Liebknecht-Luxemburg-Demo 2013
„Und wer steht an ihren Gräbern und hält lächelnd noch die Spaten? Sag mal war`n das nicht, ja das war`n doch… Sozialdemokraten!“
(Marc Uwe Kling: Wer hat uns verraten?)
Im Jahr 2013 soll das Gedenken an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg einen neuen Charakter bekommen. Zumindest wenn es nach den Jusos Berlin, diversen solid Gruppen, der Naturfreundejugend, den JungdemokratInnen/junge Linke, der DGB Jugend Berlin, den SJD die Falken und der sozialistisch-zionistischen Jugendgruppe HaSchomer Hatzair Berlin geht. „In den letzten Jahren ist die Präsenz von offen stalinistischen und maoistischen (K-)Gruppen so prägend für die Demo geworden, dass viele keine Lust mehr haben sich hinter den Stalin-Porträts und dem DDR-Fahnenmeer einzureihen.“ So ihre Begründung für die eigene Demo.
Vielen Autonomen dürfte es schon ähnlich gegangen sein. Denn, so schade es auch ist, die LL-Demo wird in unseren Gefilden von vielen eher als linkes Museum der Kuriositäten wahrgenommen, als eine ernst zu nehmende kämpferische Demo. Aber was ist da eigentlich dran? Immerhin laufen in ihren Reihen AktivistInnen mit, die den Kampf seit Jahrzehnten noch nicht aufgegeben haben – ganz im Gegensatz zu vielen ach so emanzipatorischen Hipster-Linken, die nach dem Studium sowieso weg sind um irgendwo ordentlich Karriere zu machen, weil es ja kein Richtiges im Falschen gibt. Des Weiteren nehmen verschiedenste linke Gruppen nach wie vor an der Demo teil und versuchen seit Jahren verstärkt einen anderen Ausdruck mit in das Gedenken zu tragen. Auch von einem ALB-Party Lauti kann man halten, was man will, aber die Verherrlichung autoritärer Staaten findet bei Lady Gaga eher spärlich statt. Das Singen von ArbeiterInnenliedern ist ein Ausdruck vieler TeilnehmerInnen, der von jenen gehasst wird, die der Bewegung ihre Historie gerne absprechen oder sie schlichtweg verteufeln. Aber es ist ein schönes kollektives Erlebnis für diejenigen, die die radikale Linke nicht ohne ihre Geschichte und der proletarischen Kultur denken wollen. Objektiv gibt es also nicht DAS Problem, das die ProtagonistInnen des Gegenbündnisses der Einfachheit halber bei den Fahnen- und PotraitträgerInnen verorten.
Die vom Gegenbündnis dargebotene Lösung kommt mit einer solchen Selbstgefälligkeit daher, dass man annehmen muss, dass dort die einzig wahren ErbInnen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht demonstrieren. Doch wie kann das ausgerechnet eine sozialdemokratisch dominierte Demo mit Tendenz-Antideutschen (die sich in Berlin teilweise offen Neo-Konservative nennen) im Gepäck sein? Aus Platzmangel werden an dieser Stelle nicht die Einzelheiten Luxemburgs und Liebknechts Ermordung ausgeführt, aber dass dies von der SPD-Führung abgesegnet wurde, ist erwiesen. (zum ausführlichen Lesen).
Abgesehen von der historischen Schuld, führt die deutsche Sozialdemokratie auch heute noch munter den Kampf gegen die Klasse, zu deren Vertretung sie sich damals aufgeschwungen hatte. Die Agenda 2010 sei als nur ein Beispiel erwähnt. Krieg, Armut und Rassisten wie Sarrazin und Buschkowsky ergänzen nur die Liste der Ekelhaftigkeiten. Ihrer Jugendorganisation ist dies bekannt. In dem Moment, in dem sich Menschen für diese Organisation entscheiden, tragen sie die Politik der Mutterpartei mit! Auch wenn die Jugend oft weiter links steht, so ist sie doch der Nachwuchs der Partei und so ist es doch sie, die es versucht, die Sozialdemokratie wieder als salonfähige Bündnispartnerin in den Widerstand einzugliedern und sie somit ein Stück weit zu rehabilitieren. Es spricht nichts Grundsätzliches dagegen, einzelne von diesen Organisationen in unsere Bündnisse aufzunehmen, wenn das inhaltlich zusammen geht, aber die Dominanz in diesem Bündnis spricht Bände.
Und so halten es die „emanzipatorischen“ Kräfte frei mit „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ und spielen lieber mit den sozialdemokratischen Kräften. Andere könnte man an dieser Stelle ernsthaft kritisieren, dass sie nicht nach gemeinsamen und konstruktiven Lösungen gesucht haben, einen eigenen Block machen, eigene Mittel massenhaft mitnehmen, um die Portraits zum Randphänomen werden lassen oder oder oder. Aber bei Kräften wie diesen, ist das Interesse nicht, das Einende zu suchen, sondern das Trennende zu finden.
Doch wie dem auch sei: Verbesserungsbedarf gibt es ganz real! Allein der Aufruf der „traditionellen“ LL-VeranstalterInnen ist tatsächlich nicht gerade der große Wurf. Das Zeichnen apokalyptischer Bilder mit Hilfe des Weltenbrandes (in der nordisch-germanischen Mythologie steht dieses Wort für die vier Phasen des Weltuntergangs) ist kurzum gesagt mystischer Scheiß! Aber der Fakt, dass nach wie vor zehntausende jährlich Luxemburg und Liebknecht gedenken, sollte uns nicht in die irrsinnige Debatte führen, wegen wem sie sich jetzt wohl mehr im Grabe herum drehen, sondern darum, gemeinsam mit allen, die an diesem Diskurs interessiert sind, einen Weg zu finden, der ein aktives, kämpferisches, revolutionäres Gedenken für alle ermöglicht.
Luxemburg – Liebknecht Demonstration
So., 13.01., 10:00 Uhr, Frankfurter Tor, Berlin
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Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz
Sa., 12.01., 10:00 Uhr, Urania-Haus, An der Urania 17, Berlin
mehr: www.rosa-luxemburg-konferenz.de V.: Tageszeitung junge Welt.