Mobilität für Alle
Seit Jahren kämpft in Nürnberg, Fürth und Erlangen ein Bündnis um die Einführung eines Sozialtickets für den öffentlichen Nahverkehr. Die Ergebnisse einer Studie zum Thema Mobilität wollte dagegen die Stadt Nürnberg abwarten. Diese liegen nun endlich vor. Eine Srecherin der an der Kampagne für ein Sozialticket von Anfang an beteiligten organisierten autonomie (OA) kündigte, nach der Veröffentlichung der Studie an: „Der Kampf für ein Sozialticket geht jetzt, da ein Bedarf einmal mehr nachgewießen wurde, in eine neue Phase – Im Herbst gilt es vor den entscheidenden Sitzungen des Stadtrates, den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen und auf der Straße Präsenz zu zeigen“
Lange hat die Stadt Nürnberg gezögert die Ergebnisse ihrer Sozialstudie zum Thema Mobilität auf den Tisch zu bringen. Mitte Juli war es nun endlich so weit. Ob denn nun Abstimmungsschwierigkeiten über die Interpretationsmöglichkeiten bestanden oder den Veratwortlichen die Ergebnisse einfach nicht passten, sei den geneigten LeserInnen zur Entscheidung überlassen. Fest steht jedoch, dass selbst die Stadträte, vor der Vorstellung der Studie, nicht mit Unterlagen versorgt wurden und damit unter anderem auf die Interpretationen des sozialdemokratischen Sozialreferenten Prölß angewießen waren, was für einigen Unmut sorgte.
Die Studie bringt zu Tage,?was längst jeder wusste
Mit der Veröffentlichung der von der sozialdemokratischen Stadtregierung bereits 2010 in Auftrag gegebenen Studie, ist jetzt auf alle Fälle eine der zentralen Ausreden, die in der Regel auf die Forderung nach einem Sozialticket folgte, vom Tisch. „Wir müssen auf die Ergebnisse der Studie warten, sehen ob überhaupt ein Bedarf besteht“, lautete die von OB-Maly und anderen führenden SPDlern oft bemühte faule Ausrede. Nun liegen die Ergebnisse und Fakten der Studie vor, in deren Rahmen 800 NutzerInnen des sogenannten Nürnberg Pass befragt wurden und siehe da es kam heraus, dass Bedarf an Mobilität und günstigen Tickets für Busse und Bahnen besteht.
Die Nachfrage würde bei günstigeren Tickets enorm steigen. Auch den sogenannten Nürnberg Pass betreffend, den die Stadt stets als soziale Erungenschaft preist, förderte die Studie enorme Defizite zu Tage. Nur jede/r fünfte Nürnberg Pass InhaberIn nutzte im vergangenen Jahr das Angebot ein 30,80 Euro teures Ticket zu kaufen. Viele können sich das Ticket einfach nicht leisten. Für Berufstätige GeringverdienerInnen scheidet es schon allein deshalb aus, weil es mit Ausschlußzeiten, zu denen mensch nicht fahren darf, versehen ist. Jede/r achte potentielle NutzerIn wußte darüber hinaus noch nicht mal von dem, von der Stadt so gelobten Nürnberg Pass Ticket, was darauf hindeutet, dass die Stadt hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht keine all zu großen Anstrengungen unternimmt.
Socialdata, das beauftragte Institut, versuchte auch zu ermitteln, wie hoch die Kosten wären, sollte die Stadt die Forderung nach einem, an den Hartz IV-Sätzen orientierten Sozialticket für alle Menschen mit geringem Einkommen zwar nicht erfüllen, aber ein neues ermäßigtes Ticket einführen. Mehrere Möglichkeiten erforschten die Verantwortlichen dazu. Bei einem Preis von 23 Euro für eine Person und 26,50 Euro mit Mitnahmeberechtigung würde z.B. laut einem Artikel der Nürnberger Nachrichten die Nachfrage rapide steigen und mit 180 000 Euro würden dadurch kaum Mehrkosten auf die Stadt zukommen.
Ob diese Kosten weiter zu drücken wären, oder gar kostendeckend gefahren werden könnte, würde ein Ticket zum Preis von 15 Euro eingeführt, wie es das Bündnis Sozialticket und tausende NürnbergerInnen seit Jahren fordern, ließen die Verantwortlichen der Stadt noch nicht einmal untersuchen.
So oder so: Die Ausrede Mobilitätsstudie ist nun vom Tisch und ein Sozialticket muss her
Im Herbst wollen die Verantwortlichen im städtischen Sozialausschuss und im Stadtrat erneut über den Themenkomplex Mobilität diskutieren und Entscheidungen fällen.
Für die an der Kampagne des Bündnis Sozialticket beteiligten Gruppen, Initiativen und Organisationen kann das nur heißen die eigenen Bemühungen nun wieder zu verstärken und den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen. Und dies geschieht am besten durch eine breite gesellschaftliche Mobilisierung, die kein Zurück hinter die in der Studie angedachten verbilligten Lösungen zulässt und den berechtigten Forderungen des Bündnis Sozialticket Nachdruck verleiht.
In diesem Sinne: Runter mit den Fahrpreisen – Mobilität für Alle – Sozialticket jetzt! und mittelfristig Nulltarif für Bus und Bahn und in allen öffentlichen Einrichtungen!
Erschienen in barricada – August/September 2012