Nazis morden der Staat ist mit dabei

Ein Kommentar zur Sache

Mit dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ist eine faschistische Terrororganisation, die bereits seit Jahren Überfälle beging und mindestens zehn Menschen gezielt ermordet hat,  in das Licht der Öffentlichkeit getreten. Mit ihr aufgeflogen ist darüber hinaus einmal mehr die Verwicklung von Verfassungsschutz, Polizei und anderen Staatsorganen in die Aktivitäten bundesdeutscher Nazi-Netzwerke.

Eine nicht enden wollende Reihe von angeblichen Pleiten, Pech und Pannen wird uns daraufhin präsentiert, die erklären soll, wie das unter den Augen der Staatsorgane geschehen konnte. Danach passiert, was immer in solchen Momenten passiert. Es wird viel über Fehler geredet, Kommissionen werden eingerichtet, hartes Handeln angekündigt, ein Verbot der NPD ins Spiel gebracht und die professionellen HeuchlerInnen aus Politik, Wirtschaft und Staatsapparat werden aktiv, um das angekratzte Image des Staates und seiner Organe und noch wichtiger des Wirtschaftsstandortes wieder aufzupäppeln. Keine Bühne in dieser schaurigen Republik, auf der Sie sich nicht drängen um Betroffenheit und Antifaschismus zur Schau zu tragen. Keine Talk-Show, die ohne billige Rechtfertigungsversuche, markige Ankündigungen und bürgerliches Expertenwissen auskommt. Kein Mikro bleibt unbesetzt, gilt es härtere Gesetze und mehr Handlungsspielräume für jene Reppressionsorgane einzufordern, die ja ganz offensichtlich schon die bestehenden nicht gegen das rechte Pack zur Anwendung bringen. Und schließlich werden nach Jahren sogar die migrantischen Opfer der faschistischen Killer bzw. ihre Angehörigen noch interessant. Sie bekommen eine Trauerfeier mit den politisch Verantwortlichen spendiert. So sieht es aus.

Wer genauer nachfragt, erfährt einmal mehr: Die Verantwortlichen in Deutschland haben natürlich nichts gewußt. Rechtsterror, das hat ja niemand ahnen können! Wir tappten im Dunkeln, es gab ja keine Bekennerschreiben, es wurden auch Abstimmungsfehler gemacht und, so tönt es aus Politik, Polizei, Justiz und Verfassungsschutz, es wird alles aufgeklärt und in Zukunft besser.

Wer sich darauf nicht verlassen möchte, hat selbstverständlich recht und tut gut daran, jenen Staatsorganen, die hunderten Nazis ein festes staatliches Einkommen als V-Leute garantieren, die Nazibanden wie dem Thüringer Heimatschutz die politische Praxis finanzieren und selbst der NPD, über V-Männer, neben der sogenannten staatlichen Wahlkampfkostenrückerstattung, noch Gelder zukommen lassen, zutiefst zu mißtrauen.

Dieser Staat ist weder unwissend, noch auf dem rechten Auge einfach nur blind. Nicht umsonst hat selbst das Bundesverfassungsgericht, im Rahmen des NPD-Verbotsverfahrens, eine mangelnde Staatsferne der Nazis attestiert.

Dies trifft auch auf den Kern der Terrororgasnisation NSU zu, der in der staatlich finanzierten Nazigruppierung Thüringer Heimatschutz, unter den Fittichen der zuständigen V-Leute und Verfassungschützer seinen Ursprung hat. Eingebunden in die Netzwerke aus NPD, Burschenschaften, freien Kameradschaften, Vertriebenenverbänden und anderen Naziorganisationen machen die Nazis erste Versuche, ihre blutigen Pläne in die Tat umzusetzen. Unter Beobachtung von Polizei und Verfassungsschutz kann der harte Kern der faschistischen Terrororganisation, nach einem gescheiterten Anschlag, untertauchen. Immer wieder unter verdeckter Beobachtung stehend und zeitweise über Anwälte mit den Behörden in Kontakt richtete sich die Terrororganisation von da an in der Illegalität ein. Sie beginnt angeblich unerkannt und ohne von den Ermittlungsbehörden jemals verdächtigt zu werden, allerdings laut Medienberichten mit staatlich hergestellten falschen Papieren ausgestattet, ihre Mordserie.

Wer angesichts all dessen immer noch auf den sogenannten Anstand der Zuständigen hofft, sich lückenlose Aufklärung von den staatlichen Stellen erhofft und erwartet, dass alle überlebenden Täter, sowie ihre Komplizen und Hintermänner bestraft werden, der ist mehr als naiv.

Antifaschismus, das wird heute immer deutlicher, muss die Kritik all jener Verhältnisse beinhalten die die Faschisten immer wieder hervorbringt. Anders ausgedrückt: Wer vom Kapitalismus, vom Staat und seinen Organen nicht sprechen will, der braucht auch über den  Faschismus nicht reden.

Erschienen in barricada – Dezember 2011