Heraus zum revolutionären 1. Mai
Klassenkampf, Solidarität, Soziale Revolution! Die Zukunft gehört uns!
Der 1. Mai, internationaler Kampftag für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, steht auf der Tagesordnung und mit ihm zahlreiche Veranstaltungen, Demonstrationen und auch Feste. International machen am 1. Mai seit über 100 Jahren GewerkschafterInnen, Menschen aus unterschiedlichen fortschrittlichen Bewegungen und die revolutionäre Linke für ihre Forderungen und Ziele mobil. Natürlich findet auch in Nürnberg wie immer eine eigenständige revolutionäre Demonstration antikapitalistischer Gruppen und ein internationalistisches Straßenfest statt, darüber hinaus gibt es bereits im Vorfeld zahlreiche Veranstaltungen.
Die Aktivitäten zum 1. Mai, die revolutionäre Demonstration und das Fest, werden von der organisierten autonomie (OA) vorbereitet und vom revolutionären 1. Mai-Bündnis getragen.
Um euch einen Überblick über geplante und anstehende Aktivitäten zu geben, haben wir ein Interview mit den Genossinnen Andrea und Julia von der organisierten autonomie geführt, die Auskunft über den Stand der Mobilisierung, inhaltliche Schwerpunkte und vieles mehr gaben.
Das Interview ?zum revolutionären 1. Mai in Nürnberg
barricada: Was ist denn in diesem Jahr jenseits von Demo und Fest zum 1. Mai geplant, wie lautet das Motto der Mobilisierung und welche Schwerpunkte habt ihr gesetzt?
Andrea: Von unserer Seite sind bereits im Vorfeld des 1. Mai mehrere Veranstaltungen im Rahmen der Mobilisierung geplant. Wobei ein Workshoptag am Ostersonntag, 24. April, um 12 Uhr in Desi mit inhaltlichen Vorträgen zur Geschichte des 1. Mai, zu Krieg und sozialen Kämpfen, mit Praxisworkshops und vielem mehr wohl im Mittelpunkt steht. Am 28. April findet dann in der Desi die „Entartete Kunst Label Night“ statt, ein Konzert mit Collectif mary read (FR), Drowning Dog und DJ Malatesta (USA) und am 29. April gibt es im KOMM e.V. die Veranstaltung „Baskenland in Bewegung“-Ein Vortrag zur aktuellen Situation und Entwicklung.
Julia: Das Motto unter dem die Mobilisierung zum 1. Mai in Nürnberg steht, heißt: „Klassenkampf, Solidarität, Soziale Revolution! Die Zukunft gehört uns!“ und in diesem Motto kommt auch schon die Schwerpunktsetzung ganz gut zum Ausdruck. Im Mittelpunkt steht unser Bemühen, vor dem Hintergrund von Krise, Kriegen und sich beständig verschärfenden Lebensbedingungen Solidarität und Klassenbewußtsein zu schaffen. Wir sehen ja eine wachsende Verunsicherung und Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung. Mit unserer strategischen Orientierung auf Klassenkampf und soziale Revolution zeigen wir da einen Ausweg auf.
barricada: Überrascht hat uns die Tatsache , dass weder in eurem, noch im Aufruf des Jugendbündnis ein Wort vom Angriffskrieg gegen Libyen oder dem GAU von Fukushima zu lesen ist. Warum blendet ihr so brandaktuelle Themen aus?
Andrea: Brandaktuell ist das passende Stichwort. Eine große Mobilisierung wie die zum 1. Mai braucht leider einen verdammt langen Vorlauf. Der Aufruf muss organisationsintern und im Bündnis diskutiert werden und wird über einen langen Zeitraum verteilt. So waren wir einfach zu früh dran um den Ereignissen den ihnen gebührenden Platz in unserem Aufruf einzuräumen. Die zeitliche Lücke, die dadurch im Aufruf entsteht, ist natürlich nicht schön, die Sache lässt sich jedoch nicht so einfach lösen und wir werden wohl in der Nachbereitung länger darüber diskutieren müssen ob es eine Lösung für solche zeitlichen Überschneidungen gibt. Ich denke, dass beim Jugendbündnisaufruf die gleiche Problematik bestand.
Julia: Beim Workshoptag und am 1. Mai selbst wird außerdem selbstverständlich sowohl der NATO-Angriffskrieg gegen Lybien als auch der GAU von Fukushima in unseren Redebeiträgen ein Thema sein. Darüber hinaus hoffen wir, dass auch andere sich etwas einfallen lassen und dass sich das alles auch am 1. Mai selbst in Parolen, Schildern und Transparenten etc. auf der Demo niederschlägt.
barricada: Und was ist dann für den 1. Mai selbst geplant, und wie ist der Stand der Mobilisierung?
Andrea: Wie immer beginnt die Demonstration an der Bauerngasse, Ecke Gostenhofer Hauptstraße. Um 11.30 Uhr geht es nach der Auftaktkundgebung los. Gemessen an der Beteiligung am revolutionären 1. Mai Bündnis gehen wir davon aus, dass die Demo ähnlich hohe TeilnehmerInnenzahlen wie in den letzten Jahren mobilisieren wird und wir wünschen uns, dass wie in den vergangenen Jahren viele Initiativen, Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen die Gelegenheit nutzen, mit uns gemeinsam ihre Forderungen und Unzufriedenheit auf die Straße zu tragen. Geplant ist eine geschlossene und kämpferische Demo, die von Gostenhof aus durch die Innenstadt zurück nach Gostenhof führt.
Im Anschluß an die Demonstration beginnt gegen 14 Uhr in Gostenhof das internationalistische Straßenfest, mit Pipes and Pints (Punk aus Praha), Feine Sahne Fischfilet (Punk Rostock) Kurzer Prozeß (Punkrap Nbg.), Eskalation (SkaPunk Postbauer-Heng) und allem was zu einem rauschenden Fest eben so dazu gehört.
Julia: Was die Mobilisierung betrifft: Dies läuft wie immer auf verschiedenen Ebenen. Auf Konzerten, an Schulen und Hochschulen, in Stadtteilen, Kneipen und, und,und… finden Flugblattverteilungen statt, es gibt in verschiedenen Vierteln Infotische, Plakate werden aufgehängt, das Material wird eben unter die Leute gebracht. Neben dem zentralen Bündnisaufruf gibt es selbsverständlich auch in diesem Jahr einen Aufruf vom Jugendbündnis der bei den wie immer eigens organiserten Mobilisierungstouren an Schulen verteilt wird.
barricada: Und wird es am 1. Mai selbst wie im vergangenen Jahr zu Auseinandersetzungen mit den Sondereinheiten der Polizei kommen?
Andrea: Die Frage solltet ihr eigentlich der Einsatzleitung der Polizei stellen. Wir planen für den 1. Mai eine Demonstration und ein Straßenfest und keine Straßenschlacht falls ihr das meint. Ob es zu Auseinandersetzungen zwischen TeilnehmerInnen der Demonstration und dem USK kommt, bestimmen allerdings seit Jahren nicht die DemonstrantInnen. Die TeilnehmerInnen der Demo sind seit Jahren bereits zum Auftakt zahllosen Schikanen ausgesetzt und es kommt in deren Verlauf immer wieder zu Übergriffen. Um möglichst viele Menschen von einer Teilnahme an der Demonstration abzuhalten und alle anderen gezielt einzuschüchtern wird seit Jahren der Auftaktplatz von schwerbewaffneten Sondereinheiten der Polizei hermetisch abgeriegelt. Alle die auf den Platz wollen, müssen sich langwierigen schikanösen Kontrollen und Durchsuchungen unterziehen und es wurden mehrmals Namenslisten der Teilnehmenden angefertigt. Diese verdachtsunabhängigen Kollektivkontrollen, bei denen auch alle abgefilmt werden, sind selbstverständlich ebenso illegal wie das Abfilmen aller und das Anfertigen von Namenslisten der TeilnehmerInnen. In Nürnberg ist das alles am 1. Mai jedoch gängige Praxis.
Julia: Und auch während der Demonstration kommt es immer wieder zu Provokationen und zu gewalttätigen Übergriffen durch die Sondereinheiten, die in den letzten Jahren ja auch zahlreich dokumentiert wurden. Anzeigen von Betroffenen führten jedoch trotz vorhandenem Bildbeweismaterials in keinem einzigen Fall zu einer Verurteilung der teils wie von Sinnen prügelnden Beamten, die auch vor Übergriffen mit Pfeffergasauf Journalisten nicht zurückschreckten. Nach der Auflösung der Demonstration beantworteten im letzten Jahr einige Menschen eine dieser Provokationen und es kam zu einer kurzen heftigen Auseinandersetzung. Daraus zu schließen, dass es nun immer Krawall geben muss, ist aber selbstverständlich ein Irrtum. Wir wollen eine Demonstration durchführen und ein Straßenfest, von der Polizei fordern wir Provokationen, Schikanen und Übergriffe zu unterlassen, dann kommt es auch nicht zu Auseinanderstetzungen. Als die Einsatzleitung im letzten Jahr nach Intervention der Verantwortlichen des Straßenfestes ihre prügelnden Einheiten endlich zurückzog war die Angelegenheit schnell beendet.
barricada: Kommen wir noch einmal zu den Vorabveranstaltungen. In Fürth findet ja in diesem Jahr am Vorabend des 1. Mai um 19 Uhr an der kleinen Freiheit auch wieder eine sogenannte Vorabenddemo statt. Wer organisiert die und was müssen sich unsere LeserInnen darunter Vorstellen?
Julia: Die Demo unter dem Motto „Kapitalismus tötet mit Sicherheit – Solidarisch und kämpferisch für die Soziale Revolution“ wird von den GenossInnen der Antifaschistischen Linken Fürth (ALF) und der Jugendantifa Fürth (JAF) organisiert. Sie findet am Vorabend des 1. Mai statt, weil die Fürther GenossInnen am 1. Mai nach Nürnberg kommen, aber nicht auf eigenständige Aktivitäten zum 1. Mai in ihrer Stadt verzichten wollen. So haben sie sich entschieden auch in diesem Jahr bereits am Vorabend auf die Straße zu gehen.
barricada: Themenwechsel. Uns ist aufgefallen, dass ihr euch in diesem Jahr, über die lokalen Initiativen hinaus, an einem Bündnis mit dem kryptischen Namen 3A beteiligt, das bundesweit unter dem Motto: „Heraus zum revolutionären 1. Mai – Klasse gegen Klasse“ zu revolutionären 1. Mai Demonstrationen in verschiedenen Städten mobilisiert. Was ist das für ein Bündnis, was bedeutet der Name und aus welchen Gründen mischt ihr da mit?
Julia: 3A steht für Antimilitaristisches/Antifaschistisches Aktionsbündnis. Das Bündnis existiert seit Anfang 2010 und ist ein Zusammenschluß verschiedener Gruppen und Organisationen die heterogene klassenkämpferische, revolutionäre Positionen vertreten. Zielsetzung des Bündnis ist es, über gemeinsame Diskussionen, inhaltliche Standpunkte zu verschiedenen Themen zu entwickeln und wenn möglich eine längerfristige bundesweite Zusammenarbeit zu organisieren. Bisher hat das Bündnis eine Broschüre zum Thema Krieg veröffentlicht und mobilisiert nun mit dem eigenen Aufruf bundeweit zu revolutionären 1. Mai Demonstrationen in verschiedenen Städten.
Wir beteiligen uns, weil wir den Ansatz, gemeinsam inhaltliche Positionen, Strategie und Taktik zu diskutieren, interessant finden und bei einigen der beteiligten Gruppierungen relativ hohe Übereinstimmungen mit unseren Positionen und Herangehensweisen sehen.
barricada: Abschließend noch eine Frage. Ihr bereitet ja nun schon seit über 20 Jahren Aktivitäten zum 1. Mai vor, seit fast 20 Jahren mit Fest und Demo. Kommt da nicht Langeweile und negative Routine auf?
Julia: Langeweile kam bis heute eigentlich nicht auf. Spätestens als wir entschieden, uns nicht länger an der DGB-Demo zu beteiligen und begannen eigenständige revolutionäre 1. Mai Demonstrationen durchzuführen, war uns auch klar, dass dies keine temporäre Angelegenheit ist, sondern ein auf Jahre verantwortlich zu organisierender strategischer Ansatz. Und die Demo hat sich in den Jahren ja auch entwickelt, ist zu einem wahrnehmbaren politischen Faktor herangewachsen und damit sind natürlich heute auch ganz andere Anforderungen an uns gestellt als in den ersten Jahren.
Andrea: Außerdem finden die 1. Mai Demonstrationen ja auch nicht im luftleeren Raum statt, die politische Lage, aktuelle Ereignisse, die durch den Repressionsapparat gesetzten Bedingungen: All das verändert sich von Jahr zu Jahr. So macht es schon einen großen Unterschied ob z.B. am 1. Mai ein Naziaufmarsch vor Ort angegangen werden muss, die Demo unter dem Eindruck extremer sozialer Verschärfungen – wie zur Einführung von Hartz 4 , oder in Zeiten des Irak-Krieges stattfindet. Für Langeweile ist da einfach keine Zeit. Anders sieht das mit der Routine aus. Bei einem regelmäßig wiederkehrenden Termin wie dem 1. Mai ist die Gefahr natürlich groß, dass sich negative Routine einschleicht und das ganze zu einem zahnlosen Sonntagsspaziergang mit anschließenden Bratwurstessen am Fest verkommt. Mit der Routine die sich so einschleicht, die für Fehler, Denkfaulheit und Ideenmangel sorgt hatten wir über die Jahre sicher immer wieder zu kämpfen. Ich glaube aber, dass es uns bis heute ganz gut gelungen ist, sowohl im Vorfeld, bei der Demo als auch im Rahmen des Straßenfestes immer wieder neue Akzente zu setzen und damit auch den antagonistischen, revolutionären Charakter der 1. Mai-Mobilisierungen zu erhalten.
barricada: Wir danken euch für das Interview. Gibt es noch etwas, das ihr loswerden wollt?.
Julia: Wir danken ebenfalls und hoffen, dass ihr, die ihr das Interview hoffentlich zahlreich lest, bei unserem Workshop vorbeischaut und natürlich alle am 1. Mai zur Demo und zum Fest kommt.
Der 1. Mai – Ein Kommentar
JA, ja, kaum dreht Mensch sich ein paar mal um, ein paar Demos, Blockaden und Aktionen, ein bisschen Alltag, ein Urlaub und schon steht der 1. Mai wieder vor der Tür. Die Zeit ist schnelllebig geworden, was gestern noch sicher war, ist morgen fast schon ebenso sicher ins Wanken geraten, in die Luft geflogen oder einfach nur noch Geschichte. Das Recht auf kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung, die Renten, Unterstützung bei Arbeitslosigkeit und und und … Die relativ hohe soziale Absicherung der Mehrheit in den kapitalistischen Metropolen ist Geschichte. Selbst der Euro und das Bankensystem sind längst keine festen Größen mehr und immer mehr Menschen registrieren, dass der Kapitalismus ihnen kaum mehr etwas zu bieten hat.
Im Nahen Osten, wo antideutsche Spinner und andere Apologeten der herrschenden Ordnung gestern noch nur rückständige religiöse FanatikerInnen am Werk sahen, lehren heute Millionen den mit den Metropolen verbundenen wie verstrittenen kapitalistischen Regimen das fürchten. Die Strategen der NATO-Staaten und ihre Imitatoren von Rußland bis China, kommen kaum noch hinterher, ihren Einfluß und ihre Interessen zu sichern, ihre als Friedenmissionen, Eingreiftruppen und weiß der Teufel noch alles getarnten Killertruppen, neue Stabilisierungs-, Destabilisierungs-, Eingreif- und Abzugspläne zu entwickeln. Wo sich Gelegenheiten bieten knappe Rohstoffe zu erobern wie aktuell in Libyen, wird einfach schamlos zugegriffen, draufgebombt. Auch beim GAU in Fukushima hat die unvernünftige Wirtschaftweise Kapitalismus einmal mehr unter Beweis gestellt, zu welcher entfesselten Vernichtungskraft die Wirkungsweisen des Marktes und seine Gesetze führen. „AKW=Super-Profit=(Restrisiko und Laufzeitverlängerung gebongt)“ so oder ähnlich kann die Formel der herrschenden Klasse zusammengefasst werden die bis gestern Gültigkeit besaß. Und natürlich nicht zu vergessen die politische Landschaft bzw. die Verkommenheit der selben. Italien wird von einem irren Mafioso regiert. In Ungarn, Italien, Holland und zahlreichen anderen europäischen Ländern sind (Halb-)Faschisten regierungsfähig und der leuchtende Stern aller Kleinbürger Barack Obama, hat sich innerhalb kürzester Zeit als das geoutet was er schon immer war, nämlich ein machtgeiler, korrupter Kleingeist und Erfüllungsgehilfe von Konzerninteressen. Fast müßig den Aufstieg und Fall der FDP (Revival nicht ausgeschlossen) zu kommentieren, die in Sekundenschnelle zur AKW-Gegnerin gewendete Kanzlerin und das bayrische Law and Order-Sternchen Karl Theodor zu erwähnen. Das Idol aller kleinbürgerlichen Schwiegermütter und sonstiger Dumpfbacken, das sich als Betrüger erwiesen hat, von dem sich das ansonsten stets am Rockzipfel der herrschenden Klasse hängende enttäuschte Bildungsbürgertum nun vorerst unter jämmerlichen Weinen verabschiedet hat.
Die Krise ist umfassend und wie eingangs bereits erwähnt, ist die Zeit schnelllebig geworden. Die Unzufriedenheit wächst aller Orten und viele sind auf der Suche nach Alternativen. Uns sollte es allein deshalb schon freuen, dass wieder 1. Mai ist und damit die Gelegenheit zu unübersehbaren, der herrschenden kapitalitischen Gesellschaftsordnung antagonistisch gegenüberstehenden Aktivitäten und Protesten, zu Agitation und Propaganda für den Kampf um eine Welt jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung.
In diesem Sinne: Heraus zum revolutionären 1. Mai