Am Montag den 19. März 2012 erreichte uns die Nachricht, dass in Würzburg 10 Flüchtlinge aus dem Iran aufgrund ihrer persönlichen Situation in Deutschland und der aktuellen Lange im Iran in den Hungerstreik traten. Daraufhin beschlossen wir als Gruppe die Streikenden zu besuchen um uns ein eigenes Bild von ihren Beweggründen, ihren Forderungen und ihrem weiterem Vorgehen zu machen.
Am Montag den 26. März, also eine Woche nach Beginn des Hungerstreiks, machten wir uns mit einem Solidaritäts- Transparent auf den Weg nach Würzburg.
Die Hungerstreikenden, die seit einem bis fünf Jahren in Deutschland sind, haben am Vierröhrenbrunnen in unmittelbarer Nähe zum Rathaus ihr „Lager“ aufgeschlagen, das bis zum 2. April genehmigt wurde. Aus Solidarität schlossen sich 5 weitere Personen dem „Lager“ an, die sich jedoch nicht im Hungerstreik befinden. Nachdem wir uns den Aktivisten vorgestellt hatten, setzten wir uns mit ihnen zum gemeinsamen Gespräch zusammen. Hierbei erläuterten sie uns die Gründe und Vorfälle, die zu ihrer Flucht aus dem Iran und ihrem Entschluss in den Hungerstreik zu treten geführt haben.
Die politischen Flüchtlinge sehen sich selbst als Teil der iranischen Menschenrechtsbewegung. Sie machen sich damit auch stark für die Frauenbewegung und die Rechte der Homosexuellen im Iran.
Im Regime von Mahmud Ahmadinedschad werden Menschen, welche dem autoritär geführten Staat und seiner rückständig islamischen Gesetzgebung ein Dorn im Auge sind, mit starker Repression unterdrückt. Diese macht die grausame Folter in Gefängnissen und die Ermordung durch Todesstrafe zum Alltag. Auch für im Exil lebende Regimegegner hört die Verfolgung nicht auf. So kann es jeder Zeit passieren, dass bei einer Einreise oder einer Abschiebung in den Iran eine sofortige Verhaftung droht.
Diese Umstände zwangen sie zur Flucht Richtung „Festung Europa“. Die Zentrale Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf war für die meisten der zehn Hungerstreikenden die erste Anlaufstelle. Die Umverteilung erfolgte nach Würzburg in eine entsprechende Gemeinschaftsunterkunft, in denen die Lebensbedingungen keine deutliche Verbesserung verzeichnen ließen. Die gegenwärtige Asylpolitik in Deutschland bietet nur wenig Raum für ein menschenwürdiges Leben.
Der Alltag eines „Asylanwärters“/einer „Asylanwärterin“ ist geprägt von der ständigen Ungewissheit über seinen/ihren weiteren Verbleib in Deutschland. Die monatlichen 4o Euro Taschengeld und die abwechslungslosen und im schlechten Zustand befindlichen Essenspakete tun ihr übriges zur Verzweiflung hinzu.
„Du wartest einen Tag, du wartest eine Woche, du wartest einen Monat, du wartest ein Jahr und das bringt dich zur Verzweiflung.“ (Zitat eines Hungerstreikenden)
Die im Zitat erwähnte unerträgliche psychische Belastung forderte bereits ein Menschenleben. Der Selbstmord von Mohammad Rashepars am 29.1.12 war ein verzweifelter Aufschrei, den es nicht zu überhören gilt.
Die existenziellen Probleme sind für die Hungerstreikenden unerträglich und die Resignation keine Lösung. Deshalb tragen sie ihre Forderungen auf die Straße. Nach vorangegangenen Aktionen und Demonstrationen folgt nun der Hungerstreik als letzte Möglichkeit ihren Forderungen Kraft zu verleihen. Sie haben sich entschlossen lieber den Tod hinzunehmen als weiter unter diesen unwürdigen Bedingungen ihr Dasein zu fristen.
Sie hungern mit der klaren Forderung das ein/eine Verantwortlicher/Verantwortliche vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus Nürnberg und die bayerische Staatsministerin für Arbeit, Sozialordnung, Familie und Frauen Frau Haderthauer nach Würzburg kommen um dort Stellung zu beziehen.
Sie hungern für die längst überfällige Anerkennung als politische Flüchtlinge und das damit verbundene Bleiberecht in Deutschland.
Sie hungern für einen Wandel der menschenverachtenden europäischen Asylpolitik.
Sie hungern um auf die aktuelle Situation und die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen im Iran aufmerksam zu machen.
Auch wir teilen die von den Hungerstreikenden geäußerten Ansichten und Forderungen und stehen der Aktion solidarisch beiseite. Wir als autonome Jugendgruppe sehen diesen Fall nicht als Einzelnen. Das Schicksal der Iraner teilen Flüchtlinge europaweit. Falls es Flüchtlinge überhaupt bis nach Deutschland schaffen erwarten sie hier weitere Hürden. Statt den Flüchtlingen hier den erhofften Schutz zu bieten, überzieht der deutsche Staat die Flüchtlinge mit weiteren Schikanen. So sucht der Staat immer wieder nach Möglichkeiten um die Glaubwürdigkeit der Flüchtlinge zu untergraben. Denn nach den Richtlinien der Genfer Flüchtlingskonvention besteht nur für sogenannte „politische Flüchtlinge“ ein Recht auf Asyl und dann auch nur, wenn sie aus einem aktuellem „Konfliktgebiet“ kommen. Was so ein „Konfliktgebiet“ ist entscheiden die EU Staaten nach dem Stand eines Konflikts und der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem Gebiet.
So gibt es trotz laufender Sanktionen gegen den Iran eine dennoch sehr starke wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden Ländern. Deutschland war bis 2008 auf Platz 2 der Ländern mit dem stärksten Export in den Iran. Es ist davon auszugehen das der deutsche Staat aufgrund dieser Beziehungen sehr zurückhaltend ist, was die Erteilung eines Bleiberechts für politische Aktivisten aus dem Iran angeht. Wenn die iranischen Flüchtlinge abgeschoben werden, erwartet sie Folter, Knast und der Tod. Dennoch hat das sogenannte Land der Menschenrechte keine Skrupel sie gerade Wegs zurück in den Iran zu schicken.
Diese Geschehnisse zeigen einmal mehr, dass im kapitalistischem System Profit mehr zählt als das menschliche Leben.
Darum sagen wir, die Beendigung der kapitalistischen Verwertungslogik und die Schaffung einer internationalen Solidarität, die es allen Menschen ermöglicht frei und selbstbestimmt zu Leben, kann nur durch die soziale Revolution erreicht werden!!
Solidarisiert euch mit den Hungerstreikenden Flüchtlingen, organisiert Solidaritätsaktionen.
Ihr Leid, ist das Leid vieler auf der ganzen Welt. Kein Mensch ist illegal!
Kontakt zu den Hungerstreikenden:
Masoud Hosinzadeh Tel: 17677009092
Shahnaz Morattab Tel:015774650186 / E-Mail: shahnaz1@t-online.de
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