Kriminell ist das System und nicht der Widerstand!

Aktionstag am 8. November in Nürnberg und Fürth

Fürth, vor fast genau einem Jahr: In der Nacht vom 2. auf den 3. November wurden vier Jugendliche nach einem Polizeigroßeinsatz und einer regelrechten Hetzjagd auf der Straße verhaftet. Sie sollen mit Kreide antifaschistische und antikapitalistische Parolen auf Hauswände gemalt haben. Die Polizisten finden bei den Jugendlichen keine Kreide und auch keinen, der sie bei der angeblichen Tat gesehen hatte.
Dennoch reicht für die eifrigen Polizeibeamten der Fakt, dass sich die Kreideaufschriften und die vier Personen in der selben Gegend befanden erstmal aus, drei der Festgenommenen über acht Stunden in Einzelzellen zu sperren und den Vierten nach Nürnberg zu verschleppen, um ihm dort Fingerabdrücke abzunehmen.

Vor Gericht wegen Straßenmalkreide?

Im April 2008 wird vor dem Jugendgericht Fürth gegen die vier verhandelt. Die Staatsanwaltschaft fordert hohe Strafen, ohne den Angeklagten konkret nachweisen zu kännen, mit Kreide gemalt zu haben. Auch, dass es juristisch umstritten ist, ob das Malen mit Kreide überhaupt eine Straftat darstellt, interessiert die Anwälte des Staates nicht. In der Gerichtsverhandlung wird schnell klar, dass es um etwas ganz anderes, als das Malen mit Kreide geht. Der politische Charakter des Prozesses offenbart sich spätestens, als einer der vier Angeklagten deshalb zum Haupttäter erklärt wird, weil er der Anmelder einer antifaschistischen Demonstration war. Er hatte eine Demonstration für den 3. November 2007 angemeldet, die sich gegen Nazitreffpunkte in Fürth richtete. Sie war der Hähepunkt einer Kampagne, die dafür sorgte, dass es für Nazis de facto unmäglich wurde, in Fürther Kneipen Treffen zu organisieren. Die Staatsanwaltschaft fantasierte nun, dass nur der „Hauptangeklagte“ ein Interesse daran hätte, dass in Fürth antifaschistische Parolen an den Wänden stehen und dass er das „falsche Vorbild“, obwohl nur wenig älter als sie, für die drei übrigen Angeklagten sei. Der umstrittene Jugendrichter Gerhard Engelhardt, der den Prozess leitete, bezeichnete die Angeklagten als „fanatisch“ und setzte antifaschistisches Handeln mit Naziumtrieben gleich. Er verurteilte den „Hauptangeklagten“ zu 60 Tagessätzen und die drei anderen zu zwei Wochenenden Jugendarrest.
Die Angeklagten beschlossen nach diesem Skandalprozess, in dem keinem der Angeklagten eine „Tat“ nachgewiesen werden konnte, in Berufung zu gehen. Allerdings ging auch die Staatsanwaltschaft in Berufung, denn ihr war die Strafe zu gering!
Doch nicht nur in diesem Prozess wurde das offensichtliche Ziel verfolgt, politisches Handeln zu verurteilen und das ganze dann noch als „Erziehungsmaßnahme“ zu bezeichnen:
In einem anderen Prozess zeigte Richter Engelhardt noch deutlicher, worum es ihm geht. Er verurteilte einen Antifaschisten wegen Malens mit einem Edding zu Jugendarrest, einem Jahr Stadionverbot und dem Verbot, an „äffentlichen Auftritten der Antifa“ teilzunehmen. Das ist de facto ein Verbot, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen! Sollte das nach geltendem Recht mäglich sein, zeigt dies auch den politischen Charakter des Jugendstrafrechts. Seit längerem ist die Tendenz erkennbar, dass linke Angeklagte unter 21 Jahren von Richtern als unreif bezeichnet werden, um solche „Erziehungsmaßnahmen“ verhängen zu kännen, die darauf abzielen, dass Jugendliche aus ihrem politischen und kulturellen Umfeld ausgeschlossen werden.

Das Ziel: Einschüchterung
Seit etwa zwei Jahren häufen sich Polizeiübergriffe und anschließende Prozesse mit mehr als fragwürdigen Urteilen gegen linke Jugendliche in Nürnberg und Fürth. Während in Nürnberg oft Jugendliche von Polizei und Staatsanwaltschaft ins Fadenkreuz genommen werden, die kaum organisiert oder politisch relativ unerfahren sind, wird in Fürth die ganze linke Szene mit Repression überzogen. Die linken Strukturen in Fürth sehen sich mit einer Flut von Anzeigen und Prozessen durch den Staat konfrontiert. Das Verhalten von Polizei und Justiz lässt darauf schließen, dass in Fürth eine Verankerung linker, antikapitalistischer Politik verhindert werden soll. Vor allem seit antifaschistische Strukturen effektiv dafür gesorgt haben, dass es der fränkischen Naziszene trotz massiver Präsenz nicht gelungen ist, in Fürth richtig Fuß zu fassen, geht die Polizei im Verein mit der Justiz gegen linke Jugendliche bei jedem noch so kleinen Anlass vor. Da reicht es oft aus, wenn Menschen unter 21 Nachts in der Fürther Innenstadt angetroffen werden, um diese bis zum nächsten Tag einzusperren. Faschistische Angriffe auf Personen und Sachbeschädigungen durch Nazis konnte die Fürther Polizei jedoch noch nicht aufklären. Kein Wunder, die Existenz einer gewalttätigen Naziszene wird von der Fürther Polizeileitung bis heute heruntergespielt. €rger, so konnte man des äfteren hohe Polizisten in Fürth sagen hären, machen doch eher „die Linken“.

Repression auch in Nürnberg und Gräfenberg
In Nürnberg geht die Staatsanwaltschaft weiter gegen antifaschistische DemonstrantInnen vor, die sich am 1. Mai diesen Jahres der faschistischen NPD entgegenstellen wollten. Damals ermäglichte die Nürnberger Polizei den Nazis in der Nürnberger Nordstadt aufzumarschieren. Ohne den Schutz der Polizei wäre es den Nazis nicht mäglich gewesen in Nürnberg zu marschieren. Um aber die NPD vor Ablehnung durch die Bevälkerung zu schützen, wurde in der Nordstadt der Ausnahmezustand verhängt. Die Polizei prügelte auf AntifaschistInnen ein und sprühte mit Reizgas in die Menge. Etwa 50 Menschen wurden festgenommen, Dutzende erlitten Kopfplatzwunden. Die Lautsprecherdurchsagen auf der Antifa-Demonstration, sich nicht einschüchtern zu lassen, nutzte die Polizei als Vorwand den Lautsprecherwagen zu stürmen. Sie schnitten die Kabel der Anlage durch, warfen Teile derselben in blinder Zerstärungswut auf den Boden und prügelten auf die Menschen auf dem LKW ein. Während die Verfahren gegen die beteiligten Polizeibeamten eingestellt wurden, wird die Kritik an der Polizeibrutalität nun als „Beleidigung der Polizei“ strafrechtlich verfolgt. Der Gipfel der Unverschämtheit: Die Polizei fühlte sich ausgerechnet durch die Tatsachenfeststellung „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten“ vom Lautsprecherwagen beleidigt.
In Gräfenberg bekam selbst das bürgerliche Bündnis „Gräfenberg ist bunt“ den unbedingten Verfolgungswillen  der Polizei zu spüren. Mit Bildern bekannter Nazigegner bewaffnet, versuchten PolizistInnen in Gräfenberg die Bevälkerung zur Denunziation aufzustacheln. Anlass war die Fahndung nach TeilnehmerInnen einer friedlichen Sitzblockade vom 25. Juli gegen einen NPD-Aufmarsch. Das Ziel natürlich auch hier: Einschüchterung von AntifaschistInnen.
Angesichts dieser politisch motivierten Einschüchterungsversuche durch Polizei und Justiz hat ein breites Bündnis linker Gruppen auf Initiative der organisierten autonomie (OA), der Antifaschistischen Linken Fürth (ALF) und des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Nürnberg beschlossen, das Verhalten der Repressionsorgane in das Licht der …ffentlichkeit zu zerren. Mit einer Doppeldemonstration am 8. November in Nürnberg und Fürth soll ein starkes Zeichen der Solidarität gesetzt und deutlich gemacht werden: Der antifaschistische und antikapitalistische Widerstand lässt sich nicht einschüchtern!

Die Termine:
Aktionstag gegen staatliche Repression – Doppel-Demonstration

Sa., 08.November 2008:
12:00 Uhr, Lorenzkirche, Nürnberg
14:30 Uhr, Hauptbahnhof, Fürth

Prozesstermine:
Mi., 05. November 2008:
08:15 Uhr, Soli-Kundgebung vor dem Landgericht, Fürther Str. 110, Nbg
09:00 Uhr, Berufungsverhandlung des „Kreide-Prozesses“

Mi.,26. November 2008:
10:30 Uhr, Soli-Kundgebung vor dem Landgericht, Fürther Str. 110, Nbg
11:15 Uhr, Berufungsverhandlung des „Antifa-Demo Verbot“ Prozesses, Landgericht, Fürther Str. 110, Nbg