Lärm und Krach in Gostenhof
Steigende Mieten • Verknappung von Wohnraum • Ausverkauf und Gentrifizierung • schlechte Wohnqualität • Privatisierung städtischen Wohnraums und städtischer Leerflächen • wachsende Rendite mit der Miete
Auf einer Lärm-Demonstration gegen hohe Mieten, Gentrifizierung und schlechte Wohnqualität am 27. Februar in Gostenhof, stellten die organisierte autonomie und die „Initiative Mietenwahnsinn stoppen!“ die lang angekündigte Gostenhofer Stadtteilerklärung vor.
Im von der Stadt Nürnberg und zahlreichen Immobilienfirmen als In-Viertel angepriesenen Stadtteil Gostenhof, ist die Stimmung gegenüber dem Gebaren von HausbesitzerInnen, Hausverwaltungen, MaklerInnen und der städttischen Wohnungspolitik seit längerem am Kochen. Überall im Stadtteil sind Aufkleber und Graffitis zum Thema zu sehen, in Hausgängen hängen Flyer mit Rechtstipps für Mietrebellen und die miese Lage auf dem Wohnungsmarkt ist an allen Ecken ein Thema. Viele haben ihrer Unzufriedenheit in der im letzten Jahr durchgeführten Umfrage, an der sich über 1000 GostenhoferInnen beteiligten, erstmals Luft gemacht. Unter dem Motto: „Gostenhof spielt nicht mehr mit – Wir wehren uns gemeinsam“ fand nun am Freitag, den 27. Februar, im Stadtteil Gostenhof die zweite Lärm-Demonstration gegen hohe Mieten, Gentrifizierung und schlechte Wohnqualität statt. Zu der Demonstration aufgerufen haben die OrganisatorInnen der Umfrage von der organisierten autonomie (OA) und der „Initiative Mietenwahnsinn stoppen!“.
Die Lärmdemo durch Gostenhof
An dem kunterbunt zusammengesetzten Umzug beteiligten sich um die 50 GostenhoferInnen, die, von der in der Nähe des Plärrer gelegenen Auftaktkundgebung, durch den gesamten Stadtteil zogen. Ein kleiner Querschnitt der Gostenhofer Bevölkerung nahm an der Demo teil, neben einem Rentner, ArbeiterInnen, einer Hand voll Punks, Angestellte und Erwerbslose, MigrantInnen, SchülerInnen und StudentInnen sowie einige Mütter und Väter mit ihren Kindern. Für die notwendige Aufmerksamkeit sorgten die AktivistInnen, wie bei der ersten Lärmdemo vor einigen Wochen, durch lautstarke Parolen und Krach, der mit Kochtöpfen und anderen Lärminstrumenten fabriziert wurde. Eine auf einem Leiterwagen mitgeführte Anlage sorgte für musikalische Untermalung und Aufklärung durch kurze Redebeiträge. Bei Zwischenstopps an der Knauerstraße, bei den noblen Neubauten in der Mittleren Kanalstraße, an den Luxuseigenheimen in den sogenannten Ardiehöfen und am Datev-Campus sorgten kurze Redebeiträge für Aufklärung über Luxussanierung, steigende Qudratmeterpreise, Verdrängung und offensive Kritik an der Wohnungspolitik der Stadt Nürnberg. An Bauzäunen und einigen anderen Orten wurde das Gesagte in schriftlicher Form auf großen Plakaten und Sprechblasen hinterlassen, um später vorbeikommenden PassantInnen einen Eindruck von den Forderungen zu verschaffen. Wie alle Aktivitäten in Gostenhof zum Thema Ausverkauf, Mieten und Gentrifizierung, die in den letzten Monaten stattfanden, stieß auch die Demo auf Sympathie und Interesse. Leider waren aufgrund des schlechten Wetters diesmal nicht so viele AnwohnerInnen auf der Straße unterwegs. Nach ca. eineinhalb Stunden endete der Zug, dem sich immer mal wieder PassantInnen anschlossen, am Stadtteilladen Schwarze Katze in der Mittleren Kanalstraße Ecke Untere Seitenstraße.
Die Gostenhofer Stadtteilerklärung
Auf der Auftaktkundgebung stellten die OrganisatorInnen, wie im Aufruf angekündigt, die Gostenhofer Stadtteilerklärung vor, die aus den Ergebnissen der Stadtteilumfrage und vielen Diskussionen mit AnwohnerInnen resultiert. Anja Huber, Pressesprecherin der organisierten autonomie ergänzt: „Allen GostenhoferInnen wurde darüber hinaus, durch eine persönliche Einladung sich zu beteiligen, zuletzt noch einmal die Möglichkeit gegeben, eigene Vorstellungen einzubringen, was auch genutzt wurde. Angekündigt haben wir ihr Erscheinen bereits im Rahmen der Umfrage 2014. Nun ist sie endlich da, die kollektiv erarbeitete Erklärung des Stadtteils Gostenhof gegen den Ausverkauf unseres Viertels, gegen steigende Mieten, Gentrifizierung und Verdrängung“, erklärt Anja Huber und fährt fort. „Herausgekommen ist ein Manifest aus 8 Punkten, das uns, der Mehrheit der GostenhoferInnen eine gemeinsame Stimme geben soll und als Grundlage und Bezugspunkt für alle weiteren Aktivitäten dienen wird. Neben direkten Handlungsanweisungen und aktuellen Tagesforderungen, bietet die Erklärung Perspektiven und langfristige gesellschaftliche Zielsetzungen. Unsere Bewegung steckt heute noch in den Kinderschuhen. Viele hier sind es noch nicht gewohnt, ihre Interessen selbst in die Hand zu nehmen. Das wird sich mit der Zeit jedoch ändern. Der Wahnsinn auf dem Wohnungsmarkt lässt einem gar keine andere Möglichkeit. Wir werden gemeinsam lernen, uns zu wehren und unsere Interessen auf die Tagesordnung zu setzen. Unser Kampf wächst Schritt um Schritt und wir werden den Verantwortlichen Dampf machen!“
Die Gostenhofer Stadtteilerklärung soll in den nächsten Wochen an mehreren Infotischen im Stadtteil unter die Leute gebracht werden und als Postwurfsendung an alle GostenhoferInnen verteilt werden.
Allen, die jetzt neugierig geworden sind, die wissen wollen, was es mit dieser Stadtteilerklärung auf sich hat und die nicht darauf warten wollen bis die Erklärung via Infotischbesuch oder Briefkasten endlich in ihren Händen landet, sowie allen, die nicht in Gostenhof wohnen, empfehlen wir den Besuch der folgenden Internetseite: Unter www.redside.tk/gostenhof findet ihr die Gostenhofer Stadtteilerklärung. Desweiteren findet ihr dort auch den Flyer mit Rechtstipps für Mietrebellen, die Ergebnisse der Gostenhofer Stadtteilumfrage und weitere Infos.
Erschienen in barricada – Zeitung für autonome Politik und Kultur – März/April 2015