1.Mai: Tausende in Nürnberg gegen Nazis aktiv

+++ Stadt genehmigt Naziaufmarsch +++ Südstadt von tausenden Polizisten lahm gelegt +++ I50 Neonazis wurden am letzten Dienstag von der Polizei durch die Südstadt eskortiert +++ über 3000 Menschen beteiligten sich an der revolutionären 1. Mai Demonstration, die von Gostenhof in die Südstadt zog, wo sich die TeilnehmerInnen den Nazis aktiv entgegenstellten +++ Günther Beckstein, CSU, ausgebuht +++ zahlreiche AntifaschistInnen durch Polizeibeamte verletzt +++ schockierende Verdrehung der Tatsachen in der Nürnberger Presse +++

An dieser Stelle sollen die Ereignisse aus der Sicht der über 3000 Jugendlichen, ArbeiterInnen, Erwerbslosen, GewerkschafterInnen, SchülerInnen und StudentInnen, Punks und RentnerInnen, die sich an der Demo und den antifaschistischen Aktivisten beteiligten, dargestellt werden.


Städtische und staatliche Verantwortliche unterbinden faschistisches Treiben nicht

In diesem Land sind faschistische Parteien und Organisationen erlaubt. Nazis sitzen in Parlamenten und Stadträten und es vergeht seit Jahren kein Wochenende ohne faschistische Provokationen und gewalttätige Übergriffe. Der Staat zeigt sich nicht gewillt dem Treiben der Nazis ein Ende zu bereiten.
Der Staat, der nahezu wöchentlich neue Gesetze beschließt die unsere Rechte einschränken, Telefone abhören lässt, Bürger und ihre Computer bespitzeln will, den Polizeiapparat beständig ausbaut und in Afghanistan so genannte Terroristen bekämpfen möchte gibt vor, keine Möglichkeit zu besitzen, den rassistischen Verbrechern und ihren Organisationen wirksam Einhalt zu gebieten.
Folgerichtig konnten die Nazis am 1. Mai auch in Nürnberg wieder mit städtischer und staatlicher Genehmigung versuchen ihre rassistische Hetze zu verbreiten.

Tausende AntifaschistInnen beteiligen sich an der revolutionären 1. Mai Demonstration

Die traditionelle revolutionäre 1. Mai Demo reihte sich in diesem Jahr in die Aktivitäten gegen den G8 Gipfel ein, der im Juni in Heiligendamm tagt.
Für uns als Vorbereitende wie für alle am Bündnis beteiligte Gruppen und Organisationen war klar, dass die revolutionäre 1. Mai Demonstration in diesem Jahr darüber hinaus in die Südstadt ziehen muss, um allen Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, sich dort den Nazis entlang ihrer Route entgegenzustellen.
Bereits am Auftaktplatz der revolutionären 1. Mai Demonstration in der Gostenhofer Hauptstraße zeichnete sich ab, dass viele NürnbergerInnen diese Entscheidung nicht nur gut heißen, sondern durch ihre Teilnahme aktiv unterstützten.
Die TeilnehmerInnenzahl der schon traditionellen Demo war von Beginn an im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen und der Zug wuchs auf seinem Weg in die Südstadt auf über 3000 Menschen an. Die gesamte Route über schlossen sich Menschen und ganze Gruppen der lautstarken Demo an. Am Frauentorgraben reihte sich eine Gruppe von 150 Menschen, die von der gewerkschaftlichen 1. Mai-Demo kam, in den Zug ein.

Aktive AntifaschistInnen unterbinden die ungestörte Verbreitung von Nazipropaganda in der Südstadt

Im Anschluss an die Demonstration zogen die TeilnehmerInnen zum Auftakt der Nazis am Maffeiplatz. Die mit den Sonder-U-Bahnen des VGN ankommenden ca. 150 Nazis wurden dort mit Pfiffen, antifaschistischen Parolen und Transparenten empfangen.
Einige empörte Menschen warfen Flaschen und Steine auf die rassistischen Gewalttäter und Schläger.
Der Naziaufmarsch begann panisch und die Braunen marschierten im Eiltempo zur Lorenzkirche, wo sie erschöpft nach 24 Minuten ankamen. Die ganze Strecke über wurden die Nazis von AntifaschistInnen lautstark begleitet. An nahezu jeder Kreuzung die der braune Spuk passierte versuchten AntifaschistInnen auf die Route zu gelangen und dem braunen Spuk wie im Oktober 2006 durch eine Blockade ein Ende zu bereiten.

USK-Sondereinheiten der Polizei schützen Nazis, verhindern Blockade und halten den Faschisten den Weg frei

Beschützt durch ein Großaufgebot äußerst aggressiv gegen die AntifaschistInnen vorgehender Polizeisondereinheiten, konnten die Nazis hinter den extra für sie durch die gesamte Südstadt und Teile der Innenstadt verlegten Absperrgittern ihren Aufmarsch hinter der Lorenzkirche beenden. An den Absperrgittern und im Umfeld des Aufmarsches kam es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen der martialisch auftretenden Polizei, die mit Gassprays und Knüppeln gegen AntifaschistInnnen und vereinzelt auch Unbeteiligte vorging. Über 30 festgenommene AntifaschistInnen, zahlreiche Verletzte, darunter mindestens drei die zur Behandlung in Krankenhäuser gebracht wurden, sind die traurige Bilanz des Polizeieinsatzes.

Nach dem der Nazimarsch vorbei war begann die Kundgebung der Bürgerlichen vor der Lorenzkirche

Vor der Lorenzkirche hatte sich bereits eine größere Menschenmenge eingefunden, die einem Aufruf von Kirchen, bürgerlichen Parteien u.a. gefolgt war. Zu diesen gesellten sich etliche der 2500 Teilnehmerinnen der DGB Demo, und viele der aus der Südstadt kommenden AntifaschistInnen. Zusammen ergab das etwa 5000 TeilnehmerInnen.
Während hinter der Lorenzkirche von der bayrischen Polizei hermetisch abgeschirmt die Nazis nun isoliert ihre Reden schwingen konnten, sollte auf der Bühne vor der Lorenzkirche der bayrische Innenminister G. Beckstein auf Einladung der SPD sprechen.

Warum Günther Beckstein an der Lorenzkirche ausgepfiffen wurde

Die Reden von Günther Beckstein (CSU), aber auch die des Nürnberger Oberbürgermeisters Maly (SPD) waren trotz Lautsprecheranlage kaum zu hören. Viele der Versammelten machten ihrem Unmut darüber Luft, dass mit Beckstein sich ausgerechnet der CSU-Rechtsaußen und Abschiebehardliner als Gegner der Ausländer-raus-Faschisten profilieren wollte.
Das Auftreten und Verhalten der zum Schutz der Nazis aufgebotenen Polizeisondereinheiten, die auch an der Lorenzkirche noch brutal gegen AntifaschistInnen vorgingen, heizte die Stimmung gegen deren Dienstherren Beckstein zusätzlich an. Eine Flasche, ein paar Becher und Plastikflaschen flogen aus der Menge in Richtung Beckstein.
„Beckstein ist – ein Rassist, Beckstein Raus, wo wart ihr in der Südstadt, aufhören aufhören“ schallte es über den Platz.
Viele GewerkschafterInnen, ausländische KollegInnen, AntifaschistInnen und Autonome waren sich einig: So nicht!

Die Ereignisse im Spiegel der Nürnberger Presse

Besorgniserregend ist, wie weit die lokale Presse, allen voran die Nürnberger Nachrichten, mittlerweile in ihrem Bemühen geht, antifaschistische Aktivitäten totzuschweigen, und wo das nicht mehr geht im Stil der Bild-Zeitung zu diffamieren. Dieses Jahr brachten es die großen Nürnberger Zeitungen fertig, ihren LeserInnen mit der revolutionären 1. Mai Demonstration, die größte antifaschistische Demo des Tages und ihre politischen Inhalte nahezu komplett zu verheimlichen. Einzelne Opfer der Gesellschaft, die mittags bereits alkoholisiert waren, fanden sich am Rande aller Anti-Nazi-Kundgebungen. In der Berichterstattung werden diese Menschen als die Autonomen oder der schwarze Block dargestellt. AntifaschistInnen werden in der Presse gar mit Nazis gleichgesetzt und Überlegungen wie aktive antifaschistische Proteste eingedämmt und kriminalisiert werden können nehmen breiteren Raum ein als die Empörung über die Faschisten. Die demokratische Forderung nach einem Verbot von Naziaufmärschen oder Überlegungen, wie dies umzusetzen sei sucht Mensch zumindest in der Nürnberger Nachrichten vergeblich.
Die Berichterstattung über die Ereignisse rund um den Naziaufmarsch zeigt: Pressefreiheit wird hier zunehmend als Freiheit zu lügen missbraucht und es fehlt eine Tageszeitung, die dem lokalen Medienkartell objektive Berichterstattung entgegensetzt.
Aller Desinformation zum Trotz zeigen die wachsenden Erfolge antifaschistischer Mobilisierungen in Nürnberg, dass sich jedoch lange nicht alle Menschen von der Presse verarschen lassen.

Antifaschistische Selbstverteidigung ist gerechtfertigt und notwendig

ahr um Jahr müssen wir erleben, dass die städtischen und staatlichen Verantwortlich den Erben der NSDAP ein Recht auf faschistische Propaganda in den Straßen unserer Stadt einräumen. Unter diesen Umständen ist es selbstverständlich geworden, dass sich Tausende zusammenschließen und den Nazis aktiv entgegentreten.
Erst im Oktober 2006 verhinderten ca. zweitausend AntifaschistInnen im Anschluss an eine von der Organisierten Autonomie und dem Antifaschistischen Aktionsbündnis vorbereitete Demonstration, zu der 150 Läden, Vereine etc. aufgerufen hatten, in Gostenhof einen genehmigten Naziaufmarsch durch eine sieben Stunden aufrechterhaltene Blockade.
Maly und die bürgerlichen Parteien haben eines richtig erkannt, dass ignorieren und totschweigen von Naziaufmärschen, wie sie es vor Jahren noch im Zusammenspiel mit der bürgerlichen Presse durchzusetzen versuchten, ist in Nürnberg nicht machbar. Von unabhängigen antifaschistischen Mobilisierungen und der Unzufriedenheit der eigenen Basis getrieben, versuchen die stets um ihr Wählerklientel besorgten bürgerlichen Parteien sich deshalb heute als die wahren Antifaschisten darzustellen.
Jene Parteien jedoch, die die staatliche Macht in Berlin wie Nürnberg in den Händen halten, die Naziparteien zulassen, deren Aufmärsche genehmigen und durch bürgerkriegsähnlich ausgerüstete Polizeisonderheiten durchprügeln lassen, aktive AntifaschistInnen kriminalisieren und beschimpfen und zehntausende Euro Steuergelder für die Polizeieinsätze zum Schutz der faschistischen Verfassungsfeinde verschwenden, müssen sich jedoch auch weiterhin folgende Fragen gefallen lassen:
Warum schließen sich die Bürgerlichen nicht dem berechtigten aktiven Antifaschismus von tausenden NürnbergerInnen an? Warum organisieren sie zahnlose Protestaktivitäten weit ab der Naziroute und nach dem Ende des Naziaufmarsches, anstatt sich den Nazis entgegenzustellen? Die Existenz von Naziorganisationen ist kein Naturgesetz – warum sind sie in der BRD legal? Warum werden gewalttätige Nazis, deren Ziel die Vernichtung Andersdenkender ist, von der Polizei beschützt? Warum werden ihre Aufmärsche genehmigt? Warum transportieren die Nürnberger U-Bahnen die Nazis in Sonderzügen zu ihren Kundgebungen?
Befriedigende Antworten haben wir nie erhalten, deshalb gilt für uns auch in Zukunft: Vertrauen zum Staat und seinen Institutionen ist nicht gerechtfertigt, Antifaschistische Selbstverteidigung ist gerechtfertigt und notwendig! AntifaschistIn sein heißt, selbst aktiv werden!

Eine Initiative der: organisierte autonomie (OA)
Mit herausgegeben von: Antifaschistisches Aktionsbündnis, Radikale Linke, [’solid] Nürnberg, Antifaschistische Linke Fürth, Autonome Jugendantifa, Pension Ost, Schülerbündnis Nürnberg und SDAJ Nürnberg