Enver ?im?ek – Gedenktag

Di, 09.09.14, 12:45 Uhr

9.9. | 12.45 Uhr | Kundgebung in der Liegnitzer Straße
zur Erinnerung an die Ermordung von Enver ?im?ek
12.00 Uhr | Fahrradtreffpunkt Nelson-Mandela-Platz (Hbf Südausgang)
12.15 Uhr | ÖPNV-Treffpunkt Langwasser Süd

9.9. | 18.00 Uhr | Kundgebung am Jakobsplatz
Öffentliche Kritik an gesellschaftlichem und institutionellem Rassismus, an der Ermittlungsarbeit und die Kriminalisierung der Betroffenen

Am 9.9.2000 ermordete der Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) Enver ?im?ek, weil er – wie der überwiegende Teil der späteren Opfer – nicht ihrer Vorstellung von dem entsprach, was deutsch ist.
Wir rufen dazu auf, am Jahrestag des ersten Mordes des NSU auf die Straße zu gehen, um der Ermordung Enver ?im?eks zu gedenken und um eine Auseinandersetzung über die gesellschaftliche Verantwortung für die Entstehung des NSU und dessen ungestörtes Morden und die Aufklärung der Beteiligung staatlicher Organe daran einzufordern.

Wer über Rassismus nicht reden will, der soll vom NSU schweigen!

Seit November 2011 ist bekannt, dass diese Taten nicht, wie Politik, Polizei Medien und die deutsche Gesellschaft elf Jahre lang wie selbstverständlich annahmen, durch „kriminelle Ausländer“ begangen wurden, sondern durch deutsche RassistInnen.
Die Entstehung des NSU kann nicht ohne die deutschen Zustände der 1990er Jahre erklärt werden. Der erstarkende Nationalismus im Zuge und Nachgang der deutschen Einheit und die mit der Einheit einhergehende vollständigen Wiederherstellung der deutschen Souveränität resultierten in dem gesellschaftlichen Selbstverständnis „Wir sind wieder wer“. Der aufflammende Rassismus, befördert durch die politischen Eliten – genannt sei nur die „Das Boot ist voll“-Kampagne der CDU 1991 – kulminierte 1993 in der euphemistisch „Asylkompromiss“ genannten, faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. Erst vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, wie sich Nazis als radikalste Vollstrecker des Volkswillens verstehen und ihr Selbstbewusstsein daraus ziehen konnten, das umzusetzen, wovon die Mehrheitsgesellschaft nur redete. In diesen gesellschaftlichen Zuständen konnten sich die militanten Nazis in der Bevölkerung bewegen wie die Fische im Wasser. Die bis jetzt bekannt gewordenen Mitglieder des NSU erfuhren allesamt ihre politische Sozialisation in diesem Klima.
Wie der Umgang mit der Mordserie des NSU zeigt, konnte sich die deutsche Gesellschaft auch nach dem Jahr 2000 trotz Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen nicht vorstellen, dass Menschen aus rassistischer Motivation heraus ermordet werden. Sonderkommissionen mit so bezeichnenden Namen wie „Bosporus“ und „Halbmond“ ermittelten in den „Döner-Morden“. Auch 70 Jahre nach Auschwitz und unbeirrt durch mindestens 184 Todesopfer rassistischer Gewalt seit 1990 hielt man an dem Bild fest: Deutsche tun so etwas eben nicht und haben so etwas noch nie getan.
Die Frage, warum der NSU unentdeckt morden konnte, verweist somit auf die Kontinuität des gesellschaftlichen Rassismus in Deutschland und damit auf die Mitte der Gesellschaft selbst.

Wer über Rassismus nicht reden will, der soll vom NSU schweigen!

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