Heraus zum internationalen Frauenkampftag!
Die Zahlen und Fakten kennen wir alle: jede 3. Frau wird in ihrem Leben Opfer sexueller Übergriffe, Frauen verdienen 23% weniger Lohn, werden massiv im Niedriglohnsektor eingesetzt, haben eine gesellschaftliche Doppelbelastung durch die Mutter- und liebende Ehefraurolle, die sie zusätzlich zur Lohnarbeit zu leisten haben und ihre Körper werden in der kapitalistischen Warengesellschaft als eben genau das betrachtet und ausgebeutet.
Doch was bedeuten diese Fakten im Alltag der Frauen und Mädchen? Das patriarchale System, in dem die Männer eine Siegerrolle zugewiesen bekommen, zwingt die Frauen von Geburt an in die Unterwürfigkeit: gegenüber dem Vater, dem Staat, dem Freund oder Ehemann. Wir bekommen Puppen zum spielen, werden gemaßregelt wenn wir uns beim spielen zu sehr dreckig machen, während der große Bruder jeden Tag so nach Hause kommt. Uns wird in der Schule sehr schnell klar gemacht, dass unsere männlichen Mitschüler nun einmal die Begabteren in Mathe und Physik seien und werden deswegen auch nicht in solch „männlichen“ Domänen gefördert. Bereits in der Grundschule ist es wichtig, dass ein Mädchen, wie ein Mädchen auszusehen hat. „Abweichlerinnen“ werden ausgeschlossen, ausgelacht und schon früh zu dem geformt, was sie einmal werden sollen: die schöne Frau an der Seite eines Mannes. Dass man zu diesem Zwecke nicht nur die richtige Kleidung, sondern auch die richtige Figur haben sollte, machen einen die Medien und Werbeplakate tagtäglich klar. Und dieses Bild wird von unseren MitschülerInnen reproduziert und sie kontrollieren bei sich selbst und bei anderen die Einhaltung dieser kranken Norm. Die Folgen sind bekannt: Magersucht, Bulimie, Selbstzweifel: alles dreht sich um Essen: was darf ich? Wie viel darf ich?
Beim Weggehen ist es normal, dass ein Mädchen angebaggert, angegafft oder sogar angefasst wird. Die Freundinnen meinen dazu, dass sie doch froh sein solle, weil das doch zeigen würde, wie gut sie beim anderen Geschlecht ankommt. Die Rolle sitzt. Sie ist verinnerlicht. Auch beim Mann. Er weiß, er darf gaffen, darf an Grenzen gehen, weil viele Frauen sie für ihn sehr weit gefasst haben. Er ist nicht nur bewusster Täter. Vieles weiß er nicht, hat es aber vielleicht auch noch nie wissen wollen, war schon immer selbstverständlich. Er hat die mächtigere Stellung in dieser Gesellschaft, die aber auch ihn nur versucht best möglichst zu verwerten. Viele Frauen suchen aus Existenzängsten das Bündnis mit der Macht. Sie bekämpfen nicht das Machtverhältnis, weil sie es noch nicht durchleuchtet haben, oder weil sie Angst haben vor dem was passiert, sollten sie im Kampf nicht erfolgreich sein. Der Kapitalismus hat bis heute auf jeden Fall eines geschafft: Frauen versuchen sich besser verwertbar zu machen, um sich mit den Männern gleichberechtigt ausbeuten zu lassen. Sie holen auf im Bildungssystem. Sie sind am Gymnasium in der Mehrheit, haben die besseren Noten und Abschlüsse. Doch die Ernüchterung kommt oft nach der Schule oder der Uni. Die „höheren Positionen“ bleiben meist Männern vorbehalten. Und wenn man sich dann auch noch für ein Kind entscheidet, kann man ja nicht den ganzen Tag arbeiten. Der Vater – falls als solcher vorhanden – würde schon auch mal aufpassen. Aber die ganze Zeit? Nein, irgendwer muss ja das Geld verdienen und da Männer meist in die besser bezahlten Jobs kommen, weil bei ihnen eben nicht die „Gefahr“ besteht, dass sie schwanger werden und in Mutterschutz gehen und die „Männerdomänen“ im Schnitt viel höher entlohnt werden, als zum Beispiel Sozialberufe, ist die Entscheidung schnell gefallen. Also, geht auch nur eine Teilzeitstelle. Miserabel bezahlt, nicht mal gewerkschaftliche Interessensvertretung? Egal, hauptsache ein bisschen mehr Geld in der Haushaltskasse. Ein Kind kostet immerhin …
Und der Kreislauf geht weiter. Der Alltag bleibt unhinterfragt, wird gemanagt. Keine Zeit zum Nachdenken. Beziehungen werden geführt, die Arbeit gemeistert und das Kind groß gezogen. Wer wird denn da also heute von einer verwirklichten Frauenbefreiung sprechen??? Doch die Frauen auf der Welt haben ihre Umstände schon vor 100 Jahren nicht einfach hingenommen. Sie riefen den 8. März als internationalen Frauenkampftag aus, erkämpften sich die Rechte, die wir heute als selbstverständlich wahrnehmen. Doch 100 Jahre später muss Selbstbestimmung – nicht nur für Frauen – erst noch erkämpft werden. Der Kampf gegen das Patriarchat im Kapitalismus muss sich, um dieses Ziel zu erreichen, auch gegen den Kapitalismus selbst richten – und natürlich an jedem Tag geführt werden.
8. März in Nürnberg
Ein Bündnis aus den verschiedensten Gruppen ruft in Nürnberg auf sich an den Aktivitäten rund um den 8. März zu beteiligen. Am Bündnis beteiligen sich u.a. das internationale Frauencafe, Radikale Linke (RL), die sozialistische Frauenunion, die Revolutionär organisierte Jugendaktion (ROJA), die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland (MLPD), die autonome Jugendantifa (AJA), feliara, autentika und die organisierte autonomie (OA).
Am 8. März selbst werden ab 14 Uhr Infostände, Ausstellungen und AgitProp-Aktionen im Bereich der Lorenzkirche stattfinden. Ab 18 Uhr findet eine Veranstaltung zur Weltfrauenkonferenz in Venezuela mit anschließender Party (offen für alle) in der Desi statt.
Am Samstag, den 12. März veranstaltet das Bündnis eine Demonstration um 14 Uhr am Aufsessplatz
Erschienen in barricada – März 2011