Der 8. März ist ein historischer Tag, an dem seit 1911 Frauen auf der ganzen Welt ihren alltäglichen Kampf öffentlich zum Ausdruck bringen. Dieses Datum erhielt seine Bedeutung als zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer mehr Frauen die Notwendigkeit erkannten, gegen ihre wirtschaftliche und soziale Unterdrückung aufzustehen.
In dieser Zeit wurde viel errungen, auch was heute als selbstverständlich gilt, wie zum Beispiel das Wahlrecht für Frauen. Und dass unsre (Groß)mütter eine Erlaubnis ihres Ehemannes vorweisen mussten, wenn sie eine Arbeit aufnehmen wollten, scheint uns rückblickend geradezu absurd.
Die Nicht-Verfolgung des Abtreibungsparagraphen 218 konnte nur durch langwierigen und zäh geführten Widerstand durchgesetzt werden. Das war ein großer Schritt für die Selbstbestimmung der Frauen über ihren eigenen Körper, entgegen des gesellschaftlichen Zwangs. Während der §218 Abtreibung generell unter Strafe gestellt hatte, war Vergewaltigung in der Ehe in der Bundesrepublik noch bis 1997 völlig legal. Ein Bewusstsein dafür, dass beide Elternteile -egal ob verheiratet oder nicht- gleichermaßen als Bezugspersonen fungieren und wirtschaftliche Verantwortung für ihre Kinder tragen, konnte erst langsam geschaffen werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden inzwischen teilweise angepasst, so beim Unterhalt für uneheliche Kinder. Auch die Arbeit im Haushalt und die Versorgung der Kinder liegen inzwischen in immer mehr Partnerschaften und Familien nicht mehr allein bei den Frauen. Von einer ausgeglichenen Aufteilung notwendiger Tätigkeiten zwischen Männern und Frauen sind wir aber noch weit entfernt.
Dabei ist es bereits normal, dass Frauen auch erwerbstätig sind, doch die Rollenverteilung im Haushalt und die Familienpolitik haben an dieser Stelle nicht mitgezogen. Neben der Arbeit muss ein Großteil der Frauen den Haushalt weiterhin alleine schmeißen, während sich „Mann“ ausruht. Diese Doppelbelastung für Frauen ist noch existenzieller, wenn die Betreuung von Kindern dazu kommt. Auch weil bezahlbare KiTa-Plätze fehlen, ist es für Frauen sehr schwer einen Job zu finden, dessen Arbeitszeiten sich mit der Verantwortung ihren Kindern gegenüber vereinbaren lassen. Auf der einen Seite fordert ein Großteil der Unternehmen von uns immer flexibler und immer mehr Stunden für unsere Arbeit zur Verfügung zu stehen, um ihre Profite zu vergrößern. Auf der anderen Seite möchten die KapitalistInnen, die daran verdienen, finanziell möglichst wenig dazu beitragen, dass für die Gesellschaft ausreichend Betreuungsangebote für Kinder bereit stehen.
Diese Umstände tragen dazu bei, dass fast doppelt so viele Frauen wie Männer in prekären Arbeitsverhältnissen stehen. Das bedeutet Niedriglöhne, kaum Kündigungsschutz, oder gar befristete Einstellung bis hin zu schlecht bezahlten Minijobs. Insgesamt sind Frauen im Beruf deutlich benachteiligt: Der Brutto-Stundenlohn von Frauen ist durchschnittlich 23% niedriger als der der Männer. Eine große Rolle spielt dabei, dass „typische Frauentätigkeiten“ wie Putzen oder Pflege in der Regel schlecht bezahlt sind, Frauen seltener in Führungspositionen hineinkommen, tendenziell geringere Ausbildungschancen haben und öfter teilzeitbeschäftigt sind. Aber auch bei der gleichen Arbeit und gleicher Qualifikation verdienen Frauen im Durchschnitt immer noch 8% weniger pro Stunde als Männer. Die Benachteiligung der Frauen bei der Arbeitssuche und im Berufsalltag führt dazu, dass viele Frauen wirtschaftlich von einem Partner abhängig sind. Auf sich gestellt haben Frauen ein höheres Armutsrisiko als Männer.
Noch immer werden Frauen und Männer in ein bestimmtes Rollenbild gedrückt: Dabei werden Männern Eigenschaften zugeschrieben wie Stärke, Leistungsorientierung, Härte, Rationalität, Selbstständigkeit und Durchsetzungsvermögen. Die Klischeevorstellung der Frau hingegen wertet Frauen als schwaches Geschlecht und Spielball ihrer Gefühle ab, und beschränkt den „gesellschaftlichen Beitrag“ der Frau auf Schönheit und Fürsorglichkeit. So wird die Frau zum „Zierstück“ und der Mann zu ihrem „ritterlichen“ Beschützer. Diese Geschlechterrollen haben die meisten von uns verinnerlicht und schon als Kinder werden wir darauf getrimmt. Der gesellschaftliche Zwang sich an diese Rollen anzupassen, setzt sowohl Frauen als auch Männer unter Druck.
Durch die Reduzierung der Frau auf ihren Körper lässt sich im Kapitalismus der weibliche Körper als Ware vermarkten. Sei es durch Werbung mit leicht bekleideten, teils untergewichtigen Frauen, sei es dadurch, dass der Chef seinen Status durch eine junge und attraktive Sekretärin aufwerten möchte. Anstatt Empörung hervorzurufen erscheint es den meisten Menschen als selbstverständlich, dass bei einem Job als Bedienung von Frauen in der Regel verlangt wird Männern ihren Körper vorzuführen. Diese Übertragung der Warenförmigkeit auf den Körper setzt sich in der Sexualität fort. In Form von Prostitution wird diese dann auch auf dem Markt gehandelt. Einen krassen Ausdruck dieser Vermarktung des Körpers der Frau findet man in der Zwangsprostitution. Zigtausende Frauen werden jährlich in der EU von Menschenhändlern an Zuhälter gehandelt, das betrifft auch die BRD.
Dies ist eine besonders schwere Form der Gewalt gegen Frauen. Doch in den meisten Fällen findet Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich statt. In einer Studie des IFF der Universität Bielefeld gab mehr als jede Fünfte der befragten Frauen an, körperliche und/oder sexualisierte Gewalt durch einen früheren oder aktuellen Partner erlebt zu haben.
Wenn es darum geht, dass Frauen für ihre Befreiung und Interessen kämpfen müssen, dürfen wir das nicht nur in einem nationalen Kontext betrachten. Weder dürfen wir uns durch die Phrase, wo anders sei es noch viel schlimmer, dazu bringen lassen, in unserem Alltag klein bei zu geben. Noch dürfen wir uns spalten lassen entsprechend unserer Herkunft oder dem Land, in dem wir leben. Denn die Unterdrückung der Frau hat System und letztendlich ist es ein und derselbe Kampf den lohnabhängige Frauen weltweit führen müssen. Während in Deutschland pro 100.000 Geburten 4 Mütter sterben, sterben in Afghanistan 450 mal so viele Mütter bei der Geburt.
Dies ist nur ein Beispiel, wie dramatisch sich Armut auf die Lebensperspektive von Frauen auswirkt. Doch bedingen sich die Armut eines Großteils der Weltbevölkerung und der Reichtum einiger Weniger gegenseitig. Die Unternehmen aus Staaten mit größerer wirtschaftlicher und militärischer Macht benutzen die sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländer als Lieferanten billiger Rohstoffe und als Absatzmärkte für teure Importwaren. Die aus diesem extremen Ungleichgewicht resultierende Verschuldung der ärmeren Länder wird dabei als zusätzliches Machtmittel eingesetzt, um sie zu einer (Wirtschafts-)politik zu zwingen, die kapitalistischen Profitinteressen dient und das wirtschaftliche Ungleichgewicht weiter vergrößert.
Wie Frauen die Folgen erleben, hat viele Gesichter: Fehlende Infrastruktur oder ein vom Internationalen Währungsfond (IWF) verordnetes Sparprogramm bei der Gesundheitsversorgung kann für Frauen bedeuten, bei der Geburt ihrer Kinder sterben zu müssen. Weltweite Ausbeutung heißt für viele Frauen zu Hungerlöhnen und unter zerstörerischen Arbeitsbedingungen für den westlichen Markt Kleidung zu nähen. Armut und soziale Ungerechtigkeit raubt gerade Mädchen und Frauen weltweit millionenfach die Chance auf Schulbesuch und Bildung. Das erschwert es den Frauen, ihre gesellschaftlichen Fesseln zu sprengen.
Besonders grausam wirken sich Kriege auf die Situation von Frauen aus, indem Not, Perspektivlosigkeit und die Militarisierung der Gesellschaft ihre Unterdrückung noch verschärft. Fast immer erleiden Frauen im Krieg massenhaft sexualisierte Gewalt.
Daher ist es menschenverachtender Hohn, wenn ein Krieg für den ungehinderten Zugang zu Rohstoffen und zu Märkten, ein Krieg für wirtschaftliche Interessen und geopolitische Macht – wie der in Afghanistan – gar noch unter dem Deckmantel der Frauenbefreiung geführt wird!
Unsere Unterdrückung ist nicht unabhängig von dem Wirtschaftssystem in dem wir leben. Im Kapitalismus zählt nur der Profit, der aus uns Lohnabhängigen raus gepresst wird. Und hier sind die Frauen ein gefundenes Fressen, als billige Lohnsklavinnen, als unbezahlte Hausarbeiterin und als Mütter der neuen Lohnsklaven. Wir müssen das Problem an der Wurzel anpacken und endlich Schluss machen mit dem unmenschlichen Wirtschaftssystem! Schluss machen mit der Gesellschaft, die Sexismus, Rassismus und die dazugehörenden Rollenbilder reproduziert. Der Kampf muss weiter gehen für die Befreiung des Menschen von allen Zwängen und gegen die Doppelunterdrückung der Frau als Lohnabhängige und zugleich auf Grund ihres Geschlechts. Und es lohnt sich, zu kämpfen, denn nur durch den gemeinsamen Kampf hier im kleinen aber vereint und solidarisch mit den kämpfenden Frauen auf der ganzen Welt, konnten die bisherigen Erfolge errungen werden.
Schluss mit Zusehen! – Aufstehen!
Für die soziale Revolution!
Gemeinsames Flugblatt der Revolutionäre organisierte Jugendaktion (ROJA) und der organisierten autonomie (OA)