Profite pflegen keine Menschen – Aktionstag am 17. Juni – Redebeitrag OA

Redebeitrag der organisierten autonomie (OA), gehalten auf der Kundgebung am 17. Juni 2020 der „Initiative Gesundheit statt Profit“ und der „Initiative solidarischer ArbeiterInnen“.

Hallo zusammen,

Es ist nichts neues, es ist kein Geheimnis: Auch die Krankenhäuser funktionieren heute wie ein kapitalistisches Unternehmen.
Selbst wenn es sich um ein kommunales Krankenhaus handelt. Die Ausrichtung ist ganz auf Wirtschaftlichkeit getrimmt.
Die individuellen Bedürfnisse der PatientInnen, aber auch der Pflegekräfte, müssen dahinter zurückstehen.
Im Zuge der Ökonomisierung des Gesundheitswesens hat die Zahl der PatientInnen in den letzten 20 Jahren massiv zugenommen.
Es gibt wesentlich mehr „Eingriffe“, d.h. Untersuchungen und Operationen. Auch die Zahl der Ärzte ist gewachsen – doch die Zahl der Pflegekräfte steigt kaum.
Was sind die Folgen, dieser Entwicklung, ganz im Sinne der profitorientierten Pflege?
Für die ArbeiterInnen im Krankenhaus:
– Arbeitsverdichtung und Arbeiten am Limit
– gesundheitsschädlicher Stress auf den Stationen
– unzumutbare Nachtschichten, in denen der Personalschlüssel extrem reduziert ist
– körperliche und psychische Belastungen

All das hat ein Ausmaß erreicht, dass man als Pflegekraft eigentlich nur noch in Teilzeit aushalten kann.
Damit ist allerdings Altersarmut schon mal vorprogrammiert.
Auch die bürokratischen Dokumentationsarbeiten nehmen Überhand. Für die PatientInnen bleibt kaum noch Zeit – und das Entgelt für all den Stress ist nach wie vor zu niedrig.
Unter diesen Bedingungen ist sicherlich keine „gute Pflege“ möglich.
Jeden Tag versuchen die im Krankenhaus arbeitenden Beschäftigten dennoch das Beste aus der Situation zu machen und für ihre PatientInnen da zu sein.
Doch eine gute Pflege, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird, müsste doch anders aussehen, oder?
Einen kranken oder verletzten Menschen bestmöglich zu unterstützen, das kann doch nicht eine Frage der Wirtschaftlichkeit sein!

Auch wenn uns immer wieder erzählt wurde, dass der Markt alles regelt, konnten wir durch die Pandemie teilweise am eigenen Leib erleben: Der Markt regelt gar nichts.
Obwohl es lange bekannt war, dass es gerade unter kapitalistischen Bedingungen jederzeit zu einer Pandemie kommen könnte, hatten die Herrschenden kaum vorgesorgt.
Sie waren damit beschäftigt, angebliche „Überkapazitäten“ zu überprüfen.
Und der Abbau von Krankenhausbetten – zur Reserve – wurde auch voran getrieben!
Hier sieht jede und jeder: Die Marktwirtschaft ist gänzlich ungeeignet um die elementarsten Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen.
Besonders deutlich wird dies in Ländern, in denen es keine Pflichtkrankenversicherung gibt.
Doch auch hierzulande gibt es riesige Unterschiede beim Zugang zu Gesundheitsleistungen.

Die Menschen werden durch die Konkurrenzwirtschaft krank gemacht. Stress und Leistungsdruck schwächen die Lohnabhängigen in regulären Beschäftigungen, noch schlimmer trifft es die besonders prekär arbeitenden.
Und wehe prekär Beschäftigte oder kleine Selbstständige werden schwer krank!

Was ist also besser, was ist notwendig?

Wir müssen die kapitalistische Wirtschaftsweise überwinden und zu einer solidarischen Wirtschaftsweise übergehen.
Stellen wir die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund.

Ich kann mir ein Krankenhaus vorstellen, in dem Pflegekräfte, PatientInnen und ÄrztInnen gemeinsam bestimmen, wer wie behandelt wird.
Ich kann mir ein Krankenhaus vorstellen, das jedem Menschen die bestmöglichste Aufmerksamkeit und Behandlung zukommen lässt.
Ich kann mir ein Krankenhaus vorstellen, das von einer solidarischen Gemeinschaft getragen und aufrecht erhalten wird.
Ich kann mir ein vergesellschaftetes Krankenhaus vorstellen.

Damit es Wirklichkeit werden kann, muss es irgendwo anfangen.

Die Ablehnung der Fallpauschalen ist ein erster Schritt.
Die größten Schritte konnten dort gemacht werden, wo Krankenhaus-Beschäftigte im Bündnis mit anderen Beschäftigten und mit politischen Kräften gemeinsam für notwendige Veränderungen gekämpft haben.
Schließen wir uns zusammen und erkämpfen gemeinsam eine menschliche, solidarische Pflege!

Lasst uns Druck machen für eine Gesellschaft in der für die Bedürfnisse aller Menschen gewirtschaftet wird – so wie es im Krankenhaus jetzt schon sein sollte!

Danke!