8. März 2013

Seit über 100 Jahren gehen Frauen am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, auf die Straßen. Dieser Tag wurde von der Kommunistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin initiiert. Bei den ersten Frauentagen wurde um Frauenwahlrecht, Arbeitsschutzgesetze, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, Festsetzung von Mindestlöhnen, Mutter- und Kinderschutz gekämpft und gegen imperialistische Kriege. Einige der Forderungen sind von 1911 immer noch brandaktuell. Deswegen protestieren am 8. März weiterhin jedes Jahr Millionen Frauen gegen Gewalt, Sexismus und Patriarchat.

Armut ist weiblich – Widerstand auch

1% des globalen Gesamtvermögens gehört Frauen. Weltweit leben zwei Drittel aller Frauen von weniger als 1 Dollar pro Tag. Auch in Deutschland ist Armut weiblich, hier ist etwa jede sechste Frau betroffen.

Der internationale Frauenkampftag

steht weltweit für rechtliche, politische und wirtschaftliche Gleichstellung, für das Recht auf körperliche Unversehrtheit und ein selbstbestimmtes Leben. Wir nehmen den 8. März 2013 zum Anlass, gegen jede Form von Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen zu protestieren. Angesichts der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise und der sich zuspitzenden sozialen Ungleichheit in der Welt und sagen wir dieses Jahr besonders der ökonomischen Gewalt gegen Frauen den Kampf an. Gewalt gegen Frauen ist nicht nur, wenn Frauen geschlagen werden. Auch wenn Frauen nicht genug zu Essen haben, gezwungen sind sich in Lohnarbeit und Familie krumm und buckelig zu arbeiten oder sich Medikamente oder ein würdiges Leben nicht leisten können, ist das ökonomische und strukturelle Gewalt gegen Frauen.

Armut wächst weltweit. Kein Zufall!

Die Möglichkeiten für einen allgemeinen Wohlstand für alle Menschen auf der Welt sind längst vorhanden. Doch wird dieser gesellschaftlich Wohlstand nicht so verteilt, dass alle Menschen gut leben könnten. In Deutschland besitzen die reichsten 10% der Bevölkerung einen Anteil von mehr als 60% am Gesamtvermögen. Die ärmeren 70 Prozent besitzen hingegen zusammen nur 9% des gesamten Vermögens. Weltweit ist das Gefälle noch größer.

Das ist kein Zufall.

Denn das bestehende Wirtschaftssystem ist so strukturiert, dass die Menschen, die viel besitzen, die, denen große Fabriken und Unternehmen gehören, durch die Ausbeutung der Arbeitskraft ihrer Angestellten immer reicher werden können. An jeder Stunde, die die ArbeiterInnen und Angestellten für sie arbeiten, verdienen die Unternehmen Mehrwert für sich und erwirtschaften so unvorstellbare Gewinne. Die Mehrheit der Menschen, die den gesellschaftlichen Reichtum schaffen, ist davon ausgeschlossen. Wenn wir diese ungerechte Verteilung der Güter auf der Welt verändern wollen, müssen wir diesem ausbeuterischen System den Kampf ansagen.
In Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise sollen nun die Kosten der Krise auf den Schultern der Bevölkerung, abgewälzt werden. Als Folge sollen wir Kürzungen der Sozialleistungen, Einschnitte im Bildungssystem, sowie die Ausweitung der Arbeitszeit oder Senkung der Löhne und damit die Verschlechterung unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen hinnehmen. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden zur Regel. Die Einschnitte bei den Sozialleistungen und den Verschlechterung der Arbeitsbedingungen treffen Frauen sehr stark.

2/3 aller Arbeit weltweit erledigen Frauen, sie erhalten aber nur 10 % der Einnahmen.

Frauen verdienen und besitzen unglaublich viel weniger als Männer, weil sie andere Arbeiten übernehmen als Männer und diese Arbeiten in der Regel entweder unbezahlt oder schlecht bezahlt sind.
Grundlage für menschliche Existenz ist, dass sich die Menschheit sich auch reproduziert. Also dass Kinder auf die Welt gebracht, gepflegt und erzogen werden, dass Menschen Essen erhalten, sich ausruhen können und dass sie im Krankheitsfall oder im Alter versorgt werden. Das Alles macht viel Arbeit. Diese Arbeit erledigen in aller Regel Frauen – meist unbezahlt und ohne Anerkennung. Von dieser wichtigen und sinnvollen Arbeit profitieren Männer, wenn sie eine geputzte Wohnung, ein gekochtes Essen oder ein versorgtes Kind vorfinden. Von dieser unsichtbaren, unbezahlten Arbeit profitiert auch das kapitalistische System, denn die benötigten Arbeitskräfte werden so geboren, erzogen und gesund und leistungsfähig erhalten.
Frauen werden in einer modernisierten kapitalistischen Gesellschaft doppelt ausgebeutet – durch Lohnarbeit und unbezahlte Reproduktionsarbeit. Obwohl heute viele Frauen außer Haus arbeiten, sind sie es weiterhin, die hauptsächlich die Haus-, Erziehungs-, und Pflegearbeiten erledigen – denn an der Arbeitsteilung in Familien und in Partnerschaften ändert sich nichts, wenn die Frauen arbeiten gehen. Statistiken zeigen, dass Männer heute im Vergleich zu 1990 nicht mehr an unbezahlter Arbeit leisten. Um ihre Erwerbsarbeiten mit den zu verrichtenden Haus- und Betreuungsarbeiten in Einklang bringen zu können, arbeiten Frauen meist in Teilzeit oder in so genannten Minijobs – häufig im Niedriglohnbereich. Diese Tendenz verstärkt sich mit der Finanz- und Wirtschaftskrise aktuell sogar: Es gehen in Deutschland zwar immer mehr Frauen einer Lohnarbeit nach, aber jeweils mit immer weniger Stunden und folglich immer weniger Lohn.

Die Natur der Frauen…

Die meisten Frauen arbeiten in sogenannten „typische Frauenberufen“. Diese liegen oft im sozialen oder im prekären Dienstleistungs-Sektor, also z.B. im Verkauf, oder in der Pflege. Auf technischen Gebieten und in gut bezahlten Leitungspositionen finden wir Frauen selten.
Haben Frauen von Natur aus eine soziale Ader, keine Begabung im technischen Bereich und mangelndes Konkurrenzverhalten, oder warum wählen sie solche Berufe?

Rollenerwartungen an Männer und Frauen haben sich geschichtlich entwickelt und immer wieder verändert.

Kinder werden in unserer Gesellschaft immer noch sehr unterschiedlich behandelt und erzogen, je nachdem, ob sie als Junge oder als Mädchen eingeordnet werden – auch wenn viele Eltern behaupten, sie würden ihre Kinder gleich behandeln. Trotzdem sehen die Kinder in den meisten Fällen, dass es Frauen sind, die sich um Hausarbeit und Kindererziehung kümmern und orientieren sich daran. So lernen die Mädchen sich empathiefähig, treu, zurückhaltend und unterwürfig zu zeigen. Mädchen sollen mit Puppen spielen und in der Kochecke des Kindergartens ihr Vergnügen treiben. Jungen werden dagegen in Rangeleien und Wettbewerbsdenken gestärkt und darin mit Autos und Actionfiguren zu spielen – und wehe ein Junge will sich lieber schminken und mit Puppen spielen. Wer sich nicht an die Rollenvorgaben hält, wird diskriminiert und ausgegrenzt. So entwickeln sich „typisch“ männliche und weibliche Rollen und Vorstellungen von der heterosexuellen Kleinfamilie als Norm. Auch wenn Frauen und Männer formal gleichberechtigt sind, setzen sich durch die unterschiedliche Sozialisation von Jungen und Mädchen patriarchale Muster gesellschaftlich fort. Die Sozialisation hat einen starken Einfluss auf die spätere Berufswahl.

23% weniger Lohn – 950 € weniger Rente

Frauenberufe erhalten gesellschaftlich wenig Anerkennung und sind extrem schlecht bezahlt. In der Folge erhalten Frauen in Deutschland nach wie vor im Durchschnitt 23 % weniger Stundenlohn als Männer. Doch selbst wenn sie mit gleicher Qualifikation einer vergleichbaren Arbeit nachgehen, verdienen sie noch 8 % weniger als ihre männlichen Kollegen.
Die Folgen der schlecht bezahlten Arbeit und unbezahlten Reproduktionsarbeit bekommen Frauen im Rentenalter besonders deutlich zu spüren. Die heutige durchschnittliche gesetzliche Rente von Frauen beträgt 645 Euro im Monat, für Männer hingegen 1.595 Euro – das sind 950 Euro Unterschied! Auf Millionen Frauen wartet damit spätestens im Alter die Armut – nach lebenslanger doppelter Ausbeutung durch Lohnarbeit, Kinderbetreuung und Hausarbeit. Aber warum sollte eine Gesellschaft auch für alte Frauen sorgen? Sie lassen sich nicht mehr in der Lohnarbeit ausbeuten und sie sind vielleicht schon zu alt und zu schwach für die unbezahlte Reproduktionsarbeit – sprich: Sie sind für den Kapitalismus nicht mehr verwertbar und brauchen am Ende vielleicht sogar Pflege.

Krieg gegen Frauen – Frauen gegen Krieg

Krieg bedeutet immer auch Krieg gegen Frauen. Oft sind Frauen besonders stark von kriegerischer Gewalt betroffen. In Eritrea werden Frauen zum Kriegsdienst gezwungen. Sie werden zwangsrekrutiert und damit gezwungen sich an einem Krieg zu beteiligen, der nicht ihr Kampf ist, und erfahren in den Kasernen häufig sexualisierte Gewalt. In Afghanistan mussten Frauenrechte herhalten um einen Krieg zu rechtfertigen, bei dem es in Wirklichkeit um geostrategische und wirtschaftliche Interessen ging, nicht um Frauen. Krieg führt immer wieder dazu, dass Frauen vertrieben werden oder fliehen müssen, sei es im Irak, in Syrien oder in Afghanistan. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen wird in Kriegen systematisch eingesetzt, denn die patriarchale und nationalistische Logik besagt, dass sexualisierte Gewalt gegen Frauen, die der gegenerischen Kriegspartei zugeordnet werden, auch immer einen Angriff auf die gegnerischen Nation darstellt. Für Frauenrechte zu kämpfen, heißt deshalb immer auch gegen Kriege, gegen die Rüstungsindustrie und gegen Waffenlieferungen zu kämpfen.

Migrantinnen und geflüchtete Frauen

Für Migrantinnen und geflüchtete Frauen ist die Situation häufig noch prekärer, da sie zusätzlich von rassistischen Strukturen betroffen sind. Ihre Schul- oder Ausbildungsabschlüsse werden in der BRD zumeist nicht anerkannt und es ist für sie noch schwieriger einen Job zu finden. Geflüchtete Frauen werden in Bayern gezwungen in einer Gemeinschaftsunterkunft zu leben, wo sie der Gefahr von sexualisierten Übergriffen durch Personal und Mitbewohner ausgesetzt sind. Je nach Aufenthaltsstatus haben Migrantinnen und geflüchtete Frauen oft keine oder nur eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis. So haben sie – wenn sie überhaupt arbeiten dürfen – oft keine andere Wahl als unterbezahlt im Reinigungs- oder Pflegesektor zu arbeiten – immer mehr auch in Haushalten deutscher Frauen, damit diese ihrer Karriere nachgehen können. Die Ausbeutung wird damit an andere Frauen weitergegeben, das System bleibt erhalten, ohne dass es zu einer Umgestaltung der geschlechtlichen Arbeitsverteilung kommt.

Kämpfe von Frauen weltweit

Immer wieder kämpfen Frauen für bessere Lebensbedingungen, für Anerkennung ihrer Arbeit und gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Immer wieder werden Proteste maßgeblich von Frauen getragen: In Deutschland streikten 2009 ErzieherInnen für gesellschaftliche Anerkennung ihrer Arbeit und mehr Lohn. 2011 protestierten Frauen und solidarische Männer zuerst in Kanada – später in den USA, Nicaragua, Honduras, Brasilien und verschiedenen europäischen Ländern – mit Slutwalks dagegen, dass Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden waren, selbst die Schuld für das Erlebte zugeschoben wurde. In Guatemala gründete sich 2011 die erste Gewerkschaft für Hausarbeiterinnen, in der sich besonders Frauen, die ungeschützt als Wäscherinnen, Straßenverkäuferinnen oder Vertreterinnen arbeiten, gewerkschaftlich organisieren können. Das ganze Jahr 2012 über protestierten TextilarbeiterInnen in Bangladesch – trotz gewaltsamer Repression und Unterdrückung, bis hin zu Mord – mit Demonstrationen und Fabrikblockaden für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Nach einem Brand in einer Textilfabrik im November 2012, bei dem mehr als 100 ArbeiterInnen getötet wurden, gingen die schlechten Arbeitsbedingungen in Textilfabriken Bangladeschs und die Verstrickung der westlichen Kleidungsindustrie durch die internationale Presse. In Indien kam es im Dezember 2012, nachdem die Vergewaltigung einer Studentin bekannt wurden, zu massiven Protesten und zu einer medialen Debatte um sexualisierte Gewalt – auch wenn hier nicht nur fortschrittliche Positionen vertreten wurden. Die Vergewaltigung und die anschließenden Proteste waren an vielen Orten der Welt Anlass für Solidaritätsaktionen.

Doch Widerstand gegen patriarchale Macht und Unterdrückung beginnt schon viel früher.

Überall dort wo Frauen sich vorgegebenen Rollenerwartungen widersetzen und ihr Leben selbst gestalten – im Beruf, in Partnerschaften, in der Sexualität und in Lebensentwürfen.
Die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen muss ein Ende haben. Wir können dieses System nur abschaffen, wenn wir unsere Kämpfe dagegen gemeinsam fortführen und in der Gesellschaft verankern. Es ist Zeit die gesellschaftliche Arbeitsteilung grundlegend neu zu gestalten – Unabhängig vom Geschlecht! Reproduktion ist wertvolle und wichtige Arbeit, an denen sich Alle beteiligen sollen! Produktion von Gütern muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren – nicht an Profit und die Güter müssen so aufgeteilt werden, dass jeder Mensch ein gutes Leben haben kann.
Frauen müssen in allen Bereichen, das heißt politisch, ökonomisch, gesellschaftlich und kulturell, Selbstbestimmung erlangen. Wir haben noch viel zu tun! Deswegen ist es notwendig, dass wir gemeinsam auf die Straße gehen und organisiert kämpfen.

Schluss mit der Bescheidenheit! Frauen wehrt euch! Schluss mit sexistischer Gewalt, Rassismus, Ausbeutung und Unterdrückung! Gleiche Rechte für Flüchtlinge und MigrantInnen! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Kapitalismus abschaffen! Gegen Sexismus und Patriarchat!

Das 8. März Bündnis Nürnberg setzt sich zusammen aus: Autonome Jugendantifa (AJA), Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland (ATIF), feliara, Internationales Frauencafé, Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), organisierte autonomie (OA), SKB, radikale Linke (rL), Revolutionär organisierte Jugendaktion (ROJA)
Den Aufruf unterstützen darüber hinaus: Antifaschistische Linke Fürth (ALF), Banda Sinistra, Freie ArbeiterInnen Union (FAU) – Nürnberg, Deutsche Kommunistische Partei (DKP) – Nürnberg, Medya Volkshaus