Gegen den NATO-Krieg in Libyen

Fast auf den Tag acht Jahre nach dem Beginn des mit massiven Propagandalügen und monatelanger Medienhetze im Westen vorbereiteten Irak-Krieges starteten die USA sowie Frankreich und Großbritannien erneut einen Akt imperialistischer Aggression. Streitkräfte der drei Staaten bombardieren unter dem Deckmantel des Humanismus seit dem 19. März 2011 Libyen. Die Begründung der kriegsführenden Staaten für ihr militärisches Eingreifen, ist der vermeintliche Schutz von Zivilisten während den Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen Gaddafis und Rebellenverbänden. Die hiesige Presse berichtet auch diesmal, wie bei allen vorangegangenen Kriegen, wie zum Beispiel im Kosovo, Afghanistan oder eben Irak von allerlei Gräueltaten des diabolischen Diktators und seiner Schergen. Eine nach Hilfe schreienden „fortschrittlichen“ Befreiungsbewegung, die angeblich im Namen des Großteils des Libyschen Volkes, das Land befreien will wird unhinterfragt abgefeiert, während in Bahrain Zivilisten von Saudi-Arabien, dem wichtigsten Verbündeten des sogenannten Westens in der Region, niedergemetzelt werden. Also alles in allem ist Vorsicht angebracht und niemals zu vergessen welcher Lügen sich die Kriegstreiber schon immer bedient haben… 

Gaddafis 42jährige Diktatur wandelte sich von einem westlichen Hassobjekt zu einem wichtigen Kooperationspartner. Einstmals war Gaddafi sogar ein Hoffnungsträger für viele Linke in und außerhalb des Landes, als dieser 1969 gegen den damaligen libyschen König Idris putschte. Der Umsturz wurde im Land als ein Akt der Entkolonialisierung verstanden. Gaddafi ließ alle ausländischen Militärstützpunkte schließen, darunter die riesige US-Airbase Wheelus und die Ölindustrie wurde verstaatlicht, eine Integration in den Weltmarkt nach den Vorstellungen der westlichen Konzerne wurde ebenfalls verweigert. Muammar Al Gaddafi wurde zunächst weitgehend als Revolutionär und Befreier akzeptiert und leitete weitreichende soziale Reformen ein. Den Hass des Westens war er sich somit sicher. Der Westen versuchte Gaddafi mit verschiedenen Sanktionen u.a. diversen Embargos auf Linie zu bringen. Gaddafi taktierte geostrategisch in dem er sich mit einer Vielzahl von politischen Gruppen in Europa (IRA) solidarisierte und diese teilweise auch mit Waffen belieferte. Aufgrund dessen wurde Libyen auf die Liste der so genannten „Schurkenstaaten“ der USA als auch Europas gesetzt und dadurch international in die Isolation gedrängt. Aufgrund weitreichender politischer und ökonomischer Veränderungen in Nordafrika als auch in Europa wurde Libyen in den letzten Jahren ein zunehmend bedeutender Handelspartner für die EU und die USA. Die Wirtschaft der USA und vor allem Europas können nicht auf die riesigen Erdöl- und Erdgasvorkommen in Libyen verzichten (größten Afrikas). Dabei spielten die innenpolitischen Widerlichkeiten (Menschenrechtsverletzungen, Polizeistaat, Diktatur) keine Rolle, sondern wieder einmal war das ÖL (wirtschaftspolitische) sowie flüchtlingspolitische Aspekte die Prämisse der herrschenden Klasse. Um diese Prämisse mit gutem Gewissen durchsetzen zu können unterzogen die USA und die EU Gaddafi einer „Resozialisierungskampagne“ und strichen Lybien von diversen „Terrorlisten“. Gaddafi fing an Europa zu bereisen und sämtlichen Staats- und Regierungschefs die Hände zu schütteln und dabei gleichzeitig milliardenschwere Wirtschaftsverträge abzuschließen. Noch bis vor 2 Jahren schien der ehemalige „Rebell“ geläutert und ein verlässlicher Handelspartner geworden zu sein.
Doch der Euphorie folgte schnell eine große Ernüchterung, denn so ganz war auf Gaddafi dann doch kein Verlass. Der libysche Revolutionsführer Muammar Al Gaddafi erwägte 2009 angesichts sinkender Mineralölpreise einen außergewöhnlichen Schritt. Bei einem Treffen mit dem spanischen König Juan Carlos in Tripolis, erwähnte er, Einrichtungen internationaler Ölkonzerne in seinem Land zu verstaatlichen.
Als Gaddafi 2009 dann tatsächlich „Eigentum“ der in Libyen operierenden kanadischen Ölfirma Verenex verstaatlichte, war der Unmut groß, wie ein Branchenreport aus demselben Jahr zeigt: „Wenn Libyen die Nationalisierung von Privatbesitz androhen kann; wenn es bereits verhandelte Verträge neu aufmacht, um sein Einkommen zu vergrößern oder ‚Tribut‘ von Firmen zu extrahieren, die hier arbeiten und investieren wollen; […] dann wird den Unternehmen die Sicherheit verweigert, die sie für langfristige Investitionen benötigen. […] Libyen hat es versäumt, eine stabile Plattform bereitzustellen. Ein kurzer Nebensatz mit weitreichender Folge!

Aus Sicht der Ölindustrie bietet sich also mit dem Aufstand die Möglichkeit, das Regime auszutauschen, umso mehr, da es angesichts der Situation vor Ort ohnehin nicht mehr Herr der Lage zu sein scheint. Ohne den Aufstand hätte man wohl mit Gaddafi leben und sich irgendwie arrangieren können: mit einem Bürgerkrieg und fortgesetzten Unruhen, die nicht nur die Ölversorgung gefährden, sondern auch die „Flüchtlingsgefahr“ erhöhen, jedoch nicht. Und schon gar nicht will man zulassen, dass sich in Libyen eine Regierung etabliert, der womöglich das Wohlergehen der Bevölkerung mehr am Herzen liegt, als das ihrer Führungseliten und westlichen Komplizen. Auch wenn die Aufstandsbewegung sicher keineswegs nur aus progressiven Gruppen besteht, allein die Möglichkeit, dass sich diese durchsetzen, käme aus westlicher Sicht einem Horrorszenario gleich, das unbedingt verhindert werden muss.

Die ökonomischen als auch die sozialen Bedingungen der Bevölkerung in Libyen scheinen für die derzeitigen Unruhen Haupt ursächlich zu sein. Die jahrelange internationale Isolation als auch der Transformationsprozess des libyschen Staatsapparats zu einem kapitalistischen Staat, welcher vehement versucht mit seiner Kernindustrie (ÖL) eine bessere Handelsposition auf den Weltmarkt zu erreichen, lies große Teile der Bevölkerung nicht an dem erwirtschafteten Reichtum teilhaben. Armut prägt die Lebensbedingungen eines nicht geringen Bevölkerungsanteils. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei ca. 40-50%, das Bildungsniveau sinkt stetig und vernünftiger Wohnraum wird mehr und mehr zum Privileg.Sicherlich gibt es objektiv wie bereits erwähnt jede Menge Gründe das kapitalistische Verbrecherregime von Gaddafi anzugreifen und ein nicht geringer Teil der Menschen auf den Straßen besteht aus unzufriedenen die ihre Anliegen mit aller Legitimität auf die Straße bringen.
Trotzdem erscheint es relativ schwierig die so genannten „Aufständischen“, also die organisierten und bewaffneten Kräfte vor Ort, politisch ideologisch einzuordnen und folglich zu diesen ein Verhältnis zu entwickeln. Eine dubiose Übergangsregierung in Bengasi ist ebenso undefinierbar wie die zahlreichen Rebellenverbände, deren Führung sich zum großen Teil aus unzufriedenen ehemaligen Eliten des Regimes und sogar Royalisten zusammensetzt. Aufgrund der enormen Abhängigkeit der kämpfenden Rebellenverbände und deren politischen Repräsentanten von den Luftschlägen der NATO-Streitkräfte, ist davon auszugehen, dass die NATO nicht bedingungslos die so genannten „Aufständischen“ unterstützen wird, was wiederum kein großes Problem für viele der oben erwähnten Gruppierungen darstellt, denen es sicherlich nur darum geht, wer den nächsten Hofhalter der EU- und US-Imperialisten im Lande spielen darf.

Trotz alledem kann man zunächst einmal festhalten, dass das herrschende Regime in Libyen von der radikalen Linken in keinster Weise zu unterstützen ist. Gaddafi ist ein Verbrecher und der kapitalistische Staat Libyen ist menschenverachtend. Weiter kann man sagen, dass die imperialistischen kriegerischen Handlungen der NATO vollkommen abzulehnen sind. Die Nato ist keine neutrale Waffe, bei der entscheidet wer sie auf wen richtet. Ob das nun Grüne, Obama, Merkel oder Bush sind die zum Kriege hetzen, die NATO wird nie unabhängig von oder gar gegen die wirtschaftlichen Interessen des Westens arbeiten und immer deren blutiger Wegbereiter sein. Es ging und geht auch aktuell der NATO in keinster Weise um den Schutz von Menschen. Der Krieg wird einzig aus ökonomischen bzw. geostrategischen Gründen geführt und erst recht zu keinerlei Verbesserungen für die absolute Mehrheit der Bevölkerung führen.

Besonders ekelhaft ist wiedermal die Kriegshetze der meisten Parteien. Während die Bundesregierung noch versucht mit einer Enthaltung zum Militäreinsatz und Zusicherung humanitärer Hilfe die Wähler zu täuschen, propagieren SPD und Grüne ganz unverhohlen den Angriffskrieg. So oder so werden wir die nächste Zeit noch viel massiver erleben, wie alle Vertreter der deutschen und europäischen Kapitalfraktionen mit Unterstützung der Massenmedien, weitere Interventionen in Lybien oder anderswo, moralisierend, manipulativ und effekthaschend vorbereiten werden.

Um in Libyen wirklich eine Verbesserung zu erreichen, ist es notwendig das sich dort fortschrittliche, also dem Imperialismus feindlich gesinnte und wirklich sozialistische Kräfte durchsetzen und sie die Unterstützung der westlichen Linken erfahren.
Um das Morden der Kriegstreiber zu stoppen ist es notwendig, hier die verbrecherischen Machenschaften der NATO sowie ihrer verbündeten in Politik und Presse durch vielfältige Aktionen auf allen Ebenen mit allen Mitteln öffentlich zu machen.
Um Frieden und soziale Sicherheit für alle Menschen zu schaffen ist es notwendig den Kapitalismus weltweit abzuschaffen sowie für den Aufbau einer kommunistischen Gesellschaftsordnung einzutreten.

Veröffentlicht auf de.indymedia.org