Es gibt Gründe warum mit Antifaschist*innen heute in diesem Land übel umgegangen wird
Wir befinden uns in einer krisenhaften Situation. Einer Situation, in der sich die Machtblöcke international verschieben, die Konkurrenz zunimmt und alle gesellschaftlichen Strukturen einer Umstrukturierung unterzogen werden. Einer Situation, in der die Ausbeutung steigt, die soziale Absicherung schwindet, die Verunsicherung wie die Unzufriedenheit wächst. Allen, die sich diesen Zuständen entgegenstellen – allen, die eigene Interessen, die Interessen der Mehrheit auf die Tagesordnung setzen und für diese kämpfen – allen, die die Verhältnisse grundsätzlich in Frage stellen, droht Verleumdung, Abschreckung und wo das nicht wirkt, Kriminalisierung und Verfolgung. So wundert es nicht, dass sich neben radikalen Linken und Revolutionär*innen, immer öfter Kriegsgegner*innen, Streikende, Klimaaktivist*innen, Gegner*inn-
en von Gentrifizierung, Frauenrechtsakti-
vist*innen und eben auch Antifaschist*innen auf der Anklagebank befinden.
Die radikale und revolutionäre Linke, so sieht es aus, hat angesichts der wachsenden gesellschaftlichen Unzufriedenheit perspektivisch Zulauf zu erwarten, sollte es ihr gelingen, die eigenen Strukturen auf Grundlage eines gesellschaftlich erkennbaren Klassenstandpunktes auf- und auszubauen. Verbunden mit einer klar formulierten gesellschaftlichen Alternative und Zielsetzung, jenseits der herrschenden kapitalistischen Ordnung, wäre das ein Alptraum für die Vertreter*innen der Interessen der herrschenden Klasse. Sie beugen deshalb vor und schaffen mit den Methoden rechter bürgerlicher Ideologie Grundlagen für die Diffamierung antifaschistischer Aktivitäten. Zum Beispiel mit der, wissenschaftlich nicht haltbaren, sogenannten Hufeisentheorie, die linke Radikale mit Faschist*innen gleichsetzt. Mit der medialen Berichterstattung, die dann antifaschistische Aktivitäten als kriminell darstellt, setzen sie die Diffamierung fort. Sie schaffen darüber hinaus immer repressivere Gesetze, wie die neuen Polizeiaufgabengesetze, rüsten die Repressionsorgane auf und versuchen immer öfter selbst Bundeswehreinsätze im Inneren auf die Tagesordnung zu bringen.
Dass die antifaschistische Bewegung angesichts der reaktionären, gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland, früher oder später ins Ziel stärkerer staatlicher Repressionsmaßnahmen geraten musste, ist klar. Weiten Teilen der antifaschistischen Bewegung gelang es bis heute immer wieder, sich Vereinnahmungsversuchen durch bürgerliche Ideologie, bürgerliche Parteien und Institutionen zu entziehen. Dieser Teil der antifaschistischen Linken erweist sich nicht nur als Störenfried faschistischer Pläne und Aktivitäten, er rückt auch immer wieder reaktionäre Umtriebe bürgerlicher Parteien, Organisationen, Behörden und Institutionen ins rechte Licht, in das sie gehören und schreckt vielerorts auch vor einer offenen Kritik der herrschenden Klasse nicht zurück. Der wachsenden Kriminalisierung ging die zunehmende mediale Verleumdung der Antifa voraus. Der absolute Verfolgungswille, das Maß an Verleumdung und Kriminalisierung antifaschistischer Aktivitäten und Aktivist*innen, haben im Falle des Budapestkomplex und dem Antifa Graffiti Verfahren in Nürnberg dennoch viele überrascht.