Der Spenglerhof kämpft erneut gegen den Immobilienkonzern Vonovia – diesmal gegen „Modernisierungsmaßnahmen“

Sa, 23.07.22, 00 Uhr

Der Stadtteilclub Gostenhof ruft gemeinsam mit den betroffenen MieterInnen zum Hoffest am 23. Juli ab 16 Uhr in der Spenglerstraße 13/13a in Nürnberg Gostenhof auf. Hier die Pressemitteilung der Hausgemeinschaft:

Mieter*innen des Spenglerhofs in Gostenhof wehren sich erneut gegen Mieterhöhungen der Vonovia
 
Die Mieter*innen der Spenglerstraße 13 und 13a im Nürnberger Stadtteil Gostenhof wollen eine weitere Mieterhöhung des Immobilienkonzerns Vonovia nicht einfach hinnehmen. In Zeiten von Inflation und Teuerungen haben sie sich zusammengeschlossen, um die Erhöhung zu verhindern. Am Samstag, den 23. Juli lädt die Hausgemeinschaft ab 16 Uhr alle interessierten Mieter*innen zu sich ein, um bei einem gemeinsamen Fest über ihre Situation und ihre zahlreichen bereits gewonnenen Kämpfe gegen den Immobilienmogul zu informieren. Ab 17 Uhr stehen Gunther Geiler, Geschäftsführer vom DMB Nürnberg und Umgebung e.V. und einige Mieter*innen für Pressevertreter*innen zum Interview bereit. 

Mietvereine warnen vor intransparenten Mieterhöhungen der Vonovia. Der Konzern wurde in den letzten Jahren bundesweit immer wieder dafür kritisiert, größtmöglichen Profit auf Kosten seiner Mieter*innen erwirtschaften zu wollen.
 
In einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten immer weiter steigen, lässt der börsennotierte Konzern bei den Mieter*innen der Spenglerstraße 13/13a die Nachricht in die Briefkästen flattern, dass energetische Sanierungen bevorstehen. Das führt nach gegenwärtiger Rechtslage oft unweigerlich zu Mieterhöhungen, da die Umbaumaßnahmen zu großen Teilen auf die Mieter*innen umgelegt werden können. Bereits seit Jahrzehnten steht der Konzern, der 2021 einen Gewinn von über 2,6 Mrd Euro einfahren konnte, in der Kritik, Instandhaltungsmaßnahmen zu verschleppen und diese in Form von überteuerten, oftmals intransparenten Modernisierungsmaßnahmen an die Mieter*innen dauerhaft weiterzugeben.
 
Für den Spenglerhof bedeutet die Ankündigung der energetischen Sanierung monatelange Bauarbeiten basierend auf intransparenten Kalkulationen und eine drastische Mieterhöhung. Eine Mieterin berichtet außerdem, dass sich ihre monatliche Abschlagszahlung für das Heizen nach der energetischen Sanierung um 40 € erhöhen wird. Hinzu kommt noch die eigentliche Mieterhöhung von 170 €. Versehen ist das Schreiben mit dem Hinweis:
 
“Uns ist bewusst, dass die Mieterhöhung für einige Mieter finanziell sehr belastend sein kann. (…) Vielleicht können wir bei der Suche nach einer Lösung behilflich sein, zum Beispiel, indem wir Ihnen eine kostengünstigere Wohnung anbieten.”
 
Viele Mieter*innen leben hier seit Jahrzehnten. Eine gute Hausgemeinschaft ermöglicht Familien, die Kinder auch mal bei der Nachbarin zu lassen oder den Einkauf mit zu erledigen, falls es gesundheitlich nicht geht. Ein Umzug bedeutet mehr als nur eine andere Bleibe, sondern den Wegfall sozialer Infrastruktur. „Zudem löst ein Umzug das strukturelle Problem nicht. Entweder es findet sich eh nichts Erschwingliches oder man muss auch in der nächsten Wohnung Sanierungen, Eigenbedarfskündigungen oder ähnliches fürchten. Daher haben wir uns entschieden, zu bleiben und zu kämpfen“, so eine Mieterin.
 
„Dass die Umrüstung auf Fernwärme anstelle der teilweise noch neuen Gastetagenheizungen der Mieter tatsächlich Energie spart, steht zudem keineswegs fest. Aus den vorgelegten Unterlagen geht dies jedenfalls nicht hervor“, so Gunther Geiler, Jurist und Geschäftsführer des DMB Nürnberg und Umgebung e.V. „Was allerdings feststeht ist, dass die Mieter drastische Mieterhöhungen und deutliche Mehrkosten bei den Heizkostenvorauszahlungen hinzunehmen hätten – bei zweifelhaftem Nutzen.“
Das deckt sich mit den Ankündigungen von Vorstandschef Rolf Buch die Vonovia-Mieten zusätzlich jährlich an die Inflation anpassen zu wollen. Der Deutsche Mieterbund (DMB) zeigt sich entsetzt: „Dass Mieterinnen und Mieter für den eingebrochenen Aktienkurs von Vonovia und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten müssen, zeigt, dass die Geschäftsmodelle börsennotierter Wohnungskonzerne unsozial und spekulativ sind“.
 
Die Mieter*innen des Spenglerhofs müssen sich auf mehrere potentielle Mieterhöhungen in der nahen Zukunft einstellen – und mit ihnen tausende Mieter*innen deutschlandweit.
 
Der Spenglerhof blickt auf jahrelangen Einsatz gegen die Vonovia und ihr vielfach kritisiertes Vorgehen zurück: angefangen beim Kampf zum Erhalt der Arbeiter*innen-Gärten auf dem Gelände, bis hin zu den jährlich falschen Nebenkostenabrechnungen oder den regelmäßigen Mieterhöhungen. Auch jetzt unterstützen sich dort wieder Rentner*innen, Schichtarbeitende, Studierende, Familien und Alleinerziehende, die mit ihrer Wut und ihrem Unverständnis nicht alleine sind. Bereits 2017 unterzeichneten über 500 Gostenhofer*innen ihre Petition gegen den Abriss ihrer Arbeiter*innengärten. Mit diesem Wind im Rücken sind sie bereit, nun ein weiteres Mal geschlossen gegen Mieterhöhungen und intransparente Baumaßnahmen vorzugehen.
 
Auch die Bewohner*innen wissen, dass energetische Sanierungen nötig sind um die Klimakrise zu bewältigen. Kritiker*innen bemängeln jedoch, dass die zugrunde liegenden Kalkulationen oft “Fantasiezahlen” seien, keine stichhaltigen Nachweise zum energetischen Nutzen der Umbaumaßnahmen bereitgestellt werden und die Mieten somit durch die Hintertür erhöht würden. Initiativen weisen immer wieder darauf hin, dass Klimaschutz und Mieterinteressen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen und sozial verträglich gestaltet werden müssen. Das derzeitige Vorgehen der Vonovia beschleunigt Verdrängungsprozesse und vertreibt einkommensschwache Mieter*innen aus Gostenhof. Laut Statista stiegen die durchschnittlichen Mieten in Vonovia-Immobilien in den letzten 8 Jahren bereits um etwa 36 %.
 
Die Mieter*innen des Spenglerhofs zeigen sich engagiert und wollen die, laut Rechtsberatung, intransparenten Modernisierungsmaßnahmen, bei der Kalkulation und energetischer Nutzen nicht nachvollziehbar sind, auf keinen Fall hinnehmen. Bei einem ersten Treffen organisierte sich der Spenglerhof und hat nun gemeinsam Widerspruch eingelegt.