Die Rechte in Bewegung…
In der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember brannten in Vorra drei Gebäude, die als Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen waren. Bereits ende November brannte in Erlangen eine ehemalige Chemiefabrik aus, die ebenfalls zur Unterbringung von Flüchtlingen vorgesehen war. Nachdem die Polizei nach einer anfänglich heißen Spur bei ihren Ermittlungen weiterhin im Dunklen tappt berichtet die faschistische Partei der Dritte Weg ,die Nachfolgeorganisation des mittlerweile verbotenen Freien-Netz-Süd, wohlwollend über Beide Anschläge. Wer sich schon länger mit der lokalen Naziszene beschäftigt fühlt sich bei diesen Berichten an ähnliche “Anschlagserklärungen??? nach dem selben Muster erinnert. Bereits nach Anschlägen auf linke Treffpunkte und die Wohnungen von AntifaschistInnen veröffentlichte das Freie-Netz-Süd ähnliche Berichte. Nach diesen Anschlägen auf politische Gegner hatten die Neonazis von staatlicher Seite nichts zu befürchten. Alle Ermittlungen der Polizei liefen ins Leere und selbst nachdem ein Mitglied des FNS einen Antifaschisten mit einem Messer bedrohte, erkannte die Staatsanwaltschaft darin keine konkrete Bedrohung. Zwar wurde das FNS im Juli dieses Jahres verboten doch inzwischen lässt sich mit fug und recht behaupten das dies den Aktivitäten der Nazis wenig Schaden zugefügt hat. Da das Verbot des FNS schon Länger zur Debatte stand gründete sich bereits im Oktober 2013 die Partei der Dritte Weg unter deren Label die FaschistInnen des FNS bereits am 1. Mai 2014 auftraten. Zum Verbot zwei Monate später waren die offiziellen Strukturen des FNS also bereits aufgelöst und eine Nachfolgeorganisation aufgebaut. Die bayrische Landesregierung stellte sich dann trotzdem als Speerspitze des Anti-Nazikampfs dar und präsentierte stolz einige beschlagnahmte Gegenstände. Der vielleicht einzige empfindliche Schlag in der Verbots-Posse dürfte die Beschlagnahmung der FNS Immobilie im oberpfälzischen Oberprex sein doch nachdem Kader des FNS Klage gegen diesen Verwaltungsakt eingelegt haben bleibt abzuwarten inwiefern diese strukturelle Schwächung anhält.
Eine reale politische Niederlage musste die lokale Naziszene allerdings schon vor dem Verbot einstecken. Im Frühjahr 2014 verhinderte eine antifaschistische Kampagne den Wahlantritt der Tarnliste Bürgerinitative Soziales Fürth bei den Fürther Stadtratswahlen. Danach wurde es erstmal eine zeitlang ruhig um die Nazis. Nachdem die Antifakampagne Anfang 2014 die FaschistInnen in Fürth politisch komplett isoliert hat versuchen sie sich wieder in ihren politischen Kernthemen. Asyl ist das bestimmende Thema des Dritten Wegs mit dem sie versuchen an Ressentiments gegen Flüchtlinge in der Bevölkerung anzuknüpfen. Sie besuchen Bürgerversammlungen, um ihre rassistische Hetze gegen Asylunterkünfte zu verbreiten und führen seit Anfang des Jahres Flugblattverteilungen zu diesem Thema durch. In diesem Kontext sind nun die Anschläge in Vorra und Erlangen zu sehen, die zeigen, dass die lokale Naziszene nicht davor zurückschreckt ihren Worten auch Taten Folgen zu lassen. Desweiteren nimmt der dritte Weg auch ein anderes Feindbild wieder auf, die politsche Linke. Sehr anschaulich zeigen dies zwei Fälle aus Nürnberg und München. In München versuchte ein Jugendlicher Neonazi unter dem Namen “Simon??? Anschluss an antifaschistische Gruppen und Einzelpersonen zu bekommen und nahm an linken Veranstaltungen teil. Ähnlich war das Vorgehen in Nürnberg. Hier versuchte sich ebenfalls ein Angehöriger der rechten Szene namens “Dan Eising??? in die Linke Szene einzuschleichen. Beide verhinderten Nazi-spitzel nahmen am 15. November in Wunsiedel an einem Aufmarsch des Dritten wegs teil. So scheint die extreme Rechte weiter ihre Anti-Antifa Arbeit zu verfolgen. Ein weiteres Beispiel dafür ist, dass das Büro der Linkspartei in München in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember mit Parolen beschmiert wurde. Keine Überraschung das der Dritte Weg auch hierzu einen “Bericht??? in bekannter Manier verfasst hat.
Die CSU als Stichwortgeberin ?und Wegbereiterin
Doch nicht nur die Nazis vom dritten Weg sind das Problem. Zeitgleich zu den Brandanschlägen und den antifaschistischen Protesten in Vorra fand in Nürnberg der Parteitag der CSU statt. Hier zeigte die CSU mal wieder, dass sie sich nach wie vor dem Diktum von Franz-Joseph Strauß “Rechts von mir ist nur noch die Wand??? verpflichtet fühlt: Als Rezept gegen die noch weiter rechts stehende Konkurrenz gibt die CSU die Losung aus, dass es neben ihr keine rechte Partei geben kann. Im Klartext heißt das, dass die CSU mit rassistischen Parolen, wie der von Seehofer, der sich bis zur letzten Patrone gegen zuwanderung in die Sozialsysteme wehren will und Forderungen wie der, dass MigrantInnen zuhause die deutsche Sprache sprechen sollen. Auf dem Parteitag wurde deutlich, dass es darum geht, rechte Ressentiments zu absorbieren. So machte Seehofer hinsichtlich anhaltender rassistischer Proteste in der BRD klar, dass man “die Sorgen der Menschen ernst nehmen müsse??? und gleichzeitig verabschiedete seine Partei ein “Integrationspapier??? in dem vor “Sozialmissbrauch??? durch AusländerInnen gewarnt und die beschleunigte Durchführung von Asylverfahren sowie von Abschiebungen gefordert wird. Auch in Sachen Anti-Kommunismus hatte die CSU noch was in der Hinterhand: in Hinblick auf die Wahl des ersten linken Ministerpräsidenten in Thüringen warnte der CSU Generalsekretär vor einer “Linken-Republik???, die die CSU auf jeden Fall verhindern werde. Die CDU hatte vor der Wahl Bodo Ramelows schon konkrete Schritte eingeleitet. Entgegen öffentlicher Bekundungen die eine Zusammenarbeit mit der AFD ausschließen verhandelte die CDU in Thüringen mit ihr um die Wahl Ramelows zu verhindern. Auch wenn diese Absprachen zu keinem konkreten Ergebnis geführt haben sei an dieser Stelle daran erinnert, dass bereits 2001 die CDU in Hamburg mit Hilfe der Rechtspopulistischen Partei Ronald Schills einen Regierungswechsel einleitete.
Die sogenannte bürgerliche Mitte ?und der Faschismus
Was diese ganzen Beispiele zeigen, ist, dass sich die Rechte zur Zeit zunehmend formiert und sich gegenseitig die Bälle zuspielt. Die Unionsparteien nehmen die Aktivitäten der extremen Rechten zum Anlass ihr rechtes Profil weiter zu schärfen um nicht Wählerstimmen an rechtspopulistische Parteien zu verlieren. Auf dieser Basis können sich die RassistInnen von Pegida, Hogesa, NPD und Kameradschaften Politik betreiben, die die Debatte und ihre Aktivitäten zunehmend radikalisieren wird. Grundsätzlich eint hierbei alle ein reaktionäres Programm, dass sich gegen eine vermeintliche Islamisierung und gegen die Linke wendet. Es ist egal ob der Neonazi die Asylbewerberunterkunft anzündet oder der/die PolitikerIn oder der Staatsapparat die Unterbringung so menschenverachtend gestaltet, dass die Darin untergebrachten Menschen von alleine wieder ausreisen. Es ist ein und das selbe wenn FaschistInnen hier Menschen aufgrund ihrer Herkunft in den Tod hetzen oder ob Frontex an den EU Außengrenzen Menschen sterben lässt. Es ist das Gleiche, wenn sich der Wutbürger um die Wertminderung seines Einfamilienhauses sorgt und deswegen die Asylunterkunft verhindern will und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Einwanderung unter dem Zeichen der Verwertbarkeit organisiert. Es ist das Selbe wenn ein bürgerliches Gericht AntifaschistInnen verurteilt und FaschistInnen linke Räume angreifen. Unterm Strich geht es allen um die Verteidigung des kapitalistischen Status Quo mit verschiedenen Mitteln.
Wer vom Kapitalismus nicht reden will ?sollte vom Faschismus schweigen
Was bedeuten diese Zustände nun für die radikale Linke? Es gilt die bisherigen Kämpfe weiter zu intensivieren und die aufgemachte Spaltung in deutsch und nichtdeutsch zurückzuweisen. Die rechten Parteien und Bewegungen benennen selbst ein klares Feindbild, sie sind Feinde des Fortschritts und jeder progressiven Veränderung in dieser Gesellschaft. Dem müssen wir die Perspektive der sozialen Revolution entgegensetzen und in all unseren Kämpfen die rassistische Spaltung demaskieren. Es gilt zu betonen, dass die Verteilungskämpfe nicht zwischen Rassen stattfinden sondern zwischen Klassen. Dazu ist es wichtig kämpfe in verschiedenen Themengebieten praktisch und theoretisch zu verknüpfen. Die Proteste Ende letzten Jahres in Hamburg rund um die Lampedusaflüchtlinge, die Rote Flora und die Esso-Häuser zeigen demenstprechend in die richtige Richtung. Hier ist es gelungen die Kämpfe gegen Rassismus, für bezahlbaren Wohnraum und linke Freiräume zusammenzuführen und die Widersprüche so zuzuspitzen das sich der Staat nur durch polizeistaatliche Maßnahmen zu wehren wusste. Die rechte Offensive muss also durch Kämpfe von links gebrochen werden. Unsere Aktivitäten müssen darauf abzielen eine Verankerung emanzipatorischer Inhalte herzustellen. Gelegenheit bietet sich nächstes Jahr oft genug. Angefangen bei den Protesten gegen die Nato-Sicherheitskonferenz wo die imperialistische Kriegspolitk angegriffen wird die zu Tod, Flucht und Vertreibung führt. Über die Blockupy Proteste die die EU Krisenpolik ins Fadenkreuz nimmt die in ganz Europa zu Verarmung führt und dazu beigetragen hat die Basis für die faschistische goldene Morgenröte in Griechenland zu schaffen. Es müssen auch Überlegungen angestellt werden wie sich linke Politk gegenüber Angriffen von Justiz und Nazis verteidigen kann. Daß heißt linke Strukturen müssen eine Strategie des antifaschistischen Selbstschutz entwickeln um sich beispielsweise vor Nazispitzeln zu schützen und Bedrohungen von Nazis gegenüber Flüchtlingsunterkünften abwehren zu können. Darüberhinaus muss die Repression des Staates angegangen werden die dieses Jahr für eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren und Verurteilungen gegen über antifaschistischen AktivistInnen geführt hat. Auf dieser Basis kann 2015 die Lethargie und die zum Teil herbeigeredete Krise des Antifaschismus überwunden werden.
Erschienen in barricada – Januar/Februar 2015