Im ersten Teil unseres Artikels in der letzten Ausgabe haben wir das Augenmerk auf einige Ereignisse in den sechziger und siebziger Jahren gerichtet, Aktivitäten des antifaschistischen Widerstands gegen das faschistische 3. Reich Revue passieren lassen und landeten schließlich in den achziger Jahren. Wie es weiterging und was in Fürth im antifaschistischen Kampf noch so unternommen wurde erfahrt ihr im folgenden.
1989 – Das Fürther Komitee gegen Rechtsradikalismus
Ende des Jahrzehnts kam eine von den bürgerlichen Parteien geführte rassistische Kampagne, die zum Ziel hatte die gesellschaftliche Stimmung für eine fundamentale Änderung des Asylrechts zu schaffen, in Fahrt. Pogrome und gewalttätige Übergriffe gegen Flüchtlinge waren die Folge, Nazigruppen erhielten Zulauf und faschistische Parteien wie Republikaner und DVU erzielten immer höhere Wahlergebnisse.
Um dieser Entwicklung auf lokaler Ebene entgegenzutreten, gründete sich in Fürth ein strömungsübergreifendes Komitee gegen Rechtsradikalismus, in dem unter anderem bürgerliche Kräfte, DKP-Mitglieder, GewerkschafterInnen mitarbeiteten und diverse Aktivitäten durchführten.
Als sich am 10. April Mitglieder und Sympathisanten der DVU im Gasthof Schwarzes Kreuz versammelten, fand vor der Kneipe eine Mahnwache statt, die den versammelten Nazis klar machte das sie unerwünscht sind. Da sich die Teilnehmenden AntifaschistInnen auf der falschen Straßenseite aufstellten, erhielt der Anmelder eine Anzeige.
An einer Kundgebung des Komitees am 1. Juni 1989 vor dem Stadttheater beteiligten sich 200 Menschen. „Keine Rechtsradikalen und Nazis in die Parlamente“ lautete das Motto des Tages.
Noch am selben Abend protestierten einige AntifaschistInnen in einer Veranstaltung der Republikaner, in der Gaststätte Wienerwald, gegen deren faschistische Hetzreden. Eine junge Antifaschistin wurde von den Ordnern der REPs gewalttätig aus dem Saal entfernt, ein Sprecher des Fürther Komitees, der gegen dieses Vorgehen protestierte, wurde von herbeigerufenen Polizeibeamten entfernt. Gegen beide wurde ein Verfahren eingeleitet.
Es geht auch offensiver – ein kurzer Einschub
Dass sich Fürther AntifaschistInnen auch in dieser Zeit weder durch gewalttätige faschistische Übergriffe noch durch staatliche Repression einschüchtern ließen, beweist eine ganze Reihe von Veranstaltungen der REPs die im Chaos endeten. Ein kleiner Zusammenschluss hatte sich zusammengefunden und wollte sich nicht auf Protest reduzieren lassen. In der Folge wurden zahlreiche REP-Veranstaltungen in Gaststätten durch fantasievolle Aktivitäten gesprengt, AntifaschistInnen applaudierten minutenlang, andere spielten lautstark Karten, es gab Protestrufe und scheinbar Betrunkene hielten Vorträge oder stritten.
Autonome AntifaschistInnenim Fürth der 80er Jahre
Als zu Beginn der 80er Jahre mit der Autonomen Bewegung ein neue politische Strömung den Kampf aufnahm und in immer mehr Bereichen Aktivitäten entwickelte, ging dies selbstverständlich auch an Fürth nicht spurlos vorüber. Einige anarchistische GenossInnen, die von den Ereignissen mitgerissen waren, unternahmen einen ersten Versuch in Fürth so etwas wie eine autonome Bewegung aufzubauen.
Als Treffpunkt und Ort der Gegenöffentlichkeit wurde der nach dem spanischen Anarchisten benannte Durruti Buchladen eröffnet. Einige Zeit konnte sich dieser auch halten und versorgte Interessierte mit antifaschistischer und linker Literatur.
Den wenigen mit der autonomen Linken sympathisierenden Genossinnen in Fürth gelang es jedoch, trotz Teilnahme an allen Aktivitäten der Fürther Linken, weder im antifaschistischen Kampf noch in anderen Bereichen eine gesellschaftlich wahrnehmbare politische Kraft zu werden.
In den 90er Jahren kämpfen AntifaschistInnen in Fürth wie anderswo auch gegen staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus
„Die Änderung des Grundgesetzes beseitigt nicht die Ursachen der Flucht… Sie ändert auch nichts an der perspektivlosen Situation vieler Deutscher“, schrieb das Fürther Komitee gegen Rechtsradikalismus in einer Resolution gegen die geplante Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.
Wie oben bereits erwähnt, schürten die bürgerlichen Parteien gezielt den gesellschaftlichen Rassismus an, um die Veränderung des Asylrechts durchzusetzen. Es sollte so aussehen, als ob die bürgerlichen Parteien als vernünftige Mitte eine nicht mehr haltbare und eskalierende Situation verändern müssten. Ziel des ganzen war es, durch die Abschaffung der bestehenden Asylgesetze, den Zuzug von Flüchtlingen auf ein vom Kapital verwertbares Maß zu reduzieren. Übergriffe, Morde und Pogrome und ein Anwachsen des gesellschaftlichen Rassismus waren die Folge dieser Politik.
Die antifaschistischen Aktivitäten in Fürth zu Beginn der 90er Jahre umfassten nur folgerichtig Aktivitäten gegen die REPs und andere faschistische Parteien, Solidaritätsaktionen mit Flüchtlingen und Aktionen gegen staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus.
So folgten am 19. Februar 1990 zahlreiche AntifaschistInnen einem Aufruf des Komitees und störten eine rassistische Veranstaltung der REPs in der Fürther Innenstadt. AntifaschistInnen besuchten Flüchtlinge im Lager in Zirndorf und machten gegen einen Naziaufmarsch durch Zirndorf mobil. Zahlreiche Kundgebungen und Aktionen wurden organisiert. Am 28. November 1992 fand unter dem Motto: „Die Mordserie der Nazis muss beendet werden“ eine antifaschistische Demonstration statt. Die Demonstration richtete sich gegen die von Nazis bundesweit und regional verübten Morde und gewalttätigen Übergriffe gegen Flüchtlinge und Andersdenkende und wurde von zahlreichen Autonomen Gruppen aus Nürnberg unterstützt.
Autonomer Antifaschismusim Fürth der 90er Jahre
Im beschriebenen Klima hatte sich eine neue Generation von Autonomen AktivistInnen in Fürth herausgebildet, die sich an den antifaschistischen und antirassistischen Kämpfen beteiligte. In der Fürther Gustavstraße eröffneten sie Anfang der 90er Jahre als Treffpunkt und Kontaktstelle einen, nach dem deutschen Anarcho-Kommunisten Erich Mühsam benannten, „Eine Welt und Infoladen“. Im Mühsamladen wurden Veranstaltungen durchgeführt, Filme gezeigt, gegessen und gefeiert und es entstand zum ersten mal so etwas wie eine eigenständige autonome Szene in Fürth.
Die GenossInnen organisierten kleinere eigene Aktionen und beteiligten sich an allen möglichen Bündnissen vor Ort und über die Stadtgrenzen hinaus. Es gelang ihnen jedoch nicht ein eigenständiges politisches Profil zu entwickeln und den Sprung von der losen autonomen Subkultur zu einer organisierten, kontinuierlich gesellschaftlich wahrnehmbaren und interventionsfähigen autonomen politischen Kraft zu machen. Ende der 90er Jahre schloss der Mühsam Laden nach internen Querelen und personeller Ausdünnung.
NPD-Aufmärsche am 1. Mai 2000 und 2002
Mit Steinen beworfen, mit Wasser beschüttet, blockiert und ausgelacht wurden die NPD-Nazis bei ihren Versuchen 2001 und 2002 am 1. Mai, den Kampftag der ArbeiterInnenklasse in Fürth für sich zu vereinnahmen. In beiden Jahren stellten sich breite Bündnisse mit Volksfrontcharakter den Nazis entgegen. 2000 wurde der Weg zur Abschlußkundgebung vor dem Bahnhof für die Nazis wirklich lang und für einige auch schmerzhaft. Von allen Seiten von über 2500 AntifaschistInnen bedrängt, angegriffen und immer wieder blockiert erreichten einige hundert angereiste Nazis ihr Ziel nur Dank der für sie den Weg freiprügelnden Polizeisondereinheiten. 2002 mochte sich die Stadtführung so ein Chaos nicht mehr gefallen lassen und wollte einen ordentlichen Aufmarsch garantieren. Die Nazis wurden wiederum mit einem Sonderzug der U-Bahn angekarrt, ihre Route war jedoch hermetisch abgeriegelt. Einige engagierte Fürther GewerkschafterInnen machten bei einem Blockadeversuch Bekanntschaft mit knüppelnden Polizeisondereinheiten. Aus Fenstern geschüttete Wassereimer, sowie insgesamt 4000 – die knapp 400 braunen Kameraden bei ihrer Abschlußkundgebung niederbrüllende – AntifaschistInnen sorgten dafür, dass der Tag dennoch für die angekarrten Nazis kein Erfolg wurde.
Der Untergang des Naziladen Utgard
Am 20. März 1999 eröffnete in der Schreiberstr. 3 in Fürth ein Laden der faschistisches Propagandamaterial vertrieb. Der von dem Faschisten Roland Haser eröffnete Laden diente Nazis aus Fürth und der Region als Anlaufstelle, überlebte jedoch eine längerfristig angelegte Kampagne von AntifaschistInnen nicht.
Ein öffentlich wahrnehmbarer Höhepunkt des Kampfs gegen den Naziladen Utgard war sicherlich die Demonstration am 13. Mai 2000. 300 AntifaschistInnen, darunter zahlreiche Autonome aus Fürth und Nürnberg, zogen, nach einem Konzert am Bahnhofsvorplatz, an dem Nazi-Laden vorbei, in dem sich einige Nazis verschanzten. Elf AntifaschistInnen, die mit anderen im Anschluss an die Demo loszogen um dem Utgard ein Ende zu bereiten, wurden von einer den Laden bewachenden Polizeieinheit festgenommen.
Im Rahmen der Kampagne fand die Demonstration und weitere öffentlichkeitswirksame Aktivitäten statt, aber auch militante AntifaschistInnen agierten. Dem Utgard wurden Pizzas geliefert, Taxis und Schuttkontainer für seinen Müll kamen, Alarmanlagenberater wurden ihm geschickt, und mehrmals wurde trotz Kamera die gesamte Front des Ladens entglast. Schließlich kapitulierten die Nazis und im Utgard gingen die Lichter aus.
Antifaschismus gestern und heute in Fürth
Unsere knappe Auswahl aus der Geschichte des antifaschistischen Kampfs in Fürth zeigt, dass es auch in Fürth den Aktivitäten von AntifaschistInnen zu verdanken ist, dass sich seit der Niederlage des 3. Reichs Nazistrukturen nie wieder längerfristig gesellschaftlich etablieren konnten. Auf den Staat und seine Institutionen, sowie die städtischen Verantwortlichen kann auch hier im antifaschistischen Kampf selbstverständlich nicht gebaut werden. Im Gegenteil gilt doch auch für das bürgerliche Fürth, das sich heute gern öffentlichkeitswirksam den Titel Jerusalem Frankens anheftet, dass weder von einer umfassenden Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit die Rede sein kann, noch dass die städtischen Verantwortlichen ernsthaft in Erwägung ziehen, sich Neonazis und ihren Aktivitäten entgegenstellen.
Es ist das Selbe wie überall in der BRD, Politiker und Polizeisprecher leugnen die Existenz von Nazistrukturen. Städtische Verantwortliche weigern sich Verbote gegen Naziaktivitäten zu erlassen und die VertreterInnen jener Parteien, die in der Hauptstadt beständig Gesetze zur Kontrolle und Überwachen der Bevölkerung erlassen geben vor, ihnen seien die Hände gebunden und weigern sich das Verbot von Nachfolgeorganisationen der NSDAP umfassend durchzusetzen. Auch in Fürth wird FaschistInnen und ihren Organisationen immer wieder ein Recht auf Propaganda durch Aufmärsche eingeräumt, dass die Sondereinheiten der Polizei dann gegen antifaschistischen Widerstand durchsetzen. Auf der anderen Seite werden AntifaschistInnen und deren Aktivitäten kriminalisiert.
Und genau hier liegt auch die große Schwäche des antifaschistischen Kampfes in Fürth seit Gründung der BRD. Sicher, in Fürth steht der Gewerkschaftsapparat relativ weit links und es waren und sind auch immer wieder Bündnisse mit bürgerlichen Organisationen und Institutionen möglich. Dass in diesen Bündnissen jedoch auch jene mitwirken die Aufmärsche genehmigen, und sie auf Kosten einer umfassenden Kritik jener Verhältnisse die die Faschisten und ihre Organisationen erst hervorbringen geschmiedet werden, können radikale Linke nicht gutheißen.
Mit der Antifaschistischen Linken Fürth (ALF) gibt es nun seit einigen Jahren eine eigenständig politisch agierende autonome Kraft. Es bleibt zu hoffen, dass diese längerfristig in der Lage ist den antifaschistischen Kampf in Fürth zu revolutionieren. Der Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus muss aufgezeigt werden, die Verantwortung der Herrschenden Klasse und ihrer VertreterInnen in Politik und Verwaltung für das Treiben der Nazis muss benannt werden und es müssen die Interessen die hinter dem Verhalten des bürgerlichen Staatsapparates stecken offengelegt werden.
Bringen wir die Verhältnisse in Fürth zum Tanzen
Antifaschismus ist rot oder tot.
Quelle: barricada, Dezember 2007