Solidarisch gegen Ausbeutung!

Samstag Nachmittag, der 29.11.2014: Etwa 15 Menschen stehen vor dem Hotel „Leonardo“ in der Zufuhrstraße in Nürnberg. Sie zeigen Transparente, verteilen Flugblätter und auch ein Redebeitrag wird gehalten. Auf einem Transparent steht „Mindestlohn ist Mindestlohn“, auf einem anderen „Die Vereinzelung durchbrechen! Gemeinsam gegen prekäres Arbeiten und Leben!“. Unter den DemonstrantInnen sind AktivistInnen der Freien ArbeiterInnen Union Nürnberg und der organisierten autonomie (OA). Die DemonstrantInnen sind hier, um gegen die Unterlaufung von Mindestlöhnen in der Hotelbranche zu protestieren. Angemeldet hat die Protestkundgebung ein ehemaliger Reinigungsarbeiter. Der Protest richtet sich nicht gegen das Hotel. Die Kundgebung soll Druck auf das Hotel-Dienstleistungsunternehmen ZHS-Zingsheim ausüben. Der Vorwurf: Das Unternehmen bezahle Hotelreinigungskräfte nicht nach dem in der Branche tariflich garantierten Mindestlohn von 9,31 Euro. Es wäre nicht das einzige Unternehmen, das versucht den Mindestlohn auf Kosten der ArbeiterInnen zu unterlaufen: Eine kurze Internet-Recherche offenbart die Tricks der Hotel-Dienstleister: Statt pro Stunde zu entlohnen, wird einfach ein pauschaler Betrag für jedes gereinigte Zimmer bezahlt. Eine Art versteckter Akkord. Eigentlich ist das aber eine Praxis, die rechtlich nicht erlaubt ist. Dass die Methode von den Firmen vermutlich dennoch breit angewendet wird, liegt auch daran, dass viele als Reinigungskräfte tätige Menschen schlecht organisiert und kaum vernetzt sind und viele Hindernisse erfolgreiche Gegenwehr erschweren.

Aufmerksamkeit schaffen,?heraus aus der Isolation!

Im konkreten Fall hat es der Betroffene selbst in die Hand genommen, auf die schändliche Praxis der Lohnbetrügerei aufmerksam zu machen. Durch die Kundgebung erfuhr er und auch die noch im Hotel tätigen ArbeiterInnen Unterstützung und Solidarität. Auch der Druck auf die Firma, die ihm nur für die Hälfte der gearbeiteten Stunden Lohn zahlte, dürfte dadurch gewachsen sein. Demnächst wird der Fall nun vor dem Nürnberger Arbeitsgericht behandelt.
Der konkrete Fall ist kein Einzelfall und nicht nur in der Hotelbranche profitieren die AusbeuterInnen von der schwachen Gegenwehr und der Isolierung der ArbeiterInnen. Vor allem wegen der massenhaften Zunahme von prekären Beschäftigungen ist es wichtig, dem endlich etwas entgegen zu setzen. Dass den Lohnabhängigen heute immer mehr zugemutet werden kann, dass viele nur für einen mies bezahlten Job hunderte Kilometer pendeln, das deutet darauf hin, dass Klassenkampf von Unten bitter notwendig ist.
Für Menschen, die eine klassenkämpferische Perspektive im kapitalistischen Konkurrenzbetrieb vermissen, die sich über Möglichkeiten der Gegenwehr austauschen und sich vernetzen wollen, existiert seit etwa einem halben Jahr ein weiterer Treffpunkt. Jeden 1. Samstag im Monat findet ab 19:00 Uhr in der Schwarzen Katze die Kneipe und Bar „prekäre&friends“ statt.

Erschienen in barricada – Januar/Februar 2015