Woche der internationalen Solidarität

Antirassismus ist eines der politischen Themengebiete, das in Nürnberg nicht gerade zu den meist verbreitetesten gehört. Um das zu ändern veranstaltete die Revolutionär organisierte Jugendaktion (ROJA) vom 4. bis 9. Juni eine antirassistische Woche um die Vielfältigkeit der Thematik behandeln zu können. Abschließend dazu fand am Samstag ein Fußballtunier statt. Die Woche startete montags mit einer Ausstellung zum Thema Flüchtlinge, in der besonders auf das offiziell in Deutschland geltende Flüchtlingsrecht eingegangen wurde. Begleitend dazu lagen zwei Interviews mit Flüchtlingen aus, in denen beschrieben wurde, wie ihre Lebenssituation unter den Asylbedingungen in Bayern aussieht. Am Mittwoch ging es dann weiter mit einem Vortrag über die private Grenzschutzagentur Frontex und die meist tödlichen Abwehrmechanismen der Europäischen Union gegen sogenannte “illegale Einwanderung“. Gehalten wurde dieser von einem Referenten der Karawane Nürnberg. Donnerstags fand mensch sich in der Desi ein um dort im Rahmen des mov(i)e against .. projekts der Radikalen Linke (RL) und der Karawane Nürnberg, den von der Karawane Wuppertal und der iranischen Regisseurin Mehrandokht Feizi produzierten Film „H wie HEIMat“ zu schauen. In diesem Film lässt sie Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft in Velbert über ihr Leben dort sprechen. Nach dem Film erzählten einige afghanische Flüchtlinge aus Nürnberg wie die Zustände in ihren jeweiligen Heimen aussehen und wie sie darunter zu leiden haben.
Arbeitsmigration und gesellschaftlicher Rassismus in den ersten Nachkriegs-Jahrzehnten waren Themen, welche am Freitag beim Vortrag „von Kanacken und Mitbürgern mit Migrationshintergrund“ behandelt wurden. Den Abschluss der Woche machte samstags ein Fußballtunier in der Nürnberger Südstadt. Sechs Teams spielten dort um den Pokal. Verschiedene linksradikale Gruppen aus Nürnberg und Fürth, Einzelpersonen, aktive Fußballfans sowie Flüchtlinge aus Afghanistan stellten die Teams, denen sich im Laufe der Zeit auch noch Jugendliche aus der Südstadt anschlossen. Begleitet wurde das Turnier von antirassistischer Musik von InterpretInnen aus der ganzen Welt. Anlass für eine solche Woche bot unter anderem der Hungerstreik der iranischen Flüchtlinge in Würzburg.
Seit Monaten protestieren iranische Flüchtlinge in Würzburg bereits um als politische Flüchtlinge anerkannt zu werden und eine radikale Änderung der Asylpolitik durchzusetzen. Nach vorangegangenen Aktionen traten sie am 19.03.2012 erstmals in den Hungerstreik um ihren Forderungen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und an die Regierung, Nachdruck zu verleihen (Wir berichteten in der Ausgabe vom Mai 2012). Das BAMF wurde so unter Druck gesetzt, dass sie unter anderem die Zusage machten, neue Aspekte im Asylverfahren zuzulassen. Doch trotz verschiedener Zusagen, die teils nicht eingehalten wurden, folgte nicht für alle Betroffenen die Anerkennung. Daher betrachteten die AktivistInnen einen weiteren Hungerstreik als unumgänglich. Unter dem Motto, „Es gibt nichts mehr zu sagen, es wurde alles gesagt. Eine bessere Welt ist möglich, wir möchten Teil dieser Verbesserung sein“ , nähten sich am 04.06.2012 zwei der Flüchtlinge den Mund zu und traten erneut in den Hungerstreik. Schnell schlossen sich weitere Flüchtlinge aus Augsburg, Bayreuth und Aschaffenburg mit zugenähten Mündern dem Hungerstreik an. Doch die Regierung reagierte mit strengen Auflagen, die den Willen und die Kraft der Flüchtlinge zum Kampf für ihre Rechte zermürben sollten. Das Aufstellen von Betten für den wachsenden Protest wurden verwehrt, die Polizei zwang sie zum Schlaf in Schichten und die Auflagen im Zelt wurden verschärft. Der Hungerstreikenden Mandana Hemat Esfeh wurde darüber hinaus damit gedroht, ihre Essenspakete zu streichen und ihre Tochter in eine andere Unterkunft zu schicken, sollte sie nicht sofort nach Bayreuth zurückkehren.
Mit diesen Mitteln sollte zum einen verhindert werden, dass der Protest anwächst und zum anderen sollte den Flüchtlingen in ganz Deutschland die Möglichkeit genommen werden, für ihre Rechte zu kämpfen. Doch dieser Reaktion stellt sich eine wachsende Solidaritätsbewegung entgegen. Über die Grenzen Bayerns hinaus gibt es etliche Solidaritätsschreiben und Demonstrationen, welche den Flüchtlingen signalisieren, dass sie mit ihrem Kampf und ihren Forderungen nicht alleine sind. Und auch hier in Nürnberg wird es am 14.07.2012 eine Demonstration als Zeichen der Solidarität mit allen kämpfenden Flüchtlingen geben. Der exakte Zeitpunkt und Ort wird auf www.redside.tk bekannt gegeben.
Aktuelle Informationen zum Hungerstreik in Würzburg sind zu finden unter: www.gustreik.blogsport.eu und www.facebook.com/GUStreik.

Erschienen in barricada – Juli 2012