Am Samstag, den 23. Juni demonstrierten etwa 250 bis 300 Menschen in Bamberg unter dem Motto „Keine Ankerzentren – nicht in Bamberg oder anderswo“. Die Demonstration richtete sich gegen die bereits heute umgesetzte Lagerunterbringung von Geflüchteten als auch gegen die geplanten sogenannten Ankerzentren. Aufgerufen zu der Demonstration hatten die Refugees Bamberg, die Karawane für die Rechte der Geflüchteten und MigrantInnen, das Bündnis Fluchtursachen bekämpfen, Solidarity for All Bamberg und der Bayerische Flüchtlingsrat. Zu Beginn sammelten sich an der Bamberger Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) etwa 250 Menschen, davon etwa drei Viertel Menschen, die in dem Lager leben müssen, zur Auftaktkundgebung. In emotionalen und kämpferischen Redebeiträgen der beteiligten Gruppen und der Geflüchteten aus dem Lager wurde vor allem die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen die deutsche und europäische Lagerpolitik und Abschiebepolitik betont.
Schon jetzt bedeutet die Zwangsunterbringung im Bamberger Lager, das als Vorbild für die geplanten Ankerzentren gilt, für die Insassen, mangelhafte medizinische Versorgung, wenig bis keine Privatsphäre, kaum Bildung für die Kinder, ständige Angst vor Abschiebung und alltäglichen Stress durch Polizeirazzien und Sicherheitsdienst. Schon an dem mit Stacheldraht versehenen Zaun rund um das Lager, wird für jeden klar erkennbar: hier möchte niemand leben müssen. Auch aus anderen Lagern in Deutschland, die in letzter Zeit gehäuft von Polizeigroßrazzien betroffen waren, gab es Berichte aus Sicht der Geflüchteten. Zu Wort kamen Frauen, Männer und auch ein Kind berichtete von der Situation im Lager. In einigen Redebeiträgen wurde auch der Bogen zu den Kämpfen um bezahlbaren Wohnraum und ein zum Leben ausreichendes Einkommen geschlagen.
Nach der Auftaktkundgebung setzte sich die Demonstration entschlossen und laut in Bewegung. Vor allem die Leute aus dem Lager machten selbstbewusst auf ihre Forderungen auch in Sprechgesängen aufmerksam. Es war zu spüren, dass die Menschen genug davon haben in Lager gezwungen und wie Menschen 2. Klasse behandelt zu werden. Von der Lautstärke und der positiven Energie der Hoffnung, etwas zum besseren verändern zu können, die von dieser Demonstration ausging könnte sich so manche linksradikale Demo ein Beispiel nehmen. Andererseits geht es für die Geflüchteten in Bamberg auch um viel. Die meisten haben eine „schlechte Bleibeperspektive“ (d.h. Deutschland lehnt die meisten Anträge auf Asyl von diesen Menschen ab) und kaum Chancen ein Aufenthaltsrecht zu erhalten. Darum wurde auch ein Recht auf Bewegungsfreiheit für alle Menschen gefordert und ein Ende der Abschiebepolitik.
Am Bamberger Bahnhof angekommen, gab es eine Zwischenkundgebung, mit weiteren Redebeiträgen. Hier kam es auch zum vermehrten Kontakt mit PassantInnen. Die Reaktionen reichten von Sympathie und Interesse bis zu völliger Ablehnung. Aber einige schlossen sich auch der Demonstration an. Die Abschlusskundgebung fand dann am Bamberger Marktplatz statt, wo bereits ein Public Viewing des 20.00 Uhr Spiels der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft der Männer vorbereitet wurde. Auch hier nutzten zahlreiche Geflüchtete die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen. Als einige Personen die Demonstration verlassen wollten, begann die Polizei, die sich ansonsten eher zurück gehalten hatte, eine Gruppe von Geflüchteten zu kontrollieren. Es solidarisierten sich schnell andere DemonsttrationsteilnehmerInnen mit den Kontrollierten und fragten nach dem Grund der Kontrolle. Von der Polizei gab darauf als Antwort nur Platzverweise. Aber die kontrollierten konnten danach wieder gehen und es gab – so weit bis jetzt bekannt – keine weiteren Kontrollen.
In vielen Lagern wächst die Wut und Verzweiflung, aber auch die Hoffnung durch gemeinsamen Kampf etwas verändern zu können. Im Bamberger Lager sind etwa 1100 Menschen zwangsuntergebracht. Viele haben Angst, dass wenn sie für ihre Rechte auf die Straße gehen, sie Nachteile zu befürchten haben. Darum ist es ein großer Erfolg, dass sich etwa 200 Menschen aus dem Lager an der Demonstration beteiligten. Tatsächlich dient das Lagersystem das Deutschland laut Koalitionsvertrag errichten will zur Einschüchterung, Demoralisierung und Isolation der Geflüchteten. Die Rechte von Menschen zu beschneiden gelingt leider allzu leicht in Deutschland, ohne dass sich Widerstand regt. Der Aufbau eines Lagersystems sollte ein Weckruf sein, für diejenigen, die sich schon jetzt schwer tun eine bezahlbare Wohnung zu finden oder ein ausreichendes Einkommen zu erhalten. So wie jetzt mit den Geflüchteten umgegangen wird, wird der Staat bald andere Teile der Bevölkerung behandeln, die stören oder für die es keine Verwendung im Sinne des Kapitals gibt. In Bayern und anderen Bundesländern wurden wahrscheinlich nicht umsonst Polizeiaufgabengesetze beschlossen oder geplant, die massive Bürgerrechtseinschränkungen bedeuten. Gegen die Faschisierung des Staates und den Rechtsruck hilft nur Solidarität und der Kampf für universelle Rechte. Alles andere trägt zu Spaltung der Bevölkerung bei und spielt den Herrschenden in die Hände, die als Minderheit auf Kosten der Mehrheit unglaubliche Profite erzielt. Die Demonstration in Bamberg jedoch ist ein Zeichen, dass gemeinsamer, solidarischer Kampf um universelle Rechte möglich ist.