Klagen und Strafverfahren wegen Blockupy Kessel
Eine Information der Blockupy AG Antirepression
In den vergangenen Wochen berichtete die Junge Welt (*) mehrfach über
die Klagen wegen der Kesselung der Blockupy-Demo am 1. Juni 2013. In
diesem Zusammenhang wurde auch berichtet, dass die Polizei gegen 943 im
Kessel festgestellte und videografierte Demonstrant/innen Strafverfahren
vorbereitet. Was hat es damit auf sich?
Nach Blockupy 2013 wurden von zahlreichen Menschen bei verschiedenen
Frankfurter Gerichten Klagen gegen das polizeiliche Vorgehen gegen die
Demonstration eingereicht. Diese Klagen umfassen eine ganze Bandbreite
staatlicher Repression: Freiheitsentziehung, Personalienfeststellung,
Durchsuchung, Videografierung, Aufenthaltsverbot u.a. Dazu kommen noch
die Klagen gegen das faktische Demonstrationsverbot seitens des
Anmelders der Demonstration. Zu diesen Klagen hat das Polizeipräsidium
Frankfurt Anfang September eine – soweit uns bekannt – gleich lautende
Stellungnahme, eine sog. Klageerwiderung eingereicht. Darin wird die
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Frankfurt bestritten und
beantragt, die Verfahren an das Amtsgericht bzw. Oberlandesgericht
Frankfurt zu verweisen bzw. die Klagen ganz abzuweisen.
In diesem Schriftstück entwickelt die Polizei detailliert ihre Sicht der
Dinge, die zum Stopp der Demonstration und zum Kessel führten. Es
verwundert kaum, dass danach das polizeiliche Vorgehen natürlich
rechtmäßig, angemessen und völlig in Ordnung war, denn Schuld waren die
Demonstrant/innen selber. Sie werden im Polizei-Jargon als ohnehin
großteils einschlägig polizeibekannte, in verschiedenen Datenbanken
erfasste Personen tituliert. Außerdem fanden aus Sicht der Polizei
bereits bei Aufstellung und Demonstrationsbeginn verschiedene
„Straftaten“ wie sog. Vermummung, Seitentransparente, Schilder,
Regenschirme, Böller oder Farbeier statt. Da weitere schwere
„Straftaten“ drohten, musste die Polizei so handeln, wie sie handelte.
So weit die polizeiliche Darstellung.
In dieser Logik liegt auch, dass die Polizei gegen alle Klagenden
Strafverfahren eingeleitet hat. Sie verfährt da klassisch – wer
Polizist/innen anzeigt, wird selbst mit Strafverfahren überzogen.
Aus der Klageerwiderung des Polizeipräsidiums geht aber auch hervor,
dass gegen insgesamt 943 gekesselte Demonstrant/innen Strafverfahren
eingeleitet sind. Deswegen ist diese Zahl im Umlauf. Betroffen davon
sind alle aus dem Kessel, auch Jugendliche und diejenigen mit
nichtdeutschen Pässen.
Das sind aber nicht die einzigen Strafanzeigen und Ermittlungen im
Zusammenhang mit Blockupy 2013. Es wird auch gegen Demonstrant/innen
außerhalb des Kessels, insbesondere gegen die des nachfolgenden
Demo-Blocks ermittelt – und gegen Aktivist/innen des Aktionstages am
Blockupy-Freitag.
Wir haben Kenntnis davon, dass Polizeibehörden quer durch die Republik,
Menschen als Zeugin/Zeuge vorgeladen haben, um sie zu bestimmten
Ereignissen und Zeiten des Blockupy Freitags und Samstags zu befragen.
Das betrifft auch Menschen, dessen Personalien sehr wohl bei der Räumung
des Kessels festgehalten wurden und die deshalb von vornherein als
Beschuldigte gelten. Hier versucht die Polizei ganz offensichtlich, eine
Unkenntnis des angekündigten Strafverfahrens auszunutzen.
Deshalb nochmals der Hinweis: Kein Mensch muss zu einer polizeilichen
Vorladung erscheinen. Alle können die Aussage verweigern, um sich nicht
selbst zu belasten. Als Beschuldigte/r hast du prinzipiell das Recht,
die Aussage zu verweigern! Aber auch in der Rolle als Zeugin/Zeuge
kannst du die Aussage verweigern, weil du dich selbst belasten könntest.
Infos zu Vorladungen und Aussageverweigerung findet ihr bei
www.ea-frankfurt.org und www.frankfurt.rote-hilfe.de
Informiert uns, wenn ihr Vorladungen bekommt, damit wir auch einen
Überblick über Verfahren, Klagen und Vorladungen bekommen. Nur dann
können wir euch entsprechend wieder gesammelte Informationen zur
Verfügung stellen. Dabei ist es unerheblich, ob ihr als Zeugin/ Zeuge
oder Beschuldigte/r betroffen seid.
Schreibt an antirep@blockupy-frankfurt.org.
Für die Kessel-Betroffenen haben wir einen Infoverteiler eingerichtet,
um euch auf den Laufenden zu halten.
Tragt euch ein:
https://lists.notroika.org/cgi-bin/mailman/listinfo/blockupykessel
Zum Stand der Klagen
Nach den Blockupy Tagen gab es von vielen das Bedürfnis, sich mittels
Klagen gegen die Zerschlagung der Demonstration und gegen die
stundenlangen Übergriffe während des Kessels zu wehren. Teilweise wurde
auch dazu aufgerufen massenhaft zu klagen. Manche sprachen auch von
Massenklagen. Die AG AntiRep riet davon ab und empfahl, koordiniert
ausgesuchte exemplarische Klagen einzureichen. Auch aus dem Gedanken
heraus, dass sonst erhebliche Kosten bei vielen Einzelnen hängen
bleiben, aber auch, weil nach einigen „Pionier“-Verfahren durchaus auch
später (ein Jahr lang) noch weitere Klagen eingereicht werden können.
In der Folge wurden in mehreren Städten bereits beispielhafte Klagen
angestrengt. Dies ist der Versuch unterschiedliche Vorfälle abzudecken
und diese erfolgreich durch zu klagen. Hierbei ist der Grundgedanke,
besser einschätzen zu können, ob weitere Klagen erfolgreich sein
könnten. Wie bei allen letzten „Großveranstaltungen“, wie Blockupy 2012
oder Heiligendamm konnten wir sehen, dass die Gerichte extrem langsam
arbeiten und Entscheidungen aufschieben.
An der Klageerwiderung der Polizei ist abzusehen, wie langsam die Sache
tatsächlich vorangeht. Noch hat kein Gericht auch nur über die
Zuständigkeit entschieden. Dennoch hoffen wir vor Ablauf der Jahresfrist
nützliche Infos zum Klagen und zur Vorbereitung von Blockupy 2014 zu
erhalten.
Fight the Power – Was nutzt die ganze Klagerei!
Auch wenn viele das Bedürfnis haben, sich auf dem Rechtsweg gegen die
Freiheitsentziehung zu wehren, ist das nur ein Teil des notwendigen
Handelns und des Umgangs mit staatlicher Repression. Es gilt auch und
gerade, politisch und öffentlichkeitswirksam zu agieren, um dadurch
Druck auf den Staat und letztlich auch auf die Justiz auszuüben.
Unserer Ansicht nach wäre es fatal, sich hierbei nur auf den so
genannten Rechtsstaat zu verlassen, weil das Demonstrationsrecht vor
allem auf der Straße erkämpft wird. Juristische Schritte können nur eine
Antwort auf ihren Kessel sein. Wir können anknüpfen an die große
Solidaritätsdemo in Frankfurt/Main eine Woche später, die zahlreichen
solidarischen Aktionen und Initiativen unterschiedlicher Spektren
unmittelbar nach Blockupy in verschiedenen Städten, die
Protestresolutionen, parlamentarischen Anfragen und geforderten
Untersuchungsausschüsse, oder auch das Blockupy Kessel-Tribunal am 31.
August 2013 (*). Das fortzusetzen und nicht locker zu lassen, bestimmt
auch die Bedingungen nicht nur für die nächsten Blockupy-Aktionstage.
Ob in Diskussionen, in Veranstaltungen, mit Aktionen – und erst recht
auf der Straße: wir lassen uns nicht einschüchtern und demonstrieren wie
und wo wir wollen.
Wie weiter?
Wir versuchen euch weiterhin so gut wie möglich auf dem Laufenden zu
halten. Dabei sind wir aber auch auf eure Mithilfe angewiesen.
Informiert uns über den Verlauf eurer Klagen und versucht euch zu
vernetzen. Wir können die Koordination nicht für euch übernehmen, stehen
aber mit vielen Anwält/innen und Betroffenengruppen in Kontakt und
freuen uns über Initiativen.
Obwohl wir noch mit den Nachwirkungen der Repression aus Blockupy 2012
und 2013 beschäftigt sind, bereitet sich die AG Antirepression schon auf
Blockupy 2014 vor, wann immer das sein wird und welchen Charakter auch
immer das haben wird. Wir denken, die elementare Notwendigkeit einer
guten Vor- und Nachbereitung, also auch einer handlungsfähigen AG
Antirepression müsste allen Aktivist/innen deutlich geworden sein. Es
gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich einzubringen und unsere Arbeit zu
unterstützen. Auch durch Solipartys und Spenden (*).
Was die Aufgaben der AG Antirepression alles umfasst, könnt ihr hier
nachlesen: http://www.notroika.org/arbeitsgruppen/antirepression
Seid kreativ, bringt euren Protest zum Ausdruck und erhöht so den Druck
auf die Staatsmacht!
AG Antirepression des Blockupy-Bündnis
www.blockupy-frankfurt.org
www.notroika.org/arbeitsgruppen/antirepression
P.S.: Dieser Tage hat der EA-Frankfurt eine Stellungnahme
veröffentlicht: „Blockupy 2013 und was danach kam“
(http://ea-frankfurt.org/blockupy-2013-und-was-danach-kam), die wir
allen zum Lesen empfehlen.
(*)
Junge Welt:
– 23.09.2013: »Die Polizei greift nach letztem Strohhalm«,
http://www.jungewelt.de/2013/09-23/055.php
– 08.10.2013: Das große Schweigen,
http://www.jungewelt.de/2013/10-08/038.php
Blockupy Tribunal zum Kessel am 31.8.2013:
– http://blockupy-frankfurt.org/2256/druck-aus-dem-kessel/
–
http://blockupy-frankfurt.org/2295/erfolg-des-blockupy-tribunal-rechtsbruch-erneut-skandalisiert
Spenden:
– Wenn ihr direkt die AG AntiRepression unterstützen wollt, nutzt bitte
dieses Konto:
Libertad!, Konto: 8020068500, GLS Gemeinschaftsbank (BLZ 43060967),
Zweck: „Anti.Rep.Blockupy“?IBAN: DE64430609678020068500 – Papierform:
DE64 4306 0967 8020 0685 00 – Die BIC ist GENO DE M 1 GLS
– Unter dem Verwendungszweck „Krisenproteste“ könnt ihr entstandene
Kosten aus Strafverfahren, Klagen und Verurteilungen, die aus unseren
Protesten gegen Krisenpolitik und Kapitalismus von M31 bis Blockupy
hervorgegangen sind, durch Spenden unterstützen:
http://rhffm.blogsport.eu/spenden
– Wenn ihr insgesamt Blockupy durch Spenden unterstützen wollt:
Friedens- und Zukunftswerkstatt, Konto: 200337319, Frankfurter Sparkasse
(BLZ: 50050201), Zweck: “Spende Krise Ffm???