Links In Bewegung – Januar 2010
+++ Free Mumia Abu Jamal +++ Tœnsberg das Weihnachtgeschäft vermießt +++ Sozialticket jetzt! +++ Party in der DESI +++ Die U-Bahnfahrt der oberen Zehntausend +++
Free Mumia Abu Jamal
Im Dezember fanden BRD-weit Kundgebungen, Demonstrationen und Aktionen für die Freiheit von Mumia Abu Jamal statt. Seit 28 Jahren sitzt Mumia Abu Jamal in der USA im Gefängnis. Eingekerkert in einer sogenannten Todeszelle, rechnet er seit dem mit seiner Hinrichtung. Verurteilt wurde er für eine, ihm ganz offensichtlich untergeschobene, Tötung eines Polizeibeamten. Ein linker, radikaler Aktivist und Journalist sollte so mundtod gemacht werden, was ganz offensichtlich gescheitert ist. Denoch ist das Leben Mumia Abu Jamals weiterhin durch die US-Justiz bedroht.
Mumia Demo in Nürnberg
Auch in Nürnberg fand deshalb am 9. Dezember eine Demonstration statt. Knapp einhundert Menschen versammelten sich zur Auftaktkundgebung vor der Lorenzkirche. Nach Redebeiträgen des Nürnberger Mumia Bündnisses, der Linken Liste und des Antifaschistischen Aktionsbündnisses, in denen auf das skandalöse Gerichtsverfahren eingegangen, ein neues Verfahren und die Freiheit für Mumia gefordert wurde, zogen die AktivistInnen durch die Nürnberger Innenstadt zur Abschlusskundgebung am Weisen Turm.
Mumia Abu Jamal im Nürnberger Stadtrat
Auf Initiative der Linken Liste, landete der Fall Mumia Abu Jamals im Dezember auch auf der Tagesordnung des Nürnberger Stadtrat. Eine offene Solidaritätserklärung wollte die von Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) angeführte Mehrheit der städttischen Verantwortlichen selbstverständlich nicht abgeben. Nach allerlei Gemauschel und Gerangel vor und hinter den Kulissen, konnte den städtischen Verantwortlichen, der sich mit dem Titel „Stadt der Menschenrechte“ schmückenden Frankenmetropole, immerhin ein lauer Beschluss abgerungen werden, der die Abschaffung der Todesstrafe fordert. Der Fall Mumias wird im Rahmen der beschlossenen Fassung wie folgt erwähnt: „…Auch der jahrelange, oft jahrzehntelange Aufenthalt in Todeszellen ist (wie z.B. im Fall Mumia Abu Jamal) ein Verstoß gegen die menschliche Würde. In solchen Fällen muss in neuen Gerichtsverfahren Rechtsstaatlichkeit unter Ausschluss der Todesstrafe hergestellt werden…“
Und wie gehts weiter
Wenn am 11. Jannuar, das Oberste Bundesgericht in den USA seine Sitzungsperiode beginnt ist das Leben Mumia Abu Jamals wieder unmittelbar bedroht. Das Gericht kann dann jederzeit die Vollstreckung der Hinrichtung anordnen. Es gilt deshalb nicht locker zu lassen und die Mobilisierung fortzusetzen. Gelegenheit aktiv zu werden habt ihr demnächst in Berlin.
Das Berliner Free-Mumia Bündnis ruft dazu auf, sich im Rahmen der Luxemburg-Liebknecht Demonstration am 10.01.2010 in Berlin, an einem Block für Mumia zu beteiligen. Einen Tag zuvor soll bei der Rosa Luxemburg Konferenz der Verteidiger von Mumia auftreten.
Tœnsberg das Weihnachtgeschäft vermießt
An allen vier Samstagen vor Weihnachten stand der Nazibekleidungsshop Tønsberg im Mittelpunkt antifaschistischer Aktivitäten in Nürnberg. Drei mal zeigten zwischen dreißig und fünfzig AktivistInnen mit Infotischen, Flugblättern, Musik und Redebeiträgen in der Dr. Kurt-Schuhmacherstraße über Stunden Präsenz. Am 5. Dezember fand die größte Aktion im Rahmen der Kampagne des Antifaschistischen Aktionsbündnis statt. Zwischen fünfhundert und sechshundert Aktive waren dem Aufruf gefolgt, den Naziladen zu belagern und damit den Umsatz der Tønsberg Betreiber auf Null zu reduzieren.
Mit dem Beginn der zwei Kundgebungen in der Dr. Kurt-Schuhmacherstraße war der Tønsberg ab 12 Uhr von der shoppenden Öffentlichkeit abgeschnitten, ein übriges taten die Absperrgitter, der zum Schutz der Nazis und ihrer Kundschaft aufgebotenen Polizeieinheiten, die wie immer martialisch auftraten. Die Belagerung stand; daran änderte auch die Tatsache ersteinmal nichts, dass die Ordnungshüter am Gehsteig für potentielle Nazikundschaft einen abgesperrten Gang freihielt.
Entsprechend gut war die Stimmung bei den an der Belagerung beteiligten AntifaschistInnen. Parolen wurden gerufen, es gab Redebeiträge und ein Kulturprogramm sorgte für Unterhaltung. Unter anderen traten der Liedermacher Gymick und die Hip Hop Crew Microphone Mafia auf, einige wagten sogar ein Tänzchen. Unterbrochen wurde die ausgelassene Stimmung immer mal wieder, wenn einzelne Faschisten ihrem Konsumbedürfnis nachgaben und versuchten sich trotz Belagerung in den Tønsberg zu schmuggeln. Einigen Nazis wurde an diesem Tag unmisverständlich und kämpferisch eine Absage erteilt, ein paar Wenigen gelang es mit Hilfe der zu ihrem Schutz abgestellten Polizeieinheiten dennoch in den Laden zu gelangen. Ihre Heimfahrt gewährleisteten die Beamten, in dem sie Polizeifahrzeuge zum Transport der Faschisten und ihrer neuen Naziklamotten zur Verfügung stellten.
Der Tønsberg-Aktionsmonat hat dafür gesorgt, das Thema wieder stärker in das öffentliche Bewußtsein zu bringen, die Zusammenarbeit zwischen der radikalen Linken, gewerkschaftlichen Jugendgruppen und Teilen der Gewerkschaft konnte ausgebaut werden und den Tønsberg – Kapitalisten wurden sicherlich auch Unsatzeinbusen zu Weihnachten beschert. Während der Belagerung am 5. Dezember ging so gut wie gar nichts und die antifaschistische Präsenz dürfte auch an den anderen Samstagen für Gewinneinbußen bei den Faschisten gesorgt haben.
Sozialticket jetzt!
Mit einem Fest und zwei Aktionen wurde die Kampagne für ein Sozialticket fortgesetzt.
Zu Besuch beim Christkind
Etwa zwanzig AktivistInnen der organisierten autonomie (OA) und des Bündnis Sozialticket nutzten die Eröffnung des Nürnberger Christkindlesmarktes am 27.12.09, um auf die Forderung nach einem Sozialticket im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg aufmerksam zu machen.
Mit Schildern in Form von Sprechblasen, einem Transparent und einem als Wunschzettel gestalteten Flugblatt wurde der Wunsch nach einem Sozialticket öffentlichkeitswirksam an das Christkind gerichtet. Notwendig wurde dieser Schritt weil in der Region, vor allem der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly und sein Sozialreferent Reiner Prölß, beide SPD, nichts als Ausreden und unsoziale Kommentare in Bezug auf ein bezahlbares Ticket – für Arme und von Armut bedrohte – zu bieten haben und gleichzeitig das Geld der Mehrheit in dieser Stadt, für sinnlose Prestigeprojekte wie eine Delfinlagune und diverse überflüssige Straßenbauprojekte verschwenden.
Das Nürnberger Christkind reimt in seinem jährlich vorgetragenen Prolog folgende Worte:
„Das Christkind lädt zu seinem Markte ein, Und wer da kommt, der soll willkommen sein.“ Anders sah das natürlich wieder einmal die Staatsmacht, eifrig wuselten die von der Aktion am vollem Hauptmarkt sichtlich überraschten Schutzmänner um den Ort des Geschehens und entschieden sich schließlich den Willen des Christkinds mit Füßen zu treten. Platzverweise wurden verteilt und die AktivistInnen schließlich vertrieben bevor sie das Christkind sehen konnte. Den Wunschzettel und weitere Details zur Aktion findet ihr auf de.Indymedia.org
Party in der Desi
Am 08. Dezember feierten ca. 40 AktivistInnen des Bündnis Sozialticket eine kleine Party in der Desi. Bei gutem Essen und Getränken ließen sie die Kampagne noch einmal Revue passieren, Photos wurden gezeigt und die Theatergruppe der Nürnberger Erwerbsloseninitiative ANA unterhielt die Beteilgten mit einem Theaterstück zum Thema. Fleißig ausgefüllt wurden die vorbereiteten Fragebögen des Bündnisses, unter Zuhilfenahme der Auswertung der Selben, soll im Jannuar debattiert werden, wie die Kampagne fortgesetzt wird.
Unser Urteil: Kein ganz großer, aber ein unterhaltsamer Abend, der mit Sicherheit etwas zu einer erfolgreichen Fortsetzung der Kampagne beitragen wird.
Die U-Bahnfahrt der oberen Zehntausend
Am Montag den 21. Dezember widmete sich dann das aktionsorientierte Personenbündnis „Tatort Alltagskrise“ der Forderung nach einem Sozialticket. Gut gelaunt machten sich knapp zwanzig AktivistInnen in Ausgehanzügen und im kleinen Schwarzen auf den Weg in den Nürnberger Untergrund.
Bei Sekt und Häppchen feierten die vermeintlichen Angehörigen der oberen Zehntausend, während einer gemeinsamen U-Bahnfahrt, die anstehenden Fahrpreiserhöhungen und die vorerst gültige Ablehnung der Einführung eines Sozialtickets, anlässlich der Haushaltsberatungen des Nürnberger Stadtrates. Angestoßen wurde auf die Tatsache, dass durch die erhöhten Fahrpreise endlich wieder mehr Platz in Bussen und Bahnen herrschen und der arme Pöbel dann wohl endgültig nicht länger die Augen der Wohlhabenden durch seine Gegenwart beleidigen würde.
Bei nicht wenigen Fahrgästen stieß das assoziale Gehabe der pikfeinen Reisegesellschaft auf empörten und verdienten Widerspruch. Um die Fahrgäste nicht uninformiert zurückzulassen, wurden begleitend zu der Aktion Flugblätter verteilt, in denen die AktivistInnen für Aufklärung sorgten und ein Sozialticket statt Fahrpreiserhöhungen forderten.
Nach dem Ende der Aktion fand sich ein Häufchen Polizeibeamter in der U-Bahn ein, das wohl angetreten war, die vermeintlichen Angehörigen der herrschenden Klasse zu beschützen, ohne diese jedoch zu finden und nach einiger Zeit abzog.
Erschienen in barricada – Januar 2010