Auf in einen revolutionären Fürther Frühling!

Im letzten halben Jahr kam es in Fürth verstärkt zu Übergriffen von Nazis auf Antifas, MigrantInnen und Jugendliche, die nicht in das menschenverachtende Weltbild der FaschistInnen passen. Zugleich jedoch kann der Widerstand in Fürth massive politische Erfolge verbuchen. Elementare Kräfte in diesem Widerstand sind zum einen die Antifaschistische Linke Fürth (ALF), zum anderen die Jugendantifa Fürth (JAF).

Anlässlich der Veranstaltungsreihe„revolutionary spring-action 2010“ der Jugendantifa Fürth wollten wir der noch recht  neuen Gruppe ein paar Fragen stellen. Im folgenden Interview wird Dieter von der JAF aber nicht nur auf die Veranstaltungsreihe, sondern auch auf die aktuellen Entwicklungen in Fürth eingehen und einen allgemeinen Ausblick auf die geplanten Aktivitäten in nächster Zeit geben.

barricada: Hallo Dieter, vielleicht magst du erst einmal deine Gruppe vorstellen?

Dieter: Ausgangspunkt der Gründung der JAF war ein großes Potential an jungen interessierten Menschen, denen man einen geeigneten Rahmen bieten wollte, sich zu organisieren und politisch zu bilden. Es soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden sich mit verschiedenen politischen Themenfeldern auseinander zu setzen und politisch dazu zu arbeiten. Das Ganze soll wiederum so niedrigschwellig wie möglich passieren, so dass der/die Einzelne nicht sofort große Verantwortung übernehmen muss. Eher soll eine Art Plattform geschaffen werden, die es ermöglichen soll zusammen zu überlegen, wie wir gegen konkrete Probleme im Alltag vorgehen können. Natürlich immer verbunden mit der Hoffnung, dass die Leute ihr Interesse vertiefen und eigene Ideen entwickeln, die sie dann in diesem Rahmen umsetzen können
Unsere Schwerpunkte sind zum einen interne Bildung, weil vernünftige Praxis ohne Theorie nicht möglich ist. Die praktischen Schwerpunkte lassen sich anhand unserer Veranstaltungsreihe gut aufzeigen: Anti-Nazi Arbeit ist hierbei wichtiges Thema, aber auch gesellschaftlich weiter gefasste Themen, wie soziale Kämpfe, selbstverwaltete Strukturen und politische Repression sind drängende Gebiete, mit denen wir uns befassen. Ziel ist bei allem was wir tun möglichst viele Menschen anzusprechen und ihnen die Möglichkeit zu bieten jederzeit in die laufende Arbeit einzusteigen.

barricada: Warum habt ihr die Veranstaltungsreihe als Projekt für den Frühling 2010 gewählt?

Dieter: Zum einen haben wir natürlich Themen, die wir für wichtig und interessant halten gewählt und diese so aufbereitet, dass sie Anderen einen leichten Zugang ermöglichen. Es handelt sich also um leicht zu fassende Vorträge, die keine krasse Vorbildung voraussetzen. Wir wollen Jugendlichen die Auseinandersetzung mit politischen Inhalten schmackhaft machen. Außerdem ist für uns wichtig ein ideologisches und inhaltliches Kontrastprogramm zu dem zu schaffen, was Leute normalerweise lernen müssen. Wir wollen den Raum und die Zeit schaffen, damit junge Menschen miteinander diskutieren, sich informieren und billig und gut essen können. Die ersten Veranstaltungen haben den Erfolg unseres Konzeptes übrigens bestätigt. Der Andrang war überraschend hoch. Der Bedarf und die Bereitschaft sich zu bilden und sich auseinander zu setzen ist also da!

barricada:
Wenn du das letzte halbe Jahr Revue passieren lässt: wie ist deine Einschätzung zu den Übergriffen der Nazis einerseits und zum massiven antifaschistischen Widerstand andererseits?

Dieter:
In Fürth selbst haben wir mittlerweile eine sehr gute Verankerung. Auf der politischen Ebene sind wir zusammen mit der ALF den Nazis weit voraus. Vor allem die ALF ist inzwischen eine ernst zu nehmende Instanz in der öffentlichen Wahrnehmung geworden. Durch gute Bündnisarbeit, breite Kontakte und tiefer gesellschaftlicher Verankerung konnte auch innerhalb kürzester Zeit eine handlungsfähige Jugendgruppe entstehen. Dadurch bedingt, dass Fürth eine kleinere Stadt ist und man allein schon in der Fußgängerzone so gut wie alle AnwohnerInnen erreichen kann, entstehen weitere Vorteile. Mit allein einer zentralen politischen Aktion kann man sich gut Gehör verschaffen, während es sich in größeren Städten eher verläuft. Allgemein ist aber zu betrachten, dass Jugendliche – dem ganzen Verdrossenheitsgelaber zum Trotz – an sich eher offen und interessiert sind am politischen Geschehen.  Wir können große Erfolge hinsichtlich des Mobilisierungspotentials, der Öffentlichkeitsarbeit und dem konkreten Stören von Nazi-Aktivitäten verbuchen. Es wurde in fast allen gesellschaftlichen Bereichen geschafft, die Nazis zurück zu drängen. Einzig und allein auf der militanten Ebene hat man es noch nicht geschafft ihnen beizukommen. Was wohl auch in einem höheren Verfolgungswillen der Bullen bei linken „Straftaten“ liegt. Aber der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist richtig und wenn es so weiter geht wie bisher, kann man schon sagen, dass sich das akute Nazi-Problem in Fürth bald erledigt haben dürfte. Fischer und Co bekommen politisch keinen Fuß auf den Boden. Einzig ein paar Kneipen sind ihnen als Terrain noch geblieben: Vor allem „Guff“ und „Treffpunkt“ aber auch das „Königsstüberl 2“ und das „Schilderhaus“ sind Kneipen von denen schon öfter Gewalttaten ausgingen. Aber selbst das waren keine super militant organisierten Aktionen, sondern sie haben aus dem Suff heraus spontan Leute angegriffen, die sie für Antifas hielten. Man sollte diese Übergriffe also weder unter – noch überschätzen.

barricada: Erschwert diese Situation den Aufbau und die Gestaltung eigener offensiver politischer Inhalte, Aktionen und Konzepte?

Dieter: In erster Linie ist Anti-Nazi Arbeit immer Feuerlöscherarbeit. Das liegt ja schon im „Anti“, dass man ja eher auf etwas reagiert, also einen Abwehrkampf führt. Zugleich hat man immer  im Bewusstsein, dass andere gesellschaftliche Probleme mindestens ebenso drängend sind. Wenn man die Anti-Nazi Arbeit in Fürth jetzt aber vollständig ruhen lassen würde, könnte dies schneller als gedacht zum Problem werden. Aber einen offensiven Aspekt hat die Antifa Arbeit in jedem Fall: Wenn man einen guten Gegenentwurf zu faschistischen Weltbildern formuliert, ist das ja ebenso ein Kontrast zu bestehenden Verhältnissen. Man formuliert eben aus der Kritik heraus sein eigenes Ideal und bringt das unter die Leute. Abschließend zu dem Themenkomplex lässt sich noch sagen, dass es in Nürnberg/Fürth seit langem eine gute Antifa-Arbeit gibt, was zur Folge hatte, dass viele Probleme mit Nazis nicht so akut waren und die Probleme, die sich jetzt stellen, müssen erst einmal von neuem angegangen werden. Da es aber in der Vergangenheit bereits einmal geschafft wurde, sind wir optimistisch, dass es auch diesmal wieder klappen wird, das Nazi-Problem auf der Straße auch noch zur Geschichte zu machen.

barricada: Stichwort 1. Mai. Die Nazis haben ihre Anmeldung in Nürnberg/Fürth ja zurück genommen. Was  habt ihr für dieses Datum geplant?

Dieter:
Es wird wie bereits im vergangenen Jahr eine Vorabenddemo geben, die von der JAF mit organisiert wird. Ziel ist es den 1. Mai als Kampftag der internationalen ArbeiterInnenklasse auch in Fürth wieder zum Leben zu erwecken. Das Nazi-Problem zu thematisieren ist aber nicht zu vermeiden. Deswegen werden die oben schon genannten Treffpunkte noch einmal angegangen. Aber auch die allgemeine Problematik soll thematisiert werden. Gegen die Gesamtscheiße ;-)! Ziel ist es, auch jüngere Leute für diese Politik zu interessieren und dazu zu animieren mitzumachen. Der Appell an alle: Beteiligt euch, macht mit! In Nürnberg und Fürth gibt es Jugendgruppen, die offen für euch sind, bei denen ihr mitmachen könnt!
Heraus zum revolutionären 1. Mai! Erst in Fürth, dann in Nürnberg!

Dates der Veranstaltungsreihe:
16.4.: The 4th world war (spannende Doku über soziale Kämpfe)
23.4.: Nazistrukturen in der Region (Vortrag & Diskussion)
7.5.: Die Initiative für ein autonomes Zentrum stellt sich und ihre Ziele vor.
8.5.: Tag der Befreiung vom Faschismus: Gemeinsame Fahrt zum selbst befreiten KZ Buchenwald
Alle Vorträge und Filme beginnen jeweils um 18.30 Uhr im Gewerkschaftshaus Fürth

30.4.: Linksradikale Vorabbenddemo zum 1. Mai um 19.00 Uhr an der Kleinen Freiheit in Fürth.
1.5.: Revolutionärer 1. Mai in Nürnberg. Demo um 11.30 Uhr Bauerngasse Ecke Gostenhofer Hauptstraße

Erschienen in barricada – April 2010