++++ Bildungsstreik: 17. November 2011! ++++
G8 betrifft uns alle!
Das „Abitur nach 12 Jahren“ oder auch „achtjähriges Gymnasium“, kurz G8, ist das Ergebnis einer Schulreform der deutschen Gymnasien. Die Verkürzung der regulären Schulzeit von 13 auf 12 Jahre für Gymnasiasten ist inzwischen in den meisten Bundesländern durchgesetzt worden. Das achtstufige Gymnasium wurde erstmals im 3. Reich eingeführt, um die Wehrmacht möglichst schnell mit Offizieren aufzurüsten. Mittlerweile gibt es wieder das G8. In diesem Jahr gibt es auch das erste Mal einen bayrischen Abschluss des achtjährigen Gymnasiums und bis 2016 soll es im gesamten Bundesgebiet eingeführt worden sein, doch schon jetzt ist jeder Einzelne von uns davon betroffen.
Warum wurde es wieder eingeführt?
Das Hauptargument für die Reform ist die Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Ländern, in denen die Schulzeit kürzer ist und in denen die Schüler und Schülerinnen früher ein Studium oder eine Ausbildung beginnen können. Fachkräfte sollen dem Arbeitsmarkt früher zur Verfügung stehen, um es deutschen Unternehmen zu ermöglichen, den Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt auszutragen und möglichst schnell möglichst viel Geld aus den Schülern und Schülerinnen zu erwirtschaften.
Die Verkürzung der Schulzeit um ein Jahr ist für die Unternehmen ein Jahr mehr, in dem sie die Abiturienten für sich arbeiten lassen können und dadurch auch Gewinne erzielen wollen. Die Interessen der Wirtschaft und der Unternehmen werden also über die Interessen der Schüler und Eltern gestellt, welche sich zu großen Teilen gegen die Einführung des G8 ausgesprochen haben.
Probleme für uns alle!
Die Verkürzung der Schulzeit um ein Jahr hat enorme Auswirkungen auf diejenigen von uns, die ein Abitur schreiben. Da weniger Zeit für den durchzunehmenden Stoff vorhanden ist, wurden die Wochenstunden für die Schüler bereits ab der 5. Klasse gesteigert. In Bayern beispielsweise hat eine Woche bis zu 36 Unterrichtsstunden und das ist nur die Zeit, die in der Schule verbracht wird. Wenn man noch die Zeit dazu rechnet, die dazu benötigt wird, Hausaufgaben zu machen und die Stunden, in denen für die nächsten Prüfungen gebüffelt wird, kommt man auf eine noch deutlich höhere Stundenzahl. Mehr als jeder Tarifvertrag der Gewerkschaften in Deutschland zulassen würde! Auswirkungen dieser Belastung sind schon seit mehreren Jahren zu erkennen: Bei Stichproben an mehreren Gymnasien ergab sich, dass fast jeder zweite Schüler der siebten und achten Klasse an Stresssymptomen, wie Bauchschmerzen, Ess- oder Schlafstörungen, leidet. Auch Jugend- und Kinderärzte beklagen inzwischen, dass ihre Praxen zu Reparaturwerkstätten für krankmachende Schulen würden.
Dass die Umstellung zum G8 auch den Abiturienten dieses Jahres große Probleme machte, erkennt man schon daran, dass bei mehreren Teilnehmern im Nachhinein die Noten aufgebessert wurden um die Anzahl der nicht bestehenden Schüler zu senken. Die Schüler konnten offenbar in der kürzeren Zeit nicht ausreichend auf die Abschlussprüfungen vorbereitet werden.
Doch auch diejenigen von uns, die nicht auf dem Gymnasium waren oder sind, leiden unter der Reform. Durch die erhöhte Anzahl der Schulabgänger in diesem Jahr und der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, ergibt sich ein erhöhter Konkurrenzkampf für alle von uns, die auf der Suche nach Studien- oder Ausbildungsplätzen sind. Viele vom Gymnasium kommenden Schüler entscheiden sich für eine Ausbildung, statt die Weiterbildung auf einer überfüllten Fachhochschule oder Universität zu suchen. Auch die meisten Realschüler werden es sich zweimal überlegen, ob sie den weiteren Bildungsweg über eine der Fachoberschulen zum Studium wählen oder sich doch gleich einen Ausbildungsplatz suchen. Dadurch wird es in den nächsten Jahren zu einer gesteigerten Nachfrage nach Ausbildungsplätzen kommen. Für die Schüler mit „niedrigerem“ Abschluss wird es immer schwerer sich am Arbeitsmarkt gegen die Gymnasiasten und Realschüler durchzusetzen. Die Jugendarbeitslosigkeit bei Hauptschulabsolventen wird in den nächsten Jahren dadurch erneut erheblich steigen. Aber auch die Jahre darauf wird es zu einem erhöhten Konkurrenzkampf wegen des G8 kommen. Denn da die Abgänger ein Jahr länger auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind, gibt es auch ein Jahr länger ihre Arbeitskraft. Sie müssen ein Jahr länger dafür kämpfen, den Arbeitsplatz zu behalten und andere müssen ein Jahr länger dafür kämpfen, ihn zu bekommen.
Doch wir wollen überhaupt nicht mit unseren ehemaligen Klassenkameraden um Arbeits- und Ausbildungsplätze kämpfen! Wir wollen auch nicht mit Arbeitenden oder Lernenden aus anderen Ländern konkurrieren! Davon haben wir erst mal gar nichts, außer einen unsicheren, schlecht bezahlten Job vielleicht, um den wir dann bangen dürfen. Das Problem liegt ganz wo anders:
Machen wir also endlich Schluss mit dem Bildungssystem, das uns im Interesse der Wirtschaft und der Herrschenden erziehen soll! Kämpfen wir gemeinsam und solidarisch für eine Schule und ein Leben nach unseren Vorstellungen!