu stimmen muss, sorgt das BAMF für jene Selektion von Menschen nach ökonomischen Gesichtspunkten, die das deutsche Kapital fordert.
Krise ist unser Alltag im Kapitalismus…
BAMF und Bundesagentur für Arbeit tragen dazu dabei, dass das deutsche Kapital aus der Krise als Gewinner hervorgeht. Verlierer sind Millionen von Menschen in Deutschland und anderswo, die für diese „Krisenlösung“ bezahlen müssen.
Während Viele auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise begannen, am kapitalistischen Wirtschaftssystem zu zweifeln, entfalteten der Staat und die bürgerliche Klasse ihre Gegenpropaganda: Nationalismus, Rassismus und Sozialchauvenismus sollen die Kritik am System ersticken. Wir dürfen uns auf diese Spaltung nicht einlassen. Anstatt uns aufeinander hetzen zu lassen, sollten wir zusammen stehen und für unsere Rechte gemeinsam solidarisch kämpfen. Die deutsche Kapitalstrategie mit Niedriglohnsektoren und Flexibilisierung, eine Strategie, bei der Arbeitslose mit Daumenschrauben-Taktik in unterbezahlte Beschäftigung gezwungen werden, soll künftig als Blaupause für die Umgestaltung der Arbeitsmärkte in anderen europäischen Ländern dienen. Es liegt an uns, den Kampf gegen die hiesigen Verhältnisse aufzunehmen.
Erst wenn wir uns klar werden, dass unser Interesse unversöhnlich dem der KapitalistInnen entgegensteht, dass die Trennlinie zwischen oben und unten und nicht zwischen Hautfarbe, Geschlecht, oder Nationalität verläuft, haben wir eine Chance auf ein Leben, in dem die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt des Denken und Handelns stehen und nicht die Profite einiger Weniger.
…unser Alltag im Kapitalismus ist Widerstand!
Es gelingt schon heute immer wieder, Proteste auf die wesentlichen Fragen zuzuspitzen. In Hamburg und Berlin solidarisierten sich viele Menschen mit den Flüchtlingen, halfen praktisch, kämpften solidarisch und ließen sich nicht auf Grund verschiedener Pässe spalten. In Nürnberg errichteten die streikenden Flüchtlinge ein Protestzelt, besetzten nach einer Demonstration spontan den Eingang des BAMF und erhielten dabei breite Unterstützung von Nürnberger AktivistInnen. Doch auch in anderen Feldern ist es spürbar, dass sich etwas bewegt und die richtigen Fragen gestellt werden, wenn auch noch nicht immer die richtigen Antworten parat sind.
So bringt die Lage auf dem Wohnungsmarkt erste Proteste und Kämpfe hervor. Die aktuelle Niedrigzinspolitik der EZB führt zu verstärkten Immobilien-Investitionen. Dies hat eine Steigerung des Wertes der Ware Wohnraum zur Folge und schlägt sich auf die MieterInnen mit erhöhten Mieten nieder, die immer schwieriger zu bezahlen sind. Immer mehr Menschen müssen sich deshalb an anderer Stelle einschränken, müssen ihre gewohnten Strukturen verlassen oder werden im schlimmsten Falle obdachlos. EigentümerInnen nutzen das Geschäft mit unserem Dach über dem Kopf, das wir alle brauchen und sehen darin eine nahezu unerschöpfliche Quelle des Profits. Doch immer mehr Menschen wehren sich und wollen sich das nicht bieten lassen. Der Kampf um Wohnraum ist existenziell und die Verhinderungen von Zwangsräumungen zeigen deutlich das steigende Interesse auf, die Frage von Eigentum und Profit nicht alternativlos stehen zu lassen.
Auch wir wollen am 04.10. in Nürnberg die Akteure angreifen, die den bestehenden Verhältnissen ideologische und praktische Schützenhilfe leisten. Sowohl die BA als auch das BAMF sind Institutionen, welche unseren Alltag mit Repression bestimmen. Und das gilt nicht nur für Erwerbslose und MigrantInnen, sondern für uns alle. Konkurrenzdruck, Arbeitshetze, Niedriglohnsektor, Leiharbeit, befristete Verträge steigern die Ängste vieler Menschen, sollen sie gefügig machen alle Schikanen hinzunehmen, die der kapitalistische Alltag zu bieten hat.
Genau diesen Zustand gilt es zu durchbrechen. Gehen wir am 4.10. in Nürnberg gemeinsam auf die Straße, um den Herrschenden hier in der BRD eine klare Kampfansage zu machen. Fahren wir Anfang 2015 zur Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes nach Frankfurt, um diesen Staatsakt zum Desaster zu machen und kämpfen wir jeden Tag um jeden Zentimeter unseres Lebens.
Gemeinsam mit den KollegInnen am Arbeitsplatz muss jede Lohnkürzung, jede Entlassung geschlossen abgewehrt werden. Gemeinsam mit Flüchtlingen stellen wir uns gegen rassistische Sondergesetze und Abschiebungen. Solidarisch mit anderen Erwerbslosen beim Jobcenter gilt es, jede Verschlechterung zurückzudrängen und mit den NachbarInnen zusammen kämpfen wir gegen jede Mieterhöhung und jede Zwangsräumung. Damit es soweit kommt, müssen wir alle heute raus aus der Isolation, in die uns die herrschenden Verhältnisse getrieben haben und halten wollen. Nur die herrschende Klasse profitiert von unserem Stillhalten, der Vereinzelung und unserer Angst.
Heute liegt es an uns: schlagen wir den groß angelegten Klassenkampf von oben zurück. Mit neoliberalen Projekten wie der Agenda 2010 oder Europa 2020 soll das kapitalistische Europa fit gemacht werden für den Weltmarkt. Dagegen organisieren wir den Widerstand von unten. Greifen wir die Verarmungspolitik der Herrschenden an. Solidarisieren wir uns mit den kämpfenden Flüchtlingen und setzen gemeinsam das Bleiberecht durch.
Als revolutionäre Linke sehen wir die einzige Lösung in der Vergesellschaftung des Reichtums, der von uns allen, den Lohnabhängigen in Europa und der ganzen Welt, geschaffen wird! Bauen wir eine Welt von unten auf und nehmen uns das, was uns zusteht – nämlich alles! Kämpfen wir hierfür geschlossen und solidarisch – in Nürnberg, in Frankfurt, in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und auf der ganzen Welt.
Kapitalismus abschaffen!
Für die soziale Revolution
Dieser Aufruf wird unterstützt von: Antikapitalistische Linke München, Antifaschistische Linke Fürth, Club Vaudeville Lindau, Freie ArbeiterInnen Union Nürnberg, Revolutionär organisierte Jugendaktion, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Nürnberg, Radikale Linke organisiert in der Interventionistischen Linken, Interventionistische Linke Frankfurt, Organisierte Linke Heilbronn, Zusammen Kämpfen [Stuttgart] |