Die Nordkorea-Auswahl ein WM-Erlebnis das seinesgleichen sucht
Wahre Sturzbäche von Tränen sorgten, wie in zahlreichen anderen Metropolen auch, für Überschwemmungen im Stadtteil Gostenhof und verbannten die EinwohnerInnen so für einige Tage von den Fahrbahnen ihres Stadtteils. Laufen konnten die GostenhoferInnen, trotz blühender Kirschbäume und hochsommerlicher Temperaturen, nur noch auf den erhöhten Gehsteigen des Stadtteils, was jedoch angesichts des nahezu komplett zum Erliegen gekommenen öffentlichen Lebens kaum wahrgenommen wurde.
Was war passiert?
Mit dem Schlußpfiff beim dritten Spiel des nordkoreanischen Teams im Rahmen der Weltmeisterschaft war wahr geworden, was viele befürchtet hatten.
Doch beginnen wir am Anfang, in einer Zeit, in der die nordkoreanischen Gostenhofer Ultras trotz alledem noch voller Optimismus in die Zukunft schauten.
All den imperialistischen Drohungen und politischen Komplotten zum Trotz, hatte es ihre Elf, die historische Auswahl des großen Vorsitzenden Kim Jong Il, geschafft. In der Vorrunde zur WM haben sie es auf Grundlage Kim Jong Ils strategisch – taktischer Einstellung, daraus resultierender spielerischer Überlegenheit und einer überragenden Manschaftsleistung, geschafft alle gesetzten Hürden zu überspringen und eine WM-Teilnahme zu erkämpfen.
Während sich die Auswahl in Pjöng Jang vorbereitete, liefen auch bei den Ultras Nordkorea im fernen Gostenhof die Vorbereitungen auf Hochtouren. Fahnen, T-Shirts und weitere Fan-Artikel mussten produziert werden. Doch schon hier waren ernsthafte Enttäuschungen vorprogrammiert. Der Vorsitzende Kim Jong Il hatte noch gewarnt und angeregt, ebenso wie die Manschaft selbst im fernen China produzieren zu lassen. Doch eine legalistische kleinbürgerliche Strömung innerhalb der örtlichen Ultras, verweigerte sich den Einsichten des Vorsitzenden und verzichtete auf die sogenannten „Raubkopien aus China“. Trikots, die doch auch die Manschaft der Herzen schmückten. Ob nun ausschließlich die unterlegene, kapitalistische Produktionsweise oder darüberhinaus gezielte Sabotage der imperialen Berliner Verbrecherbande verantwortlich für die immense Verspätung war, wird sich wohl erst in einigen Monaten klären, wenn entsprechende Dokumente ausgewertet wurden.
Verifiziert ist allerdings die Tatsache, dass aufgrund des unsportlichen kapitalistischen Boykotts die von den Massen geliebten nordkoreanischen Nationalfahnen auf dem sogenannten freien Markt nicht zu bekommen waren und das lokale nordkoreanische Support- Team beim ersten Spiel der Manschaft aller Mannschaften alle Hände voll damit zu tun hatte die Fan-Artikel rechtzeitig zu erstellen.
So machten sich unter anderem, 30 -40 Nordkorea-Ultras vom Stadtteil Gostenhof (in dem nun an zahllosen Fenstern nordkoreanische Fahnen gehisst waren) auf in den Lederer Biergarten. Mit ihren Fan Artikeln und fröhlichen Fan-Gesängen steckten sie dort so manchen anderen Fan an. Neben Hochrufen auf die Auswahl der Herzen, war auch immer wieder das „Kim Jong Il ist alles was ich will“ zu hören. Versuche der in sogenannten westlichen Demokratien ja überall anwesenden privaten Polizei, englisch Security genannt, heraus zufinden ob es sich hier um eine politische Aktion handelt, wurden wie die offen antikommunistische Hetze einiger anwesender Agenten schroff abgeblockt und taten der guten Stimmung keinen Abbruch. Politik hat ja nun beim Fußball auch wirklich nichts zu suchen und erst recht nicht bei der WM.
Nach dem Spiel ging´s gemeinsam zur spontanen Jubel-Feier am Plärrer. Die vorzügliche Spielweise der nordkoreanischen Spitze, die tatkräftige Abwehr und der überragende Keeper sorgten für anhaltenden Jubel bis in die frühen Morgenstunden. „Nord-korea ist ein Arbeiterstaat, der ein Recht auf Atomwaffen hat!!!“ hallte es über den Plärrer und immer wieder ließen die Anwesenden die sagenhafte Elf hochleben, stimmten Freudengesänge auf ihren Lenker und Vordenker Kim Jong Ill an. Vergeblich versuchte die in diesem Staat ständig präsente Polizei Einfluss auf einige Jugendliche zu nehmen: „Ihr könnt doch nicht ernsthaft für Nordkorea sein, ja wisst ihr denn überhaupt was das für ein Staat ist?“ Die Feiernden ließen sich nicht provozieren, was wohl wie üblich zu Festnahmen und Übergriffen geführt hätte und so ging eine wunderschöne Nacht friedlich zu Ende.
Zum Dritten Auftritt der Nordkoreanischen Auswahl mussten sich die zahlreichen Nordkorea Fans schließlich in der Desi treffen. Vor einem kleinen Übertragungsgerät mussten sie hier mit ihrer Manschaft mitfiebern, weil dem sogenannten freien Markt anscheinend jeder Sportsgeist abgeht, wurde dieses einzigartige Spiel nirgends sonst öffentlich übertragen. Darüberhinaus war das Spiel einmal mehr von politischen Kommentaren des Reporters begleitet, der keine Gelegenheit ausließ gegen das Team der Herzen und seinen Staat zu Felde zu ziehen. Den Gipfel, der das Komplott perfekt machte, stellt allerdings die Tatsache dar, dass eine Mannschaft wie die nordkoreanische Auswahl einfach rausgeschmissen wurde und nach dem Abpfiff die WM verlassen musste.
Was, Sie meinen wir sind verrückt, Sie möchten außerdem zumindest die Ergebnisse der Spiele wissen und hoffen, dass das alles nicht unser Ernst ist und es sich um eine Satire handelt? Ja haben Sie denn gar nichts kapiert? Wohl völlig den Verstand verloren? Dann wedeln sie doch weiter mit ihrer deutschnationalen Fahne, blasen ihre schwarz rot goldene Vuvusela oder lassen sich durch ein anderes Team der vorgegebenen Auswahl von den wirklich wichtigen Dingen abhalten. Wir wollen auf jeden Fall nichts, aber auch gar nichts mit Ihrem antinordkoreanischen politischen Gelaber zu tun haben und halten an unserer Meinung fest: Politik hat beim Fußball nichts zu suchen, Sport und Politik haben nichts aber auch gar nichts miteinander zu tun. Und überhaupt ist Nordkorea aus der Geschichte heraus schließlich der letzte Staat, der von Bürgern der westlichen Kriegstreiberstaaten angegriffen werden sollte. Was soll also die Frage nach vergänglichen Fußballergebnissen?
Erschienen in barricada – Juli 2010